Geld und Gold

Das geisterhafte Irgendwas

Seit die Finanzkrise den Menschen bewiesen hat, dass es sich beim Geld um einen weit weniger materiellen Gegenstand als ­angenommen handelt, stehen bleibende Werte wieder hoch im Kurs. Dass diese ebenfalls alles andere als stabil sind, hätte man aber auch schon früher wissen können.

Die neue Herzkrankheit
Die Gier nach dem Gold und das Ende der Standesgesellschaft
Von Jörn Schulz
Endlich einmal hätten die Spanier zufrieden sein können. »Eine runde Scheibe aus Gold, darauf die Sonne und der Tierkreis abgebildet waren, über 100 Mark Gewicht schwer«, registrierte Bernal Diazdes Castillo, der zum Gefolge des Konquistadoren Hernán Cortés gehörte, zudem »ein Halsband aus sieben Stücken Gold mit 183 kleinen Smaragden und 232 kleinen, rubinähnlichen Edelsteinen, daran hängend 26 kleine Glocken von Gold«, zahlreiche goldene Figuren und vieles mehr. Der Aztekenherrscher Montezuma war bei dem Versuch, die im Jahr 1519 an seiner Küsten gelandeten Fremden mit wertvollen Geschenken abzufinden, nicht geizig. Die Konquistadoren kamen jedoch zu dem Schluss, dass bei einem Herrscher, der freiwillig so viel Gold herausrückt, noch weitaus mehr zu holen sei.
Bislang war die Beute dürftig gewesen. Christoph Columbus hatte nur wenig Gold nach Spanien gebracht, nach Ansicht vieler zu wenig, um weitere kostspielige Unternehmen zu rechfertigen. Er beschrieb nach seiner ersten Reise die Einwohner der heute als Bahamas bekannten Inseln als »in allen Dingen sehr arm«. Doch habe man ihm berichtet, dass es weiter im Süden einen sehr reichen König gebe, der viel Gold besitze. Ob Columbus diese Aussage erfand oder die Indigenen hofften, auf diese Weise die schwer bewaffneten Fremden wieder loszuwerden, lässt sich nicht mehr klären.
Ursprünglich dienten die Expeditionen über den Atlantik dem Ziel, einen direkten Handelsweg nach Asien zu finden. Solange man noch glaubte, sich in Asien zu befinden, war man vorsichtig. Schließlich hätte eine großangelegte Plünderung einen der Herrscher des Kontinents zu einer Strafexpedition bewegen können, der die noch schwachen kolonialen Außenposten nicht gewachsen gewesen wären. Doch seit man wusste, dass man in einer »neuen Welt« gelandet war, fielen die Hemmschwellen. Die Suche nach El Dorado wurde zu einer fixen Idee. »Der Goldene« war ursprünglich ein in einem fernen Land vermuteter König, der bei der Inthronisierung entkleidet und mit Goldstaub bedeckt wurde. Die Habgier und die Phantasie der Spanier formten aus dieser Legende und anderen vagen Aussagen von Indigenen das Traumbild eines sagenhaft reichen Landes mit Städten aus Gold. Man vermutete es irgendwo in Süd-, hin und wieder auch in Nordamerika.
Habgier dürfte auch den Azteken nicht unbekannt gewesen sein, Gold galt in den vorindustriellen Klassengesellschaften als edelstes Metall. Eben deshalb waren seine Förderung und sein Gebrauch meist streng reglementiert. Die Bodenschätze galten als Eigentum des Herrschers, und auch wer es sich hätte leisten können, war nicht ohne weiteres berechtigt, sich mit Gold herauszuputzen. Der aztekische Goldschmuck war vermutlich Aristokraten und Priestern vorbehalten, in Europa untersagten zahlreiche Aufwandsgesetze den unteren Ständen, sich entsprechend ihrem Vermögen mit Gold und anderen wertvollen Materialen zu schmücken. Auch die Kirche warnte vor der Habgier, die katholischen Theologen erklärten sie zur Todsünde. Der Reichtum der Kirche und ihrer Prälaten minderte die Wirkung priesterlicher Warnungen, vor allem aber war es der Aufstieg des städtischen Bürgertums, der es immer schwerer machte, Aufwandsgesetzen Geltung zu verschaffen. Obwohl der Handel den Theologen weiterhin als anrüchig galt, akkumulierten viele Bürger erhebliche Mengen an Edelmetall, und sie wollten es den Adeligen im Äußeren gleichtun. Wie jede aufsteigende Schicht strebte auch das Bürgertum nach Prestige und Anerkennung, und das bedeutete in der Epoche des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit, seinen Reichtum zu präsentieren.
