Der Parteitag der NPD

Neuer Name, altes Programm

Auf ihrem Parteitag gab die NPD ihre Fusionspläne mit der DVU bekannt. In beiden Parteien finden sich Mitglieder, die für diesen Vorschlag nicht zu begeistern sind.

Ein lang gehegter Traum der Rechtsextremen könnte langsam Wirklichkeit werden. Mit einer Briefwahl sollen die Mitglieder von NPD und DVU in den kommenden Wochen auf die Frage antworten: »Halten Sie eine Vereinigung von DVU und NPD für sinnvoll?« Udo Voigt, Bundesvorsitzender der NPD, hofft auf eine »starke ›Rechtspartei‹ in Deutschland«. Auf dem Bundesparteitag, der am 4. und 5. Juni in der Konzert- und Kongresshalle der fränkischen Stadt Bamberg stattfand, sollte gemeinsam mit dem DVU-Bundesvorsitzenden Matthias Faust diese Nachricht als »die Botschaft« verkündet werden.

Allerdings hatte DVU-Bundesvize Ingmar Knop schon zwei Tage vor der Veranstaltung bestätigt, dass eine Mitgliederbefragung geplant sei. »Ich wünsche mir auch persönlich sehr, dass die Zusammenarbeit intensiver wird.« In seiner Rede betonte auch Voigt erneut seine Zustimmung zu einer möglichen Fusion. »Wir brauchen keine Neuauflagen von Wahlabsprachen, sondern (…) eine große nationale und soziale deutsche Heimatpartei.« Die 300 NPD-Delegierten, unter denen sich auffallend wenige Frauen befanden, applaudierten heftig. Die NPD wirbt mit ihrem Ring Nationaler Frauen (RNF) zwar explizit um Frauen und Mädchen, doch in der Partei haben diese nur wenig zu entscheiden. Das spiegelte sich auch auf der Bühne des Parteitags, die bereits mit der angestrebten Namensänderung »NPD – Die soziale Heimatpartei« versehen war: Auf dem Podium saß nur eine Frau, Edda Schmidt, Leiterin des RNF.

Dass nicht alle Parteimitglieder die Fusionspläne mit Begeisterung aufnehmen, zeigten die Reaktionen beim Auftritt von Matthias Faust. Thomas Wulff, NPD-Bundesvorstandsmitglied und Kameradschaftsanführer, senkte demonstrativ seinen Daumen, und der Applaus auf Fausts nervös vorgetragenen Sätze fiel spärlich aus. Faust erklärte zwar, sich über die Annäherung zu freuen, er warnte aber zugleich vor »Intriganten«, die durch Lügengeschichten »Stimmung gegen einen gemeinsamen Weg« machen würden. »Hat der bis dahin noch was zu sagen?«

Diese kritische Frage eines Gastes war nicht ganz unberechtigt. In der DVU gibt es derzeit Versuche, Faust die Mitgliedschaft zu entziehen. Seit die Partei unter seiner Führung in eine tiefe Krise rutschte, scheint dazu jedes Mittel recht. Der DVU-Vorstand in Nordrhein-Westfalen hält ihm vor, eine eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse abgegeben zu haben. Nach der DVU-Satzung wäre das ein Ausschlussgrund. Dennoch geht Faust davon aus, die notwendigen Beschlüsse für eine Fusion auf dem DVU-Parteitag durchsetzen zu können. »Wir sind dem Traum sehr nahe, eine große gemeinsame Rechte zu verwirklichen.« Hans-Gerd Wichmann kündigte hingegen bereits an, dass nicht nur sein niedersächsischer Landesverband die Fusion ablehnen werde. Hier hat man nicht vergessen, dass im Jahr 2009 die NPD die Wahlabsprachen mit der DVU aufgekündigt hatte und in Brandenburg antrat. Die DVU scheiterte daraufhin am Wiedereinzug in den Landtag.

In der NPD ist Wulff nicht die einzige kritische Stimme zur geplanten Verschmelzung der Parteien. Der Grund dafür ist die finanzielle Situation der DVU. Die Partei soll ihrem langjähri­­gen Bundesvorsitzenden Gerhard Frey an die 900 000 Euro schulden, ein Problem, das bei der Fusion berücksichtige werde, heißt es aus dem NPD-Vorstand. Fabian Virchow, Leiter der Forschungsstelle Rechtsextremismus an der Fachhochschule Düsseldorf, geht davon aus, dass es zu »erneuten Richtungsstreitereien« kommen wird. An einen großen Mitgliederzuwachs der NPD durch die DVU glaubt er nicht. »Die Partei ist überaltert.« Das Konfliktpotential ist aber auch schon innerhalb der NPD angelegt, die sowohl bürgerlich wählbar als auch radikal systemfeindlich sein möchte. Voigt spricht von einer »seriösen Radikalität«, mit der Hartz-IV-Empfänger und Handwerker angesprochen werden sollen. Auf dem Parteitag wiederholte er die Parole: »BRD heißt das System – morgen soll es untergehen.« Ein Leitsatz, der mit zu der Distanz zwischen DVU und NPD führte.

Auf dem Parteitag traten die immanenten Spannungen der NPD immer wieder hervor. Fast zwei Stunden debattierte die Partei heftig über den Antrag, die Presse auszuschließen. »Es gibt viel mehr gute Gründe, dieser Bagage der Meinungsdiktatur die Tür zu weisen«, erklärte Udo Pastörs, NPD-Fraktionschef in Mecklenburg-Vorpommern. Voigt, der zur Begrüßung noch die Worte »Liebe Gäste, liebe Systempresse« gewählt hatte, gab sich in der Debatte beschwichtigend. »Wenn Ihr wollt, dass Ihr ernst genommen werden wollt, dann schmeißt die Presse nicht raus.« In einer geheimen Wahl beschlossen die Delegierten, die bereits zugelassenen Journalisten nicht des Saals zu verweisen. Die Spannungen zwischen vermeintlich »moderat« und »radikal« wurden auch deutlich, als Voigt stolz den rechtsextremen Barden Frank Rennicke als NPD-Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten präsentierte und Bundesvorstandsmitglied Wulff nicht auf den Hinweis verzichtete, dass auch Erich Priebke viele Stimmen erhalten hätte – ein verurteilter NS-Kriegsverbrecher.

Auch in der Programmdebatte zeigte sich eine gewisse Ambivalenz im Hinblick auf Erneuerung. »Wir müssen uns nicht neu erfinden«, erklärte Uwe Meenen, Leiter der Programmkommission. Viel Neues findet sich auch nicht in dem nun beschlossenen Parteiprogramm. Stattdessen geht es um die bekannten Forderungen nach einer »Rückkehrpflicht« für »Fremde«, einer »Volksgemeinschaft« statt »multikultureller Gesellschaft« und die Ablehnung der »nach dem Krieg erzwungenen Grenzanerkennungsverträge«. Lange stritten die Delegierten über den Vorstandsantrag, den Parteinamen mit dem Zusatz »soziale Heimatpartei« zu ergänzen. »Für Familie, Volk und Heimat«, so lautete der Alternativvorschlag des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Das fand einer der Delegierten dann doch ein wenig unglücklich, wegen der möglichen Assoziation mit »Ein Volk, ein Reich, ein Führer«. Nun soll mit der Briefwahl darüber abgestimmt werden, ob es einen neuen Namen geben wird.