Rechte Polemik gegen Klimaschutz

Erst Greta, dann Ceta

In Frankreich haben rechte Parlamentarier gegen den Auftritt Greta Thunbergs in der Nationalversammlung protestiert.

Das Thema passte zum Wetter. Am Dienstagvormittag voriger Woche hatten sich 170 Abgeordnete der französischen Nationalversammlung im Saal »Victor Hugo« des Parlamentsgebäudes eingefunden, um das Thema Klimaerwärmung zu diskutieren. Eingeladen waren zudem die Schwedin Greta Thunberg, die die »Fridays for Future«-Bewegung inspirierte, sowie die fran­zösische Klimaforscherin Valérie Masson-Delmotte, die unter anderem ­Co-Vorsitzende des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ist.

Für viele Rechte ist der Klimaschutz nur ein Vorwand der »globalistischen Eliten«, die Europäer finanziell auszunehmen und ihnen Klimaflüchtlinge aufzuhalsen.

Draußen herrschten Temperaturen von fast 40 Grad Celsius, als im Saal die Aussprache eröffnet wurde. Die Hitze, die mehrere Tage lang vor allem in Nord- und Zentralfrankreich anhielt und in 70 Prozent des Staatsgebiets zeitweise zu Temperaturen über 40 Grad Celsius im Schatten führte, trug mit dazu bei, dass die Klimaveränderung Tagesgespräch war. In mehreren Städten gab es Temperaturrekorde mit dem jeweils wärmsten Tag seit Beginn der Aufzeichnungen.
Vor allem die Einladung Thunbergs zur Aussprache in der Nationalversammlung gefiel der französischen Rechten nicht. Abgeordnete der rechtskonservativen Partei Les Républicains (LR) sowie des rechtsextremen Rassemblement National (RN) hatten zuvor vergebens gefordert, diese zurückzuziehen. Die Einladung ging auf die zum Klimaschutz arbeitende, überparteiliche 162köpfige Abgeordnetengruppe »Accélérons« (lasst uns beschleunigen) zurück.

Viele Rechte, von extrem bis bürgerlich, sind der Ansicht, Umwelt- wie Klimaschutz seien nur weitere Vorwände der »globalistischen Eliten«, um Menschen mit »europäischem Lebensstil« einmal mehr zu belästigen, sie finanziell auszunehmen und ihnen Klimaflüchtlinge aufzuhalsen. Der Abgeordnete Guillaume Larrivé (LR) sprach von »apokalyptischen Gurus«, zu denen er Thunberg zählte, sein Parteikollege Julien Aubert von einer »Prophetin in kurzen Hosen«. Sébastien Chenu, Abgeordneter und Parteisprecher des RN und ehemaliges LR-Mitglied, meinte, Klima- und sonstige Politik seien ein zu ernstes Geschäft, um es jungen Mädchen zu überlassen, und bei einer dafür bestimmten »Elite« doch viel besser aufgehoben. Er behauptete, dass »Kinder benutzt werden, um eine Botschaft zu transportieren«, und dass es lächerlich sei, »wenn eine 16jährige dazu aufruft, die Schule zu bestreiken, um für das Klima zu demonstrieren«. Die Öffentlichkeit lebe in einer »Diktatur der permanenten Emotion, die, vor allem wenn sie sich auf Kinder stützt, eine neue Form des Totalitarismus darstellt«, so Chenu.

Merkwürdiger Widerspruch

Mit dieser elitären Konzeption von Politik kam Chenu in der breiten Öffentlichkeit nicht unbedingt gut an. Politisch intelligenter war sein Hinweis darauf, dass es einen Widerspruch darstelle, wenn die Abgeordneten am Vormittag Thunberg empfangen und am Nachmittag – wie geschehen – dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA, Comprehensive Economic and Trade Agreement) zustimmen. Dieses sorgt für verstärkten interkontinentalen Warentransport und dadurch für mehr ökologische und klimatische Schäden; zudem kommen in Kanada, etwa in der Fleischproduktion, Mittel zum Einsatz, die in der EU ­verboten sind.

Diesen Widerspruch benannte nicht nur Chenu, auch wenn er durch das ­Gepolter rund um die geforderte Ausladung Thunbergs besonders oft zitiert wurde. Alle Oppositionsparteien auf der Linken wie auf der Rechten wiesen ­darauf hin. Die Wochenzeitung Le Canard enchaîné widmete dieser Kritik gar am 24. Juli eine Titelseite.

Neun Abgeordnete der wirtschaftsliberalen Regierungspartei La République en Marche (LREM) stimmten schließlich gegen die Rati­fizierung des CETA, 52 weitere enthielten sich. Rechnet man jene hinzu, die bei der Abstimmung fehlten, verweigerte knapp ein Viertel der LREM-Fraktion in dieser Frage Präsident Emmanuel Macron die Gefolgschaft.

Dass man zwischen CETA und Greta unterscheiden müsste, war in der französischen Öffentlichkeit eine weit verbreitete Meinung. Thunberg antwortete auf die Nachfrage eines linken Abgeordneten bei ihrem Empfang, sie habe zu dem Freihandelsabkommen keine Meinung.