Das Vermögen eines Milliardärs unserer Tage ist streng genommen überwiegend virtuell. Gewiss, da gibt es Fabriken, die man inspizieren, Champagner, den man trinken, und Villen, die man bewohnen kann. Doch das ist ein Bruchteil dessen, was ein Milliardär sein Eigen nennt, der größte Teil ist nur ein Datensatz, der im Rahmen der kapitalistischen Ordnung Besitzansprüche garantiert und zum Austausch mit anderen Datensätzen verwendet werden kann, damit der Nennwert weiter steigt. In der vorindustriellen Epoche hingegen war der Reichtum noch sinnlich erfassbar. Silber und Edelsteine standen hoch im Kurs, doch dem Gold wurde der höchste Wert zugesprochen. Manch einer hätte wie ein Seehund hineinspringen und wie ein Maulwurf darin herumwühlen können, doch so weich ist Gold dann auch wieder nicht. Lieber verwendete man es als Schmuck oder zur Verzierung der Kleidung. Das Gold, wie es heute üblich ist, in die Form plumper Barren zu gießen, wäre den meisten Menschen früherer Epochen wohl banausisch erschienen. Auch das edelste Metall sollte durch menschliche Verarbeitung noch veredelt werden. So dachten auch die Azteken. Ihre Gold- und Silberschmiedekunst sowie die Juweliersarbeiten erregten selbst bei den verrohten spanischen Eroberern Bewunderung. Für diese zählte jedoch letztlich die Masse.
In der frühen Neuzeit nahm die Goldgier einen wahnhaften Zug an. »Die Spanier leiden an einer Herzkrankheit, gegen die Gold ein besonders geeignetes Mittel ist«, soll Cortés einem Gesandten Montezumas erläutert haben. Nicht nur im Hinblick auf die selbst nach den moralischen Maßstäben der damaligen Epoche ungeheuerlichen Grausamkeiten lässt sich hier eine Entgrenzung feststellen. Beim letzten großen Eroberungsunternehmen, das von Europa ausging, hatte man noch bodenständigere Ziele verfolgt. Dass der Kreuzzug nicht allein der höheren Ehre Gottes und dem Seelenheil der Krieger diente, hatte Papst Urban II. bei seinem Aufruf im Jahr 1095 offen gesagt. Er riet den französischen Adeligen, sich im »heiligen Land« neue Besitztümer zu verschaffen, statt mit ihren heimischen Fehden die Bauern zu ruinieren. Doch es ging um Land, also um die Abschöpfung des bäuerlichen Mehrprodukts. Die neue »Herzkrankheit« hingegen kann als Vorläufer des kapitalistischen Akkumulationsstrebens gelten. Der Reichtum wurde als unermesslich imaginiert.
Damit war auch eine weitere Schwächung der Standesgesellschaft verbunden. Spanien mit seinem sehr reaktionären Klerus und seinen besonders bornierten Adeligen war eigentlich der ungeeignetste Platz in Europa für den sozialen Aufstieg. Doch bereits Columbus, als Sohn eines Webers ein Gemeiner und noch dazu ein Ausländer, hatte sich gegen aufständische Adelige durchsetzen können. Ob Francisco Pizarro in seiner Jugend tatsächlich Schweine hütete, ist umstritten, doch führte ihn die Kirche als uneheliches Kind, was noch schlimmer war. In der »neuen Welt« aber konnte er es zu etwas bringen. Dass Pizarro im Jahr 1532 Atahualpa wegen fadenscheiniger Beschuldigungen hinrichten ließ, obwohl der Inkaherrscher das geforderte Lösegeld gezahlt und einen sieben mal fünf Meter großen Raum mit Gold sowie zwei weitere mit Silber hatte füllen lassen, stieß allerdings sogar bei manchen seiner Mitkämpfer auf Widerspruch. Neun Jahre später wurde Pizarro bei Streitigkeiten unter den Konquistadoren getötet.
Die Suche nach El Dorado war eine gefährliche Angelegenheit, ohnehin hatte nur eine kleine Minderheit der Europäer die Möglichkeit, sich den Konquistadoren anzuschließen. Doch es gab noch eine zweite, ebenso wahnhafte Idee, die es möglich erscheinen ließ, dass auch der »gemeine Mann« es zu unermesslichem Reichtum bringen könne. »Man findet wohl gar Schneider, Schuster, Knechte und Mägde, welche, so sie solches gehört und gelesen, alles was sie ersparet, einem der vielen umherziehenden betrüglichen Künstler, so Gold machen wollen, wenn er in ihr Städtlein oder Dorf kommt, hingeben und Gold kochen lassen, und elendig betrogen werden«, berichtet ein deutscher Chronist des frühen 16. Jahrhunderts. In England sollen zu dieser Zeit etwa 500 »Goldmacher« tätig gewesen sein.
