Vor 40 Jahren endete der Falkland-Krieg zwischen Argentinien und Großbritannien

Zwei Kahle und ein Kamm

Vor 40 Jahren endete der Krieg um die Falklandinseln zwischen dem Vereinigten Königreich und Argentinien. Der Sieg sicherte der britischen Premierministerin Margaret Thatcher den Wahlerfolg, in Argentinien läutete die Niederlage das Ende der Diktatur ein.

Am Morgen des 3. April 1982 mussten zahlreiche Briten erst einmal einen Atlas aufschlagen. Am Tag zuvor hatten argentinische Truppen die unter britischer Kontrolle stehenden Falklandinseln – auf Spanisch Islas Malvinas genannt – besetzt. 12 000 Kilometer von Großbritannien entfernt, bewohnt von 1 000 Menschen, 400 000 Schafen und etwa einer Million Pinguinen, ­beschützt von 68 Soldaten, waren die Falklandinseln nicht gerade das wichtigste Überseegebiet der Monarchie – und entsprechend unbekannt.

Den Befehl zur Invasion hatte die in Argentinien seit 1976 herrschende Militärjunta gegeben. Leopoldo Galtieri, der als Präsident amtierende General, ging davon aus, dass das Vereinigte Königreich kein ausreichendes Interesse an dem Haufen kaum bewohnter Felsen im Südatlantik hätte, um die Inseln militärisch zu verteidigen. Eine, wie sich herausstellen sollte, schwerwiegende Fehleinschätzung.

 Bei einem Referendum im Jahr 2013 stimmten lediglich drei Bewohner gegen einen Verbleib beim Vereinigten Königreich.

Der Krieg, der mit der argentinischen Invasion am 2. April begann, löste zwar, wie von der Junta erhofft, in Argentinien einen Sturm patriotischer Begeisterung aus. Doch was dort von ökonomischen Problemen ablenken und den Fortbestand der Diktatur sichern sollte, kam auch der britischen Premierministerin Margaret Thatcher gelegen: Auch sie kämpfte gegen eine lahmende Wirtschaft und steuerte auf eine Wahl mit unsicherem Ausgang im darauffolgenden Jahr zu.

In ihrem Kabinett konnte sie rasch Unterstützung für ein hartes militärisches Vorgehen gewinnen. Der UN-Sicherheitsrat und die meisten Staaten verurteilten die Invasion, auch Galtieris Hoffnung auf Unterstützung aus den USA ging nicht auf. Dass er dachte, diese würden sich gegen einen Nato-Partner wenden – in einer Zeit wachsender Spannungen im Kalten Krieg –, zeugt von der erstaunlichen Inkompetenz der militärischen Führung Argentiniens.

Die militärischen Vorgänge sind schnell erzählt. Die anfangs rund 600 argentinischen Soldaten besetzten die Inseln und deren Hauptstadt Stanley zunächst problemlos. Am 5. April entsandte das Vereinigte Königreich über 100 Schiffe, darunter zwei Flugzeugträger, in den Südatlantik. Dabei wurden die Chancen zur Rückeroberung als schlecht eingeschätzt. Dass die britische Flotte gegen die argentinische Luftwaffe keine Chance habe, glaubten auch einige US-amerikanische Experten.

Anfang Mai kam es zu den ersten heftigen Kampfhandlungen. Gegen die britischen Atom-U-Boote konnten die Argentinier wenig ausrichten, der argentinische Kreuzer ARA »General Belgrano« wurde versenkt. Doch die argentinische Luftwaffe blieb gefährlich, sie versenkte den Zerstörer HMS »Sheffield« und beschädigte den Flugzeugträger HMS »Invincible«. Ende Mai gelang es den Briten, einen Brückenkopf auf den Inselgruppe einzurichten, und bald offenbarte sich die entscheidende Schwäche der Argentinier: Die britischen Spezialeinheiten trafen auf schlecht ausgebildete, nur unter Zwang eingezogene, sehr junge Männer mit unzureichender Ausrüstung, die sich in der windumtosten Kälte in den Schützengräben die Zehen abfroren. Nachdem die Briten ihre Positionen gesichert hatten, begann am 11. Juni mit etwa 8 000 Soldaten die Rückeroberung von Stanley; am 14. Juni kapitulierten die auf den Inseln stationierten argentinischen Streitkräfte. Am Ende hatte die argentinische Seite etwa 650 Tote und über 1 600 Verletzte zu beklagen, die britische knapp 260 Gefallene und etwa 780 Verwundete. Am 20. Juni erklärte das Vereinigte Königreich die Feindseligkeiten einseitig für beendet. Zu dem Zeitpunkt war Galtieri bereits zurückgetreten, auch die Tage der Diktatur waren gezählt.

