Sonntag, 30.04.2023 / 13:15 Uhr

Türkisches Wahlversprechen: Weg mit den Syrern

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Überall in der Region leben Millionen Menschen aus Syrien in Camps, Bild: Flüchtlingslager im Nordirak, Quelle: Thomas v. der Osten-Sacken

Vor allem die türkische Opposition gegen Erdogan wirbt mit dem Versprechen, Millionen syrische Flüchtlinge "nach Hause" schicken zu wollen. 

 

Für Qantara berichtet Elmas Topcu über eine sehr hässliche Seite des türkischen Wahlkampfs: Angesichts der chronischen Wirtschaftskrise, von Inflation und wachsender Armut sinkt in der Gesellschaft  die Akzeptanz für die Millionen von Syrerinnen und Syrer, die als Flüchtlinge im Land leben. Seit Beginn des Wahlkampfes versprach das Oppositionsbündnis deshalb, sollte es an die Macht kommen, eine härtere Gangart gegen Flüchtlinge und kritisierte die Politik der herrschenden AKP, die wiederum auf die Kritik reagierte, indem sie wesentlich repressiver gegen Flüchtlinge aus Syrien vorgeht:

Fast alle Parteien treten mit dem Versprechen an, nach einem Wahlsieg fast vier Millionen Syrer umgehend in ihre Heimat zurückzuschicken. Nur das prokurdische Grün-Links-Bündnis ist dagegen. 

Vor allem Kemal Kilicdaroglu, Chef der Oppositionspartei CHP und Präsidentschaftskandidat der größten Oppositionsallianz, hat den Unmut in der Bevölkerung früh gespürt und schon vor einigen Jahren die Flüchtlingspolitik zu einem seiner Schwerpunkte gemacht. Er verspricht, nach einem Sieg mit dem syrischen Regime über die Rückkehr der Flüchtlinge zu verhandeln.

Auch ins Wahlprogramm hat sein Bündnis diesen Punkt aufgenommen. Außerdem will das Bündnis den Flüchtlingspakt mit der EU überprüfen. Mit Drittländern sollen  eigenes Rückführungsabkommen abgeschlossen werden. Darüber hinaus will das Bündnis die "löchrigen" Grenzübergänge mittels neuer Technologien und Drohnen  überwachen und wenn nötig, Mauern hochziehen, um unkontrollierte Migration zu verhindern. Auch Visa-Erleichterungen mit diversen Staaten sollen auf den Prüfstand.

Die regierende AKP nahm bis vor einem Jahr noch die Syrer in Schutz. Sie sah in ihnen vor allem billige Arbeitskräfte, die für die türkische Wirtschaft unabdingbar seien. Dur denken in der AKP führte.

"Mit der Erkenntnis, dass die Syrer doch nicht nach ein paar Jahren zurückkehren, kippte die Stimmung", erklärt Migrationsforscher Murat Erdogan von der Universität Ankara. Ihm zufolge nutzten zunächst die Oppositionsparteien die wachsende Missstimmung in der Bevölkerung für sich. Nachdem sie mit dem Flüchtlingsthema in der Wählergunst punkten konnten, griff auch die Regierungspartei AKP dies auf. 

Derweil verschärft sich auch im Libanon die Lage, wo in einer präzedenslosen ökonomischen und politischen Krise die Regierung lieber heute als morgen sich aller Syrerinnen und Syrer entledigen möchte:

Amnesty International this week urged Lebanon to "immediately stop deportations", describing them as forced and saying refugees risked "torture or persecution" upon return.

The clampdown has left impoverished Syrians distraught, with many now too scared to go out.

Abu Salim, 32, told AFP he had been sleeping at a warehouse where he works with 20 other people "because we're afraid of getting arrested".

He said he had spent six years in Syrian jails and his worst fear was deportation.

"If I go back to prison, I will never get out," he said.

Ammar, an army deserter, told AFP he had been holed up at home, his eyes glued to the anti-Syrian vitriol spewed on social media.

"Why all this hate? What did we do to deserve this? We only fled to escape death," the 31-year-old said.

In Lebanon since 2014, he said he feared not only for his own life but for his wife and two-month-old child.

"I live in fear that the army will break into my house and deport me," he said, adding that soon he will have to venture out "to work and buy baby milk".

Desperate Lebanese, Syrians and Palestinians have been attempting to leave Lebanon for Europe on rickety boats, with some migration bids ending in tragedy.

The government has accused Syrians of entering Lebanon just to take the perilous sea journeys.

Ammar said he would take a boat if he had to.

"In Syria there is no longer any hope," Ammar said. "I'd rather die at sea than return."