Die Idee der Transmutation, der Verwandlung unedler Metalle in Gold, war nicht neu. Antike und arabische Gelehrte hatten bereits nach dem »Stein der Weisen« gesucht, der diese Verwandlung bewerkstelligen und auch edleren Zwecken dienen sollte, da er als Heilmittel für alle Krankheiten galt. Die Aufbruchsstimmung der frühen Neuzeit erhöhte jedoch die Nachfrage. Dass ein Schuster überhaupt auf die Idee kam, sein Platz in der Gesellschaft sei nicht gottgegeben und somit gottgewollt, war keineswegs selbstverständlich. Das aus der Antike stammende, bis heute bekannte Sprichwort »Schuster, bleib bei deinen Leisten« hatte im Mittelalter allgemeine Gültigkeit. Nun aber schien der Ausbruch aus der Standesgesellschaft möglich zu sein, und in den Bauernkriegen dieser Epoche wurde der Begriff Freiheit, der zuvor nur die Rechte und Pflichten der Stände und Berufsgruppen bezeichnete, erstmals im heutigen emphatischen Sinn gebraucht.
Johann Georg Faust soll um 1540 bei einer Explosion getötet worden sein, die er beim Versuch auslöste, Gold zu kochen. In der Faust-Legende und ihrer literarischen Bearbeitung wird die Dialektik des Fortschritts, den die Überwindung der mittelalterlichen Ordnung möglich machte, thematisiert. »Nach Golde drängt,/Am Golde hängt/Doch alles«, lässt Goethe Gretchen sagen. Unter Akkumulation verstand man damals noch die Anhäufung von Gold, und die Vorstellung, unermesslichen Reichtum durch Plünderung oder Alchemie erwerben zu können, sollte so schnell nicht verschwinden.
Als Ende der Suche nach El Dorado gelten erst die von Alexander von Humboldt um 1800 unternommenen Reisen. Und noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts, wenige Jahre bevor Voltaire seine ersten Schriften verfasste, stritten Friedrich I. von Preußen und August der Starke von Sachsen um den »Goldmacher« Johann Friedrich Böttger. Immerhin entwickelte der Alchemist schließlich eine Methode der Porzellanherstellung und minderte so die Abhängigkeit von Importen aus China.
Gold und Silber der »neuen Welt« leisteten einen wichtigen Beitrag zur Bildung der Vermögen, die später die Industrialisierung ermöglichten. Ob dies zu den notwendigen Bedingungen gehörte, ist umstritten. Belegt ist hingegen, dass langfristig nicht Spanien vom Goldreichtum profitierte. Das Gold floss ins produktivere England. Der Mehrheit der Europäer kam der neue Reichtum nicht zugute, die Unterschichten litten etwa zwei Jahrhunderte lang unter der Inflation, die der Zustrom der Edelmetalle verursachte. Wer nicht zu den Wenigen gehört, die es zu erfolgreichen Räubern im Staatsdienst bringen, sollte nicht erwarten, dass die Akkumulation ihn bereichert.

Womit man alles kaufen kann
Über Gold, Geld und Fetisch

Von Michael Heinrich
»Auri sacra fames« – schon der römische Dichter Vergil spricht in der Aeneis vom »verfluchten Hunger nach Gold«, der die Menschen verderbe und die Gemeinwesen zerstöre. Es waren nicht nur die Alchemisten, die versuchten, Gold herzustellen; Gold selbst war der größte Alchemist, es konnte alles in alles verwandeln. »Gold! kostbar, flimmernd, rotes Gold!« lesen wir bei Shakespeare, »so viel hievon, macht schwarz weiß, hässlich schön; schlecht gut, alt jung, feig tapfer, niedrig edel.« Deshalb war es begehrt, deshalb machten sich Abenteuerer in königlichem Auftrag nach Mittel- und Südamerika auf, plünderten, mordeten, folterten immer auf der Suche nach noch mehr Gold. Unzählige Schiffsladungen wurden nach Europa gebracht, wo dieses Gold eine nicht unbedeutende Rolle bei jener »ursprünglichen Akkumulation« spielte, aus der dann der moderne Kapitalismus hervorgegangen ist.
Aber nicht nur in den Anfangszeiten des Kapitalismus spielte Gold eine wichtige Rolle, auch in seinen Hochzeiten. Gold war die »Geldware«: Bis ins frühe 20. Jahrhundert waren die Währungen der großen kapitalistischen Länder an Gold gebunden, Gold sollte ihnen Stabilität verleihen. Allerdings mussten die jeweiligen Zentralbanken für diesen Zweck auch über entsprechend große Goldvorräte verfügen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es nur noch die USA, die mit ihren in Fort Knox gebunkerten Goldvorräten eine solche Deckung ihrer Währung garantieren konnten. Auf diesen Sachverhalt wurde dann das Währungssystem von Bretton Woods zugeschnitten: Lediglich der US-Dollar war noch durch Gold gedeckt, die Währungen der anderen kapitalistischen Länder waren es nicht mehr, sie blieben aber mit einem festen Wechselkurs an den Dollar gebunden. Als Geld des stärksten und einflussreichsten kapitalistischen Landes sollte der Dollar den anderen Währungen Stabilität verleihen. Der Dollar selbst sollte seine Stabilität aber vom Gold erhalten. Insofern war der Plan von »Goldfinger« Gert Fröbe, Fort Knox radioaktiv zu verseuchen, gar nicht schlecht gewählt, und es bedurfte schon der gemeinsamen Anstrengungen von James Bond und Pussy Galore, um das kapitalistische Weltwährungssystem zu retten.