Im Jahr darauf leitete die Junta einen Demokratisierungsprozess ein, 1984 gab es freie Wahlen. Das Militär, das seit 1930 immer wieder geputscht hatte, war so geschwächt, dass es kaum Einfluss auf die Demokratisierung nehmen konnte, anders als es beispielsweise später in Chile oder auch zehn Jahre zuvor in Spanien der Fall war. Die folgende Aufarbeitung der Verbrechen der Diktatur verlief zwar nicht geradlinig, aber konsequenter als in allen anderen Ländern Lateinamerikas. So starb der erste Diktator der ab 1976 regierenden Junta, Jorge Rafael Videla, 2013 im Gefängnis.

Margaret Thatcher konnte indes angesichts einer patriotischen Aufwallung den Wahlen gelassen entgegensehen. Der Sieg hatte große Symbolkraft: Das zerfallene Empire konnte hier noch einmal Stärke und Größe demonstrieren.

Argentinien rückte trotz des verlorenen Kriegs keinen Millimeter von seinen Gebietsansprüchen ab. Weil der argentinische Kommandeur den Waffenstillstand – der de facto eine Kapitulation war – auf den Inseln ohne Zustimmung oder Beteiligung seiner Regierung aushandelte und sich damit dem von Galtieri ausgegebenen Befehl zur Gegenoffensive widersetzte, sieht sich der Staat bis heute als unbesiegt an. Schon im Oktober 1982 erneuerte die Regierung ihre Ansprüche auf die Inselgruppe vor den Vereinten Nationen.

Vielen Zeitgenossen mutete der Krieg, ungeachtet der strategischen Bedeutung der Inseln und vermuteter unterseeischer Rohstoffvorkommen, grotesk an. Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges brachte die Sinnlosigkeit der Auseinandersetzung so auf den Punkt: »Das sind zwei Kahle, die um einen Kamm streiten.« Doch während heutzutage die jüngeren Briten wahrscheinlich wieder eine Karte konsultieren müssten, um die Falklandinseln zu verorten, haben in Argentinien auch die demokratischen Regierungen dafür gesorgt, dass die Islas Malvinas nicht vergessen werden. Jede offizielle Karte verzeichnet sie, Südgeorgien und die südlichen Sandwichinseln – beide ebenfalls britische Überseegebiete – als Bestandteile des argentinischen Territoriums, genauso wie einen Teil der Antarktis. Die südlichste Provinz des Landes heißt entsprechend offiziell Tierra del Fuego, Antártida e Islas del Atlántico Sur: Feuerland, Antarktis und südatlantische Inseln.

In Río Gallegos, der Hauptstadt der etwas nördlicher gelegenen argentinischen Provinz Santa Cruz, finden regelmäßig inszenierte Nachstellungen der Eroberung der Inseln statt, so auch dieses Jahr anlässlich des 40. Jahrestags. Río Gallegos war im Krieg von großer Bedeutung. Von hier startete die argentinische Luftwaffe ihre Angriffe auf die britische Marine, aus Angst vor Vergeltung gab es auch Verdunklungsanordnungen. Die Nähe zum Kriegsgeschehen hat die Erinnerung besonders wachgehalten.

Auf den Inseln selbst hatte der Krieg eine Zunahme der britischen Kontrolle und der Bindung der Inselbewohner an die Metropole zur Folge. Seither sind die Inseln nicht nur besser beschützt, sondern werden auch stärker gefördert. Die Einwohner bekamen 1983 die britische Staatsbürgerschaft; ihre Zahl ist heute doppelt so hoch wie damals. Bei einem Referendum im Jahr 2013 stimmten lediglich drei Bewohner gegen einen Verbleib beim Vereinigten Königreich.

Wem die Malwinen tatsächlich gehören oder gehören sollten, ist alles andere als eine einfache Frage. De facto kontrolliert das Vereinigte Königreich die Inseln seit 1833. Die Bewohner bekennen sich wie gesagt zum Königreich, doch wurden die meisten von ihnen dort gezielt angesiedelt, womit ihre Selbstauskunft an Gewicht verliert.

Wer die ursprünglich unbewohnten Inseln entdeckt hat, ist unklar. Sie wurden von verschiedenen Kolonialmächten beansprucht und besiedelt. Zwar gehörten sie ab 1774 zum spanischen Kolonialreich, dieses verließ die Inseln jedoch 1811 aufgrund der napoleonischen Kriege und der südamerikanischen Unabhängigkeitskriege. Der britischen Übernahme der Inseln 1833 hatten das inzwischen unabhängige Argentinien, das sich selber erst in den sechziger Jahren des Jahrhunderts politisch und territorial stabilisierte, außer Protest nichts entgegenzusetzen.

Dass sich der Status quo in absehbarer Zeit ändert, ist sehr unwahrscheinlich. Zu eindeutig sind die Kräfteverhältnisse, zu machtlos die Vereinten Nationen, die beide Länder immer wieder zu Verhandlungen auffordern. Möglicherweise ist das Interesse an einer Veränderung allerdings nicht einmal in Argentinien besonders groß, schließlich erfüllt die Malwinen-Frage verlässlich die Rolle, in der sie für die Militärs einst versagte: als patriotischer Joker für Regierungen, die ansonsten zu viele Probleme haben. Und das funktioniert eben am besten, wenn eine Klärung aussichtslos ist.