Rechte Pseudogewerkschaften tragen die Politik der AfD in die Betriebe

Vom Parlament in die Betriebe

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17 der 19 Mandate für rechte Betriebsräte entfallen auf die Automobilindustrie. Hinzu kommen zwei Mandate beim Motorsägenhersteller Stihl in Waiblingen. Dort gelang es der rechten Liste »Mut zur Veränderung«, in den Betriebsrat einzuziehen. Die ­Behauptung, »quer durch alle Branchen« vertreten zu sein, scheint also eher Wunschdenken der Rechten zu sein. Um ihre Ergebnisse aufzupeppen, scheuen sie auch vor Falschmeldungen nicht zurück. So behauptet »Ein Prozent«, im von Schließung bedrohten Görlitzer Siemens-Turbinenwerk ­seien zwei rechte Kandidaten in den Betriebsrat gewählt worden. Die IG ­Metall widerspricht: »In Wahrheit gab es dort gar keine rechtspopulistische Liste«, sämtliche Mandate seien an die IG Metall gegangen, heißt es in einer Pressemitteilung.

Die Gewerkschaften geben sich angesichts des begrenzten Erfolgs der ­extrem rechten Listen betont gelassen. Diese hätten zwar »hohe Aufmerk­samkeit in den Medien erreicht – aber keine nennenswerten Erfolge in den Betrieben«, heißt es etwa in einer Stellungnahme der IG Metall zu den Betriebsratswahlen. Auch der DGB-­Bundesvorsitzende Reiner Hoffmann warnt davor, die gegenwärtigen Ver­suche einzelner rechter Gruppierungen in die Betriebsräte einzuziehen, auf­zubauschen. »Die werden sonst dadurch aufgewertet«, so Hoffmann.

Dass es jedoch ein Fehler wäre, die betrieblichen Aktivitäten von rechts­außen zu unterschätzen, zeigt sich nicht zuletzt am Beispiel des Daimler-Werks Untertürkheim. Gelang es ­»Zentrum Automobil« dort 2010 mit zwei Kan­didaten in den Betriebsrat einzuziehen, waren es bei der darauf­folgenden Wahl bereits vier. Diesmal konnte Hilburgers Liste 13,2 Prozent der Stimmen gewinnen. Immer mehr kristallisiert sich eine Arbeitsteilung in der extremen Rechten heraus. Während die AfD als parlamentarischer Arm agiert, sollen »Zentrum Automobil« und dessen Bündnispartner derjenige im Betrieb sein. ­Angesichts der hohen Zustimmungswerte, die die AfD gerade im klassischen Arbeitermilieu ­genießt, könnte diese Strategie langfristig durchaus Wirkung entfalten. ­Immerhin fällt die Agitation der AfD auch unter Gewerkschaftern auf fruchtbaren Boden – bei der Bundestagswahl im September gaben 15 Prozent der Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen der AfD ihre Stimme, in den ostdeutschen Bundesländern waren es sogar 22 Prozent.

Bei der diesjährigen Betriebsratswahl konzentrierten sich die Aktivitäten der extrem rechten Listen zwar noch auf die Automobilindustrie. Bei den nächsten Wahlen könnten jedoch auch andere Branchen in den Fokus rücken. So gründete sich kurz vor den ­Betriebsratswahlen bei der für die Sicherheit am Hamburger Flughafen ­zuständigen Firma Isec die »Dienstleistungsgewerkschaft Luft Verkehr ­Sicherheit« (DGLVS). Initiiert wurde die Gründung vom AfD-Politiker ­Robert Buck, der auch als stellvertretender Bundessprecher der AfD-Arbeitnehmerorganisation »Arbeitnehmer in der AfD« (AIDA) fungiert. Zur Teilnahme an den Betriebsratswahlen wurde sie ­jedoch gar nicht erst zugelassen. Der für die An­nahme zuständige Wahlvorstand lehnte die Vorschlagsliste der DGLVS mit der Begründung ab, die DGLVS sei keine Gewerkschaft nach den Kriterien des Betriebsverfassungsgesetzes und dürfe deshalb ­keinen Wahlvorschlag einreichen. Dieses Vorgehen wurde auch von der für den Bereich zuständigen Gewerkschaft Verdi unterstützt. »Wir begrüßen die Entscheidung des Wahlvorstandes ausdrücklich«, so Peter Bremme von ­Verdi Hamburg. »Zu einer Gewerkschaft gehören mehr als eine Satzung und ein paar Parolen. Der Wahlvorstand hat das erkannt und wir hoffen, dass der Spuk damit bei dieser Betriebsratswahl ein Ende hat. Darüber hinaus ist für uns klar, dass Gewerkschaft nur funktioniert, wenn es ein Miteinander der Beschäftigten gibt. Rassistische und ausländerfeindliche Inhalte haben da nichts zu suchen.«