Angesichts dieser Bedeutung des Goldes wundert es nicht, dass als »Nixon-Schock« jene Rede vom 15. August 1971 in die Geschichtsbücher einging, in welcher der US-amerikanische Präsident Richard Nixon neben einem 90tägigen Lohn- und Preisstopp auch das Ende der Goldbindung des Dollar verkündete. Wie sollte es mit dem Weltwährungssystem weitergehen, wenn jener Goldanker fehlte? Das System der fixen Wechselkurse wurde zwar bald aufgegeben, das Weltwährungssystem funktionierte aber auch ohne Goldbasis weiter. Nichtsdestotrotz taucht immer mal wieder der Ruf nach einer erneuten Golddeckung der Währungen auf, und auch als »Krisenmetall« ist Gold bei vielen großen und kleinen Geldanlegern nach wie vor beliebt.
Was ist dran am Gold, dass es eine solche Bedeutung gewinnen konnte? Verdankt sich die Bedeutung des Goldes nur einem Jahrhunderte andauernden Wahn, der sich durch die Menschheitsgeschichte zieht? Oder hat das Gold tatsächlich etwas an sich, das es so besonders macht?
Gold fungierte schon frühzeitig als »Geld«, und Geld besitzt eine Eigenschaft, die wir alle aus dem Alltag kennen, die aber trotzdem etwas Geheimnisvolles hat: Geld kann alles kaufen. Wie ist das möglich? Am »Wert« des Geldes kann es nicht liegen. Auch saure Gurken besitzen, als Ware, einen Wert – trotzdem kann ich für saure Gurken nicht alles kaufen. Wenn ich kaufen will, muss ich die sauren Gurken zunächst in Geld verwandeln, und ob das gelingt, ist nicht sicher. Verfüge ich aber über Geld, kann ich für dieses Geld alles kaufen, was zu einem meiner Geldsumme entsprechenden Preis angeboten wird.
Marx beanspruchte, dieses »Geldrätsel« zu lösen, und zwar als erster: »Hier gilt es jedoch zu leisten, was von der bürgerlichen Ökonomie nicht einmal versucht ward, nämlich die Genesis dieser Geldform nachzuweisen (…). Damit verschwindet zugleich das Geldrätsel«, schreibt er im »Kapital«. Viele Marxisten verstanden »Genesis« als historische Entstehung, als wollte Marx die allgemeinen Stufen der historischen Entstehung des Geldes nachzeichnen. Wäre dies sein Anspruch gewesen, man hätte ihn wohl als einen der größten Aufschneider ins Guinness-Buch der Rekorde aufnehmen können. Dutzende Ökonomen vor ihm skizzierten bereits die allgemeinen Stufen der Herausbildung des Geldes, da wäre er nicht der erste, nicht einmal einer der ersten gewesen. Was Marx aber tatsächlich zuerst untersuchte, war der Zusammenhang von Warenform und Geldform: Waren können sich nicht universell aufeinander als Werte beziehen, wenn sie sich nicht auf eine selbständige Gestalt des Werts beziehen. Nicht aus Gründen praktischer Bequemlichkeit – die simple Tatsache, dass Geld den Tausch vereinfacht, ist auch der bürgerlichen Ökonomie nicht unbekannt geblieben –, sondern aus Gründen des bei jedem Tausch unterstellten Wertausdrucks: Der Wert, ein gesellschaftliches Verhältnis, das an der einzelnen Ware überhaupt nicht fassbar ist, muss gegenständlich ausgedrückt werden, und wenn der Tausch allgemein ist, alles einbezieht, alles zueinander in Beziehung setzt, muss auch dieser Wertausdruck allgemein sein, dann muss es »etwas« geben, das so, wie es steht und geht, als »Wert« gilt. Auf dieses »Etwas« müssen sich die Waren beziehen, wenn sie ihren Wert ausdrücken. Die Warenform, so die Marxsche Folgerung, macht die Geldform notwendig. Dass die Masse der Arbeitsprodukte die Form von Waren annimmt, ist gar nicht möglich, ohne dass es ein »Etwas« gibt, das die Form von Geld annimmt.
