Kinofilm »Ich war zuhause, aber«

Drama im Drama

Seite 4 – Wortloser Kommentar zum Tod

Gestorben wird auch ganz zu ­Anfang des Films, und zwar ganz buchstäblich. Es trifft hier keinen ­dänischen Thronfolger oder Berliner Intellektuellen, sondern einen ­Hasen. Der Hund, der ihn jagt und dann beim Fressen von einem Esel beobachtet wird – der aus dem Film »Au hasard Balthazar« (1966) von Robert Bresson ausgerissen zu sein scheint –, all das ist ähnlich unzusammenhängend wie die Theaterprobe der Kinder in den Film über ­Astrid hineinmontiert.

Durch die Prominenz der tierischen Rahmung – die Vierbeiner tauchen auch ganz am Ende des Films wieder auf –, ­fungieren auch diese Szenen als wortloser Kommentar zum Tod. Doch glaubte man, mit den Tieren nun schlicht in den Kreislauf alles Werdens und Vergehens zu geraten, sieht man sich bei genauerem Hinschauen eines Besseren belehrt: Esel und Hund bewohnen ein herunter­gekommenes, leerstehendes Haus, sie werden nicht zum Bild der ewigen Natur. Umgekehrt Astrid und ihre beiden Kinder, die sich in der vorletzten Szene in einem Wald an einem Bach wiederfinden: Astrid liegt zusammengekrümmt auf einem Stein, während ihr Sohn seine Schwester huckepack durchs seichte Wasser trägt.

Wo der Film die ganze Zeit über Symbolik zu vermeiden versucht, bricht sie kurz vor Schluss doch noch hervor. Gegenüber dem großstädtischen Berlin nimmt sich die Szenerie im Wald als kitschiges Phantasma einer Rückkehr in die Natur aus. Die Weltflucht wird zuvor schon angedeutet: »Die ganzen Kreaturen auf der Welt – das überfordert mich.« Die leidenden Menschen retten sich in die Kreatürlichkeit, ­während doch Hund und Esel in einer Ruine längst schon domestiziert sind. Gemeinsam ist ihnen allen aber die Sprachlosigkeit. Der Rest ist Schweigen.

Ich war zuhause, aber (Deutschland 2019). Buch und Regie: Angela Schanelec. ­Darsteller: Maren Eggert, Jakob Lassalle, Clara Möller. Filmstart: 15. August