Das Festival »Pax Terra Musica« in Brandenburg fällt mit seinem großen Querfrontpotential auf

Frieden, Liebe, Querfront

Es soll das »das größte Vernetzungstreffen der deutschen Friedens­bewegung in diesem Jahr« werden. Das Festival »Pax Terra Musica« hat Verschwörungstheoretiker, Rapper mit Reichsbürgerideologie und weitere rechte Figuren im Programm.

»Pax Terra Musica« – unter diesem Motto soll im Juni ein »Friedensfestival« auf dem ehemaligen Militärflugplatz im brandenburgischen Niedergörsdorf stattfinden, etwa eineinhalb Autostunden von Berlin entfernt. Man wolle »ein unüberhörbares Zeichen für die Liebe und für den Frieden setzen«, heißt es auf der Website des Festivals. Geschäftsführer der »Pax Terra Musica gGmbH« ist Malte Klingauf. Bei den Berliner »Mahnwachen für den Frieden« war er ein Beteiligter der ersten Stunde. Er organisierte, moderierte, hielt Redebeiträge und spielte Musik. Ken FM, das Internetportal des Verschwörungsideologen Ken Jebsen, bezeichnet ihn anerkennend als »Mädchen für alles« der Berliner Mahnwachen. Nun also hat Klingauf ein neues Vorhaben: Gemeinsam mit einer »Gruppe von Friedensaktivisten« möchte er »den Menschen einen Ort geben, an dem wir zusammenkommen, reden, planen und feiern können«.

Ein Blick auf die Organisatoren und das angekündigte Programm des Festivals macht die Nähe zu den Mahnwachen deutlich und offenbart das Querfrontpotential der Veranstaltung. Als Aussteller ist unter anderem »NuoViso. TV« aufgeführt. Die Leipziger Filmproduktionsfirma ist eine feste Größe im verschwörungstheoretischen Milieu. Der Blogger, AfD-Sympathisant und selbsterklärte »Moderator, Unternehmer, Visionär« Hagen Grell interviewte im vergangenen Jahr für »NuoViso. TV« den Autor Akif Pirincci, der unter anderem wegen einer rassistischen Rede auf einer Pegida-Kundgebung bekannt ist. Andere Videos beschäftigen sich mit dem »Genderwahn« und der »sexuellen Bevormundung durch die Genderideologie«. Die Produktionsfirma fertigte wiederholt Sendungen für das Monatsmagazin Compact an und stellte dessen Ausgaben in ausführlichen Gesprächen mit dem Chefredakteur Jürgen Elsässer vor. Darüber hinaus produzierte die Firma DVDs von den »Quer-Denken-Kongressen«, auf denen stets namhafte Verschwörungsideologen auftraten.

Auch Ken FM wird auf dem Festival im Ausstellerbereich zugegen sein. Mit der »Deutschen Mitte« ist zudem eine Partei vertreten, die in ihrem Wahlprogramm für die Unterstützung der antisemitischen BDS-Kampagne wirbt. Der Parteigründer und -vorsitzende Christoph Hörstel hielt 2014 eine Rede auf der Demonstration anlässlich des sogenannten al-Quds-Tags in Berlin. Dort sagte er über Israel: »Dieser Staat ist ein Unstaat. Und wenn ein Staat ein Problem ist, dann kann er nicht Teil der Lösung sein.«
Zu den vielen weiteren Ausstellern gehören die Kampagne »Stopp Ramstein«, die »Ökologische Partei Deutschlands«, die Organisation »Druschba – Friedensfahrt nach Russland« und »Attac Cottbus«. Als Redner ist unter anderem Reiner Braun angekündigt, der den »Friedenswinter 2014/15« mitgründete.