Zu Marx’ Zeiten hatten diese Überlegungen eine unmittelbare politische Bedeutung: Sozialismusvorstellungen, die in der Tradition von Proudhon auf die Beibehaltung privater Warenproduktion bei gleichzeitiger Abschaffung des Geldes abzielten, war damit der Boden entzogen. Ware und Geld sind nur gemeinsam zu haben. Zugleich war mit der Marxschen Analyse auch das Geldrätsel gelöst: Die Geldform ist unter den Bedingungen der Warenproduktion ein notwendiges gesellschaftliches Verhältnis, das den materiellen Träger dieses Verhältnisses in ein gegensätzliches Verhältnis zur ordinären Warenwelt bringt. Im Gegensatz zu all den gewöhnlichen Waren – besonderen Gebrauchswerten, die außerdem noch Wertgegenstände sind – ist Geld ganz unmittelbar Wert, selbständige Gestalt des Werts, weil sich alle Waren auf das Geld als ihren allgemeinen Wertausdruck beziehen müssen, um sich universell aufeinander beziehen zu können. Geld kann also nur Geld sein, weil alle anderen Waren nicht Geld sind, sie aber Geld als Wertausdruck benötigen.
Die Existenz der Geldform ist Resultat gesellschaftlicher Beziehungen, kein bewusst herbeigeführtes, aber unter den Bedingungen allgemeiner Warenproduktion ein notwendiges Resultat. Die Geldform kann aber nicht existieren ohne einen materiellen Träger, ohne ein »Etwas«, das die Rolle des Geldes einnimmt. Wovon diese Rolle eingenommen wird, ist im Prinzip egal, lediglich ein paar praktische Anforderungen sollten erfüllt werden: Es sollte nicht in kurzer Zeit verderben, sollte leicht zu transportieren und in beliebige Portionen teilbar sein – was eine ganze Reihe von Waren davon ausschließt, Träger der Geldform zu werden. Die »edlen« Metalle Gold und Silber erfüllen diese Anforderungen dagegen ganz hervorragend, und schon sehr früh hat sich Gold als Träger der Geldform durchgesetzt.
Indem für die im Warentausch befangenen Akteure einerseits die Differenz zwischen der Geldform und deren materiellem Träger verschwimmt, andererseits die Formen von Ware und Geld als quasi natürliche Formen des gesellschaftlichen Verkehrs gelten, scheint auch Gold von Natur aus Geld zu sein. Es wird nicht erst Geld, weil sich alle Waren auf Gold als ihren Wertausdruck beziehen, umgekehrt, es scheint, als würden sich alle Waren auf Gold als Wertausdruck beziehen, weil es von Natur aus Geld ist. »Die vermittelnde Bewegung«, so der Marxsche Kommentar dazu, »verschwindet in ihrem eignen Resultat und lässt keine Spur zurück.« Das gesellschaftliche Verhältnis wird zur dinglichen Eigenschaft. Das ist es, was Marx als »Fetischismus« bezeichnet. Dieser Begriff hat nichts mit der heutigen, durch die Psychoanalyse geprägten Bedeutung von Fetischismus zu tun, wo Fetischismus ein tendenziell obsessives Verhalten meint, die übersteigerte Bedeutung eines Gegenstandes. Im 19. Jahrhundert bezeichnete man als Fetischismus den Glauben an die magische Wirkung von bestimmten Gegenständen (z. B. gewissen bemalten Holz- oder Lederstückchen), wie ihn die europäischen Kolonialherren in den »primitiven« Religionen einiger der von ihnen eroberten Länder vorfanden. Dieser »Fetischismus« ließ die Rationalität und Aufgeklärtheit des europäischen Bürgertums in besonders hellem Licht erstrahlen. Wenn Marx in Bezug auf die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft von Fetischismus spricht, so ist dies einerseits eine polemische Spitze: Ihr Bürger seid gar nicht so aufgeklärt und rational, wie ihr euch vorkommt. Andererseits liefert dieser Begriff aber die präzise Beschreibung eines Sachverhalts: Gesellschaftliche Macht verkörpert sich in einem Ding, wer über dieses Ding verfügt, besitzt diese Macht. Und dies ist keineswegs Einbildung, sondern Realität in der bürgerlichen Gesellschaft.
Und heute? Die Währungen sind nicht mehr durch Gold gedeckt. Gold ist keine Geldware mehr, das Geldsystem funktioniert ohne Geldware. Marx hatte sich das noch nicht vorstellen können. Zwar war Marx mit den Eigenschaften des Papiergeldumlaufs bestens vertraut, dieses Papiergeld seiner Zeit war aber stets Repräsentant des »wirklichen« Geldes, der Geldware. Marx erkannte recht klar, wie die Bindung an eine Geldware die Funktionsweise des Geldsystems einschränkte, und dass diese Bindung gerade in Krisenzeiten suspendiert werden musste. Dass sich das kapitalistische Geldsystem aber grundsätzlich und längerfristig vom Gold emanzipieren könnte, hielt er nicht für möglich. Genau das ist jedoch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschehen. Zentralbanken geben ungedecktes Staatspapiergeld aus, was am Geldfetisch allerdings nichts ändert: Was früher als »natürliche« Eigenschaft des Goldes angesehen wurde, scheint jetzt eine Fähigkeit der Zentralbank zu sein. Doch bleibt ein Misstrauen, dass die Zentralbank ihre Fähigkeit missbrauchen könnte. Und genau hier wird der Mythos des Goldes auch heute noch relevant, wenn die erneute Goldbindung des Währungssystems gefordert wird. Der Fetisch des Naturgegenstands wird gegen den Fetisch der Institution ausgespielt.
