Genau an diesem Ort
Verweise auf die Verteidigungskriege gegen die Nachbarstaaten, in denen es um die Existenz Israels ging, finden sich auf den Bildern selten. Das verwundert, denn diese sind eigentlich von Anfang an Teil der israelischen Erfahrung und führten im Falle des Unabhängigkeitskriegs von 1948 auch dazu, dass viele arabische Bewohner Palästinas flohen oder vertrieben wurden. Israel, das war in Weissensteins Fotos vor allem ein Wunder, das, frei nach Theodor Herzl, kein Märchen blieb.
Fotografie als Geschichtsschreibung kann man kritisieren, denn sie ist lückenhaft und ungenau. Doch Weissenstein war kein Historiker. Von seinem Werk in erster Linie dokumentarische Authentizität zu erwarten, würde den eigenständigen ästhetischen Wert der Fotos ausblenden: ihre feinsinnige Komposition und die in zahlreichen Motiven zu findende Situationskomik. Gleichwohl verweisen einige Fotos auf das zeitgeschichtliche Geschehen.
Eine Ausstellung in der Villa Grisebach in Berlin bildet diese Dimensionen von Weissensteins Werk ab.
Zu sehen ist eine Auswahl von 47 Fotografien aus dem etwa eine Million Negative umfassenden Weissenstein-Archiv, das derzeit von der Israelischen Nationalbibliothek digitalisiert wird. Dazu kommen zehn Aufnahmen, die Weissenstein als Hausfotograf des Israel Philharmonic Orchestra in Tel Aviv gemacht und wie Autogrammkarten gesammelt hatte. Arthur Rubinstein, Yehudi Menuhin, Leonard Bernstein oder auch Kurt Weill und Arturo Toscanini sind darauf zu sehen, teils während der Konzerte in Aktion und oft in wenig vorteilhaften Posen. »Meine größten Erfolge« nannte Weissenstein diese mit persönlichen Widmungen versehene Sammlung.