An »Pax Terra Musica« wollen sich auch viele Musiker beteiligen, die zuvor bei den Mahnwachen oder »Endgame« (»Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas«) aufgetreten sind. Zu den Bekanntesten gehören die Rapper Denzko und Kilez More. Letzterer kommt aus der sogenannten Truther-Bewegung, die nicht glauben mag, dass die Anschläge vom 11. September 2001 das Werk von Jihadisten waren.
Denzko schreibt Texte wie diesen: »Aber ich sehe die Geier, die über uns kreisen und uns aussaugen – Zecken, also den Kopf mit rausreißen.« Im selben Stück ist die Rede von »elitären Kreisen«, im Musikvideo ist an dieser Stelle ein Zettel mit der Aufschrift »Rockefeller Rothschild« zu sehen. Einige Zeilen später rappt Denzko, dass »die fucking BRD kein Staat« sei. Eingeblendet wird dabei »BRD = Firma«. Weiter heißt es, dass Deutschland »keinen Friedensvertrag hat und deshalb machen muss, was Amerika sagt«. Es handelt sich um die Ideologie der sogenannten Reichsbürger – im Viervierteltakt.

Neben solchen Szenemusikern waren im Programm von »Pax Terra Musica« allerdings zunächst auch einige Künstler aufgeführt, die bislang nicht in diesem politischen Zusammenhang aufgefallen waren – darunter auch erfolgreichere Bands wie Itchy Poopzkid und international bekannte DJs. Die Veranstalter von »Pax Terra Musica« rechnen nach eigenen Angaben mit 5 000 Besuchern. Das ist keine völlig unrealistische Schätzung, wenn man sich die Popularität der angekündigten Headliner vor Augen führt. Für das friedensbewegte Verschwörungsmilieu wäre eine solche Großveranstaltung ein wichtiger Erfolg.

Auf Anfrage der Jungle World zeigten sich etliche Musiker überrascht von dem politischen Charakter des Festivals. »Im Vorfeld war dies leider nicht ersichtlich, sonst hätten wir das auch nicht zugesagt«, teilte das Management von Itchy Poopzkid mit. Die Band werde angesichts der neuen Erkenntnisse »auf keinen Fall« auf dem Festival spielen.

Auch andere Künstler sagten ihre Auftritte mittlerweile ab. Der Kölner Rapper Simon Grohé, der ebenfalls ursprünglich im Programm stand, sagte der Jungle World: »Ich möchte unbedingt wachrütteln und zum Umdenken anregen, aber nicht auf derselben Bühne mit Verschwörungstheoretikern, die ihre giftigen Thesen auch noch ›Friedensbewegung‹ nennen.«

»Pax Terra Musica« ist nicht der erste Versuch aus diesem Mileu, den Mahnwachen auch mit musikalischen Darbietungen wieder Zulauf zu verschaffen. Im Mai 2016 fand auf dem Berliner Alexanderplatz die Veranstaltung »Voices of Peace« statt, auf der neben der Truther-Band »Die Bandbreite« auch Malte Klingauf mit seiner Gitarre auf der Bühne stand. Im September organisierte Marcel »Wojna« Wojnarowicz von »Die Bandbreite« dann ein »Friedensfest am See« in Fürstenberg an der Havel, an dem etwa 200 Menschen teilnahmen.

Zusätzlich zu den Auftritten diverser Szenemusiker, die nun auch für »Pax Terra Musica« vorgesehen sind, fand dort eine Podiumsdiskussion statt, an der neben »Wojna« auch Lars Mährholz, der Initiator der Berliner Mahnwachen, und Rico Albrecht von der »Wissensmanufaktur« teilnahmen. Bei dieser handelt es sich um einen Zusammenschluss, der sich in Publikationen auf das antisemitische »Manifest zur Brechung der Zinsknechtschaft« von Gottfried Feder bezieht. Moderiert wurde das Gespräch von Michael Friedrich Vogt von »Quer-Denken.TV«. Unter den Besuchern des »Friedensfestes« befand sich auch Klingauf.

Gut möglich also, dass er sich von dieser Veranstaltung inspiriert fühlte und mit dem »Pax Terra Musica« nun versucht, das Konzept zu professionalisieren und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Auf Facebook wird das Festival als »das größte Vernetzungstreffen der deutschen Friedensbewegung in diesem Jahr« angepriesen.

Mit Verschwörungsideologen und Rechtsextremen wollen die Veranstalter von »Pax Terra Musica« offiziell nichts zu tun haben. »Sollten wir im Nachhinein von eindeutig rassistischen, faschistischen oder menschenverachtenden Aussagen der Beteiligten erfahren, werden wir uns auch wieder von ihnen trennen«, heißt es auf der Homepage. Wie diese Aussage mit dem Festivalprogramm zusammenpasst, bleibt das Geheimnis der Organisatoren.