Aber welche Rolle spielt Gold dann heute noch, warum ist Gold in Krisenzeiten immer mal wieder gefragt? Gold ist heute zu einem Anlagegegenstand neben anderen geworden. Im Unterscheid zu Aktien oder festverzinslichen Wertpapieren wirft Gold weder Zins noch Dividende ab, es ist jedoch von hoher Liquidität, das heißt es kann fast überall weitgehend problemlos gegen Geld eingetauscht werden, und das Ganze kann auch noch anonym erfolgen. Der Wert des Goldes ist zwar veränderlich, aber er hängt nicht wie bei Aktien vom Erfolg oder Misserfolg einzelner Firmen ab oder wie bei Staatsanleihen von der Kreditwürdigkeit der jeweiligen Länder. Insofern eignet es sich als Reserve für kritische Fälle.
Gold spielt also immer noch eine Rolle. Was heutzutage die Ökonomie antreibt, ist aber nicht mehr der »verfluchte Hunger nach Gold«, sondern der Hunger nach Profit, und dieser Profit kann auch in Gestalt des »virtuellen« Buchgeldes maximiert und akkumuliert werden. Dass dieses Buchgeld nur virtuell existiert, ist dabei nicht von Belang, denn es ist genauso Träger der Geldform, wie es früher das Gold war. Von Belang ist allerdings, dass die Ausbeutungsprozesse, auf denen die Profitproduktion beruht, funktionieren – aber das ist eine andere Geschichte.

Alles Gold, was glänzt
Zur Dialektik des Edelmetalls
Von Roger Behrens
Gold ist nicht nur ein Element der Naturgeschichte, sondern auch eines der Geschichte des Menschen. Gerade seine konkrete Stofflichkeit – gewonnen wird es zum weitaus größten Teil aus Erz – scheint ihm eine übernatürliche, sinnlich-übersinnliche Qualität zu verleihen. Seine Physik führt nachgerade in seine Metaphysik. Beinahe die ganze Menschheitsgeschichte ließe sich – und zwar gerade in ihrer zerstörerischen Dialektik – als Geschichte des Goldes erzählen. Diese handelt von Glück und vom Verderben: Die utopische Dimension des Goldes klingt an im Traum von El Dorado, sein trügerischer Schein in dem Satz: »Gold ist nur Chimäre!« Kein Wunder, dass die goldenen Äpfel, die im Garten der Nymphen wachsen, ewige Jugend und ewiges Glück verheißen, dass aber auch der Zankapfel, der Apfel der Zwietracht, wie er im Märchen von Schneewittchen auftaucht, ein goldener ist. Mythos und Märchen sind alt geworden, das versprochene Gold der Utopie wurde zu bloßem Talmi. Im Farbenspektrum der Gegenwart ist es kaum mehr vertreten.
Eisen, Nickel, Blei oder Zink gehören zu den sogenannten unedlen Metallen, sie oxidieren und korrodieren leicht. Gold hingegen zählt mit Silber und Quecksilber zu den Edelmetallen. Das sind Metalle, die von besonderer Beständigkeit gegen die Einwirkung von Säuren, Basen und Salzen sind. Unter der Abkürzung Au (vom lateinischen aurum) wird Gold mit der Ordnungszahl 79 in der 1. Nebengruppe des Periodensystems der chemischen Elemente geführt, wie es 1869 gleichzeitig und unabhängig voneinander durch Dmitri Mendelejew und Lothar Meyer entwickelt wurde. In diesem Jahrhundert wurden die meisten chemischen Elemente entdeckt. Noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren gerade einmal 15 Elemente bekannt, kaum mehr als in der menschlichen Frühzeit. Das Gold aber gehörte dazu. Die Alchemie, die annahm, dass sich Elementarstoffe ineinander verwandeln lassen, versuchte bis in die Neuzeit hinein, unedles Metall in edles, vornehmlich in Gold zu transmutieren. Diese Versuche waren nicht einfach das Ergebnis eines Aberglaubens, in ihnen fand sowohl die moderne Naturwissenschaft ihre empirisch-methodologische Grundlegung wie die kapitalistische Ökonomie, samt Akkumulationsprinzip und Verwertungslogik, ihr Modell. Bei der alchemischen Herstellung von Gold geht es nicht einfach um die Erschaffung von Wert, sondern um künstlich geschaffenen Mehrwert: Gerade aus dem Unedlen soll das Edle gewonnen werden. Zur Zeit der Entstehung der frühen Industrie und der Manufakturen ist dieses Motiv in den romantischen Märchen und Sagen vielfältig aufgenommen worden, am bekanntesten und luzidesten im »Rumpelstilzchen«.
