Ein Besuch im Autonomen Zentrum KTS in Freiburg im Breisgau, das kürzlich besetzt wurde

Ausgeschlossene Macker

Das Autonome Zentrum KTS in Freiburg im Breisgau wurde besetzt.
Raucherecke Von

Ungeheures scheint sich in der alternativen Hochburg Freiburg im Breisgau abzuspielen, zumindest wenn man einem Anfang Juli veröffentlichen Bericht auf der Website des Autonomen Zentrums KTS glaubt. In dramatischen Details wird dort ein angeblicher Angriff auf das Haus geschildert. Es habe einen »massiven Pfeffersprayeinsatz« und »äußerst gefährliche Gewaltanwendung« gegeben.

Es sei der unbedarften Beobachterin verziehen, dass sie dabei zunächst an einen Nazi-Angriff dachte. Nazis hatten allerdings nichts damit zu tun. Auch die Polizei, deren im Zuge der Abschaltung der Website »Indymedia linksunten« durchgeführte Razzia in der KTS 2017 immerhin bundesweit für Aufregung gesorgt hatte, war dieses Mal nicht verantwortlich. Allerdings wird den angeblichen Täterinnen »die Reproduktion von Polizeimethoden« sowie »massive Hetze und kontinuierlicher Rufmord« vorge­worfen. Am Ende des Textes wird klar: Die Täter sollen andere Linke sein.

Es gibt sogar ein, wenn man so will, Bekennerschreiben. Unter der Überschrift »Wir sind dann mal da« stellt sich die Gruppe Kats auf einer neu eingerichteten Website vor: »Wir sind eine Gruppe von Menschen aus der KTS und der linksradikalen Szene in Freiburg, die sich zur Aufgabe gemacht haben, den Prozess einer Umgestaltung der KTS anzustoßen, damit das Haus wieder den Ansprüchen hierarchiearmer Selbstverwaltung gerecht werden kann.«

Diese Gruppe hat am Morgen des 9. Juli die KTS in Beschlag genommen, die Schlösser ausgetauscht und wohl die Verfasser des oben erwähnten Berichts aus dem Haus geschmissen. In einer weiteren Stellungnahme beklagt die Gruppe, die sich des Hauses bemächtigt hatte, sexistische und rassistische Vorfälle, deren Aufarbeitung »von Einzelpersonen aus dem Haus konsequent verhindert« worden sei. Die Hauptkritik gilt jedoch »festgefahren Machtstrukturen« und »Mackertum« innerhalb der KTS.

Dass das kein neues Problem ist, hat der Szenetratsch bereits in den vergangenen Jahren auch aus dem Südwesten hinausgetragen: Immer wieder haben Gruppen, die in dem Autonomen Zentrum organisiert waren, deshalb die Auseinandersetzung gesucht und ­haben letztlich aus Protest das Haus verlassen. Gebracht hat es nichts und nun kam es wohl