Erinnerung an den Warschauer Aufstand

»Ob wir überleben würden«

Seite 5 – »Schluss. Alles vorbei«

»So waren wir nun die Abgeschnittenen, Unbewunderten«, resümiert der Autor. In dieser aussichtslosen Situation blieb ihm und seinen Leidensgenossen nur noch die Hoffnung auf die Rote Armee. Diese rückte weiter vor und nahm sogar den östlichen Stadtteil Praga ein. Die Weichsel-Überquerung und der Zusammenschluss mit den Aufstän­dischen misslang jedoch. Oftmals heißt es fälschlicherweise, die sow­jetischen Soldaten hätten sich vom Flussufer aus bewusst mit der Rolle des Zuschauers beim Untergang Warschaus begnügt. Stalin tat zwar längst nicht alles für die Stadt, was in seinen Kräften stand, beispielsweise verweigerte er den alliierten Flugzeugen lange die Landeerlaubnis, aber in den entscheidenden Tagen Mitte/Ende September ist der Sowjet­union kein Attentismus vorzuwerfen.

Kaum mehr als eine Woche hielt die Armia Krajowa dann noch durch. Am 2. Oktober kapitulierte sie. »Nun, plötzlich gibt es eine Rückkehr zur Norm, doch plötzlich ist keine Stadt mehr da, keine Häuser«, schreibt Białoszewski. »Schluss. Alles vorbei. Zweihunderttausend Menschen ­lagen unter den Trümmern. Zusammen mit Warschau.«

Miron Białoszewski: Erinnerungen aus dem Warschauer Aufstand. Aus dem ­Polnischen von Esther Kinsky. Suhrkamp, Berlin 2019, 344 Seiten, 26 Euro