»Ach wie gut, dass niemand weiß …« Das Rumpelstilzchen bleibt, inmitten des anbrechenden Zeitalters bürgerlicher Selbstvergewisserung, in der das Ich seinen Namen und seine Identität stolz zu präsentieren lernt, unbekannt, ein Niemand, namenlos, verliert aber seine Fähigkeit des Goldherstellens sofort, sobald es benannt wird. Sein heimlich-komischer wie unheimlich-grotesker Name ist dem Märchen selbst zufolge kein gewöhnlicher wie »Heinz« und »Kunz«, kein hoher wie »Kaspar, Melchior, Balzar«, kein Monstername wie »Rippenbiest oder Hammelswade oder Schnürbein«. Unerkannt in seinem Namen, bleibt das Rumpelstilzchen in Bezug auf sein zauberisches Vermögen allegorisch, als Proletariat: Nur weil es ohne selbstbewusste Identität ist, kann es Stroh zu Gold machen. Wie dies jedoch geschieht, bleibt im Märchen ungewiss. Zu vermuten ist, dass dabei Maschinen helfen, denen sich das Rumpelstilzchen unterwirft. Mit dem traditionellen Spinnrad – ein Produktionsmittel der lebendigen Arbeit, bei der nicht nur Fäden, sondern auch Geschichten gesponnen werden – wäre seine wundersame Tätigkeit nicht möglich. Überdies ist das so gewonnene Gold kein nützlicher Rohstoff, sondern antizipiert bereits die Idee des gesellschaftlichen Reichtums als »ungeheure Warensammlung«. Stroh lässt sich verfüttern, verbrennen, als Füll- oder Dämm­material verwenden; Goldfäden sind dafür ungeeignet. So etwas Unpraktisches, das sich lediglich für Zwecke der politisch-ökonomischen Herrschaft verwenden lässt, kann die Müllerstochter trotz ihrer wohl über Generationen tradierten Geschicklichkeit am Spinnrad nicht herstellen, das kann nur jemand, dem die Produktion äußerlich bleibt, der von ihr entfremdet ist, und deshalb fordert Rumpelstilzchen von ihr auch »etwas Lebendes«, das ihm »lieber als alle Schätze dieser Welt« sei – denn die könnte er sich mit seinen Fähigkeiten ja ohnehin selbst machen.
Das Märchen erzählt die älteste Geschichte vom Gold, berührt die Trivialmythologie des Goldes und seine paradoxe Moral: Wer’s hat, hat es gut; wer’s nicht hat, hat es besser; und wer es wieder los ist, weiß warum. »Gold ist vielen zum Verderben geworden«, heißt es schon in der Bibel (Sirach 21,6). Und Propertius schreibt in seinen »Elegien«: »Der Mensch betet das Gold an und vernachlässigt die Götter. Mit Gold wird der Glaube vertrieben und die Gerechtigkeit verkauft.« Auch die Erzählung vom Goldenen Kalb variiert diese Dialektik des Goldes. Und ohnehin: Das saturnische Zeitalter, »wo die Menschen sorglos ohne Arbeit und Weh dahinlebten, wie die Götter, ohne Altersbeschwerden, immer tafelfreudig, und starben, als schliefen sie ein; wo der Acker von selbst Frucht trug«, das Goldene Zeitalter also, das zuerst bei Hesiod Erwähnung findet, ist vermutlich ein Zeitalter, das die Macht des Goldes gar nicht kennt. Auch Adam und Eva im Paradies dürfte Gold, zumal als Insignie des Reichtums und der Machtfülle, unbekannt gewesen sein. So ist zu vermuten, dass das Gold, obwohl ihm so viele göttliche Qualitäten zugesprochen werden und es zugleich in Konkurrenz zum Göttlichen tritt, nicht durch Gott auf die Erde gekommen ist; überliefert ist, dass der Erzengel Gabriel es zur Erde brachte.
Eine Säkularisierung des Goldes fand indessen nicht statt, im Gegenteil. Die alten Mythen schreiben sich über die Romantik bis in die Kulturindustrie fort: Was König Midas widerfuhr, spiegelt sich in unzähligen Märchen wider und ist immer wieder Thema oder wenigstens thematische Referenz im Kino – »Goldfinger«, »Der große Goldraub«, »Der Clou«. Am Ende heißt es meistens: »Wie gewonnen, so zerronnen!« Und es zählt in der Regel nur die Raffinesse, mit der das Gold aus den Staatsbanken und Privattresoren gestohlen wird, oft mit einem Aufwand an Technik und Logistik, dessen Kosten den mutmaßlichen Milliardengewinn übersteigen dürften.
