Die Korruption im Iran ist eng mit dem staatlichen Erdölhandel verbunden

Iranischer Embargobruch

Seite 2 – Der türkische Goldskandal ist ein iranischer Ölskandal

 

Zum Prozess gegen Zanjani kam es wegen aufsehenerregender Ereignisse im Nachbarland Türkei. Ende 2013 hatte die Istanbuler Justiz mit einer Razzia gegen den Goldhändler Reza Zarrab dort für eine Regierungskrise gesorgt. Zarrab hatte von den Erlösen aus Zanjanis klandestinen Ölgeschäften tonnenweise Gold erworben, das er in den Iran transferierte. Um diese Geschäfte, mit denen die Sanktionen gegen den Iran lange Zeit erfolgreich unterlaufen ­werden konnten, zu ermöglichen, ließ er türkischen Regierungsmitgliedern angeblich insgesamt 50 Millionen ­US-Dollar zukommen. Allen Anstrengungen des heutigen Präsidenten ­Recep Tayyip Erdo­ğan zum Trotz, die Nachstellungen der Justiz zu ersticken, kam es im Dezember 2017 zu einem Prozess in New York, bei dem sich Zarrab schuldig ­bekannte und als Kronzeuge gegen die staatseigene türkische Halkbank aussagte.

Angesichts der Schlagzeilen, die diese Affäre insbesondere wegen der Ver­bindungen zum türkischen Präsidenten und seiner Familie produzierte, gerät leicht in Vergessenheit, dass Zarrab nur als Helfer von Zanjani agierte, dass es sich bei allen Summen, die in diesem Kontext genannt werden, um iranisches Geld handelte und dass Zanjani keinesfalls auf eigene Faust tätig ge­wesen sein kann. Der sogenannte türkische Goldskandal ist de facto ein iranischer Ölskandal. Die Teheraner ­Justiz sah sich also ihrerseits genötigt, sich mit der Angelegenheit zu befassen. Immerhin geht es bei den iranischen Sanktionsverstößen um ganz andere Summen. Zanjani soll in wenigen Jahren mit Öl im Wert von 100 Milliarden US-Dollar gehandelt haben. Und es sieht ganz so aus, als habe die Regierung Rohani große Mühe, den Verbleib dieser Einnahmen, abzüglich der 2,7 Milliarden US-Dollar für Zanjani, vollständig nachzuvollziehen.

Dem iranischen Regime und seinem damaligen Präsidenten Ahmadinejad hat der Geschäftsmann einen bedeutenden Dienst erwiesen. Es ist klar, dass er im Auftrag der Nationalen Iranischen Ölgesellschaft (NIOC) gehandelt hat. Ahmadinejad suchte und fand in ihm einen loyalen Revolutions­gardisten mit kaufmännischem Talent, den er als Schlüsselfigur in einem Netz von Privatpersonen zur verdeckten Fortsetzung der iranischen Öl­exporte einsetzen konnte. Daher verweisen das Verfahren gegen Zanjani und seine drohende Hinrichtung ­immer auch indirekt auf den ehemaligen Präsidenten.

Um sich selbst vor Strafverfolgung zu schützen, wartet Ahmadinejad seinerseits mit diversen Korruptionsvorwürfen gegen den Larijani-Clan, aber auch gegen das Umfeld von Rohani auf. Von Korruptionsvorwürfen bislang unberührt ist Khamenei, der mächtigste und einer der vermögendsten Männer des Landes.

Rohanis Kampfansage an Misswirtschaft und Korruption ist bereits vier Jahre lang uneingelöst geblieben. Zwar sind die Öleinnahmen nach der Aussetzung der Sanktionen erheblich gestiegen, doch der Mehrheit der Bevölkerung sind daraus keine Vorteile entstanden. Im Gegenteil, Rohani kündigte Kürzungen von Sozialausgaben im Budget 2018 an. An der Begünstigung des Klerus und der Revolutionsgarden, der steuerfrei operierenden religiösen Stiftungen und halbstaatlichen Konzerne hat sich nichts geändert. Die erzielten Überschüsse werden für die imperialen Bestrebungen des Regimes in der Region, für Hizbollah und al-Quds-Brigaden, für das Atom- und Raketenprogramm verwendet. Auf der anderen Seite lassen sich die Nöte und Versorgungsengpässe der Bevölkerung nicht mehr mit den »Machenschaften der arroganten Mächte« erklären. Den unter Arbeitslosigkeit, Hungerlöhnen, schlechter medizinischer Versorgung, mangelnden Bildungsangeboten und fehlenden Perspektiven leidenden Menschen wird es zu viel.

Ihre zum Jahreswechsel heftig aufflammenden Proteste wurden vom Regime erneut mit aller Härte unterdrückt. An den Ursachen der Empörung hat sich dadurch nichts geändert. Die Situation schreit nach einer Systemalternative. Doch die oppositionellen Kräfte benötigen Zeit, Ressourcen, Unterstützung und Weisheit, um es mit den Revolutionsgarden aufnehmen zu ­können.