Au revoir, tristesse, bonjour, Karl-Theodor

Adel verpflichtet. Nur wozu? Im gleichnamigen Film fühlt Louis D’Ascoyne Mazzini sich verpflichtet, Duke of Chalfont zu werden und alle Familienmitglieder zu beseitigen, die in der Erbfolge über ihm stehen. Es wäre böswillig, Karl-Theodor zu Guttenberg zu unterstellen, er wolle auf eine ähnliche Weise Bundeskanzler werden. Gewiss, wer Anfang November nach dem Bombenfund im Kanzleramt die Frage »Cui bono?« stellte, dem hätte der Name Guttenberg einfallen können. Doch der Anschlag war das Werk eines Stümpers, und ein Stümper ist unser Verteidigungsminister nicht. Nein, da käme eher schon ein bürgerlicher Emporkömmling in Frage, der alles verpatzt, was er anfängt und Vizekanzler ist, aber angesichts der eisernen Gesundheit Angela Merkels keine Chance hat, jemals auf legale Weise Kanzler zu werden. Guttenberg hingegen muss nur warten, denn es gibt niemanden mehr, der in der Erbfolge über ihm steht.
Doch Adel verpflichtet. Deshalb wartet Guttenberg nicht einfach ab, bis seine Stunde kommt. Vielmehr gibt er den Deutschen, was ihnen fehlt: Glanz und Gloria. Denn »die Deutschen beklagen häufig und leidenschaftlich, dass in Berlin jener Glanz fehle, der im Weißen Haus wie im Elysée-Palast dem Treiben der Mächtigen etwas Theatralisches verleiht«, analysiert Ulf Poschardt in der Welt. »Die Guttenbergs haben das Klagen erhört.« An Hofberichterstattern hat es in den deutschen Me­dien nie gemangelt, nun aber gibt es endlich auch so etwas wie höfisches Leben. »Treten die Guttenbergs auf, verlieren die Themen ihre Tristesse«, lobt Poschardt. Kaum ist das Ehepaar in Kunduz eingetroffen, erscheint der Afghanistan-Krieg viel weniger öde. Silbrig schimmert das Licht der Sonne in Karl-Theodors Haargel, der schneidige Minister wagt es zeitweise sogar, seine schusssichere Weste abzulegen. Ja, da staunt der Taliban. Den Krieg mag er gewinnen, aber von Glamour versteht er so wenig wie vom Rasieren. Und wir müssen unsere Frauen nicht unter einer Burka verstecken! Stephanie steckt stattdessen in einem Parka, dessen lieblicher Pelzbesatz zart von den Sonnenstrahlen umschmeichelt wird. Kunduz, Sandsturm. Aber Stephanies Frisur sitzt, und ihre Haarfarbe harmoniert vortrefflich mit dem sandfarbenen Tarnanstrich der Schützenpanzer. Keine Spur von aristokratischer Arroganz. Man speist gar mit den einfachen Soldaten. Mögen sie ruhig schimpfen, die Gemeinen daheim, etwa der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, der das alles »völlig unangemessen« findet. Der Mann ist doch nur neidisch. Eine solche »öffentliche Liebeserklärung an unsere Soldaten« war, wie Franz Josef Wagner in der Bild-Zeitung feststellt, längst fällig. Denn »wir sind eine Familie«, und wir haben sogar den Streit um die Erbfolge im Griff.