Dennoch ist auch das nur die Verlängerung der kapitalistischen Ideologie, dass Gold eine Wertanlage und somit das Fundament des Geldes sei. Doch Gold und Geld gehören, obwohl scheinbar nahe beieinander liegend, nicht einmal etymologisch zusammen: »Gold« kommt von »gelb« und von »glänzend«, »Geld« hingegen bedeutet (nachklingend im englischen »guilt«) »Abgabe« oder »Bezahlung« und gehört in die Wortfamilie von »gelten« im Sinne von »rechtskräftig sein«. Geld als »abstraktes Drittes« (Marx) lässt sich auch in seiner ökonomischen Funktion nicht wirklich auf Gold zurückführen: Gerade im privaten Bereich hat sich Gold nicht nur als Mittel der Wertanlage – der erhofften Wertvermehrung – durchgesetzt, sondern vor allem in der angeblichen Funktion als Wertaufbewahrungsmittel – also der erhofften Werterhaltung. Das hat den Goldmarkt mit seinen ursprünglich recht stabilen Preisen seit Ende der sechziger Jahre in Bewegung gebracht. Zwar wurde Gold früher als Währung und damit auch als Tauschmittel verwendet, doch ist die Idee der Reichtumsbildung in und mit Gold nicht wirklich mit dem Tausch verbunden. Im Märchen vom »Tischlein deck dich!« speit der Esel Goldstücke, im Film wird Gold in großen Mengen geraubt und gehortet; jeder Kapitalist hört auf, Kapitalist zu sein, wenn er sein Kapital in goldene Wasserhähne investiert. Onkel Dagobert mit seinem Geldspeicher und seinen Goldbädern ist insofern alles andere als der Prototyp des Kapital akkumulierenden Unternehmers, sondern eher ein Geizhals, ein Betrüger, ein Abenteuerer und Schatzsucher. Selten wird Gold wie Geld verdient; es wird entdeckt, also gefunden oder erfunden.
Gold ist früher als jedes andere Metall verarbeitet worden. Schon Mesopotamien kannte die Goldschmiedekunst, erst recht das alte Ägypten und auch Afrika, in der Gegend des heutigen Ghana. Bereits vor 5 000 Jahren beherrschten Menschen die Technik, um Goldfolien in einer Stärke von 0,001 Millimeter herzustellen; Gold wurde ziseliert, gediegen, geschweißt; durch die mechanische Eigenschaft der Verformbarkeit und Dehnbarkeit konnte es leicht bearbeitet werden. In der Goldgewinnung wurden beim Auswaschen von Erzen Schafsfelle verwendet, die Legende vom Goldenen Vlies erinnert daran. Es kann so hauchdünn verarbeitet werden, dass es sich als Oberfläche zur Akzidenz verflüchtigt: Gold ist dann zunächst eine Eigenschaft und erst in dieser Eigenschaft stofflich; der Zauber des Absoluten besteht darin, dass im Gold scheinbar Wesen und Erscheinung zusammenfallen. Schelling begreift Gold als das Element der Sonne und nennt es »geronnenes Licht«.
Die spekulative Physik des Goldes verweist auf seine soziale Physik. In seinem vermeintlichen ontologischen Wert unvergleichlich und unmessbar, dient es als Beweis dessen, was sich nicht beweisen lässt. Zum Beispiel wird die Liebe der Gepflogenheit ihres romantischen Ideals gemäß gern in Gold aufgewogen. Gold funktioniert hierbei als Material und als Metapher, wird zum Fetisch des privaten Glücks. Der Konsumkapitalismus hat daraus ein eigenes Warensortiment geschaffen, in den »künstlichen Paradiesen« (Baudelaire) ein falsches El Dorado errichtet: Jedes moderne Kaufhaus eröffnet sein Angebot mit Parfum und Schmuck, also mit Luxuswaren, denen der Duft und Hauch des Goldes anhaftet, mannigfach verdoppelt in den Reklameschildern, die noch immer zumeist Frauen vergoldet darstellen. »Freude und Glanz«, wie die Parole im Kaiserreich einmal hieß, haben dann mit Beginn der fordistischen Ära im Massenkonsum ein neues Goldenes Zeitalter geschaffen – konzentriert zunächst in einer Dekade, den Golden Twenties.
Gold bleibt das Versprechen von Macht, aber eben auch einer Macht, die mit der gewaltsamen Ausbreitung des Wertgesetzes immer abstrakter wird. Die Verdinglichung wird gleichsam mit Gold legiert, das Glücksversprechen realisiert sich im Glanz des Goldes. Das echte Goldene Zeitalter aber ersetzt das Gold mit wirklichem Glück. Aus Goldland wird Glücksland, El Dorado und Eden als irdisches Paradies. Das wäre die Wiederentdeckung und Neuerfindung des utopischen Goldglanzes, Anbruch eines aureum saeculum. Solche Utopie darf sich vom trügerischen Schein des Goldes so wenig täuschen lassen wie vom vermeintlichen Wert des Reichtums gegenwärtig goldener Zeiten und Länder. In diesem Sinne heißt es bei Ernst Bloch: »Die Erde ist zwar ziemlich bekannt geworden, aber das El Dorado ist noch nicht gefunden.«