Nazis demonstrierten für die inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck

Notorisch hinter Gittern

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Die 1928 geborene Haverbeck gehört der Generation an, die den Nationalsozialismus noch miterlebt hat. Haverbeck ist Antisemitin und spricht die komplette Palette der extrem rechten Ideologie offen aus. Daher wundert es nicht, dass die neonazistische Kleinpartei »Die Rechte« Haverbeck wenige Wochen vor ihrer Inhaftierung zu ihrer Spitzenkandidatin für die Europawahl im kommenden Jahr kürte. Es ­waren auch Funktionäre von »Die Rechte«, die den Aufmarsch vor der Bielefelder JVA organisiert hatten. Technik und Anmeldung wurden, wie bei Nazikundgebungen in Nordrhein-Westfalen üblich, vom Dortmunder Kreisverband um Michael Brück gestellt. Auch versammelte sich großteils das für derartige Aufmärsche übliche Publikum. Dazu kamen allerdings viele Personen aus geschichtsrevisionis­tischen Kreisen und Anhänger von stramm völkischen Organisationen. Das sorgte für durchaus kuriose Bilder.

Frauen und Männer in Outfits, die eher an die dreißiger Jahre erinnerten, standen Seite an Seite mit Neonazis, die Glatze, Bomberjacke und martia­lische T-Shirts trugen. Vor Beginn des Marschs durch den ländlichen Vorort flocht ein junger Mann aus dem völkisch-traditionalistischen Lager in einer Wiese kniend einen kleinen Kranz. Der blonden Maid, der er den Kranz zugedacht hatte, war er dann allerdings zu klein.

In der ruralen Idylle vor der JVA lauschten die Haverbeck-Fans Reden des früheren NPD-Funktionärs Thomas »Steiner« Wulff, dem aus der Schweiz stammenden Holocaustleugner Bernhard Schaub und von Nikolai Nerling, der sich als selbsternannter »Volkslehrer« auf Youtube einen Namen gemacht hat. Wulff erzählte einen Schwank aus seiner Jugend, in der auch er »Fragen« gestellt habe. Welche Fragen? Das machte er mit seinem ­T-Shirt deutlich, auf dem die Silhouette des KZ Auschwitz und darunter die Aufschrift »Ich habe da eine Frage« zu sehen war, was Zweifel an der Existenz der Gaskammern andeuten soll. Deutlicher musste Wulff nicht werden, das Publikum verstand, was gemeint war.

Schaub griff auf die Thesen früher Holocaustleugner wie Paul Rassinier zurück und sprach über »Tatsachen«, die 1946 von den Allierten festgelegt worden seien. Nerling, der aus dem verschwörungsideologischen Milieu kommt, sprach darüber, wie hart der Kampf für »die Wahrheit« sei und wie wohl er sich unter den Nazis fühle. Nerling zeigte sich rhetorisch geschickter als die üblichen Naziredner. Er ­erzielt auch mit seinen Videos viel höhere Reichweiten als diese. Das scheinen auch die Nazis erkannt zu haben, sie beginnen, Nerling in ihre Strukturen einzubinden. Erste Erfolge hatten sie damit in Bielefeld. Einige Teilnehmer der Kundgebung kamen nur, um mit dem antisemitischen Youtuber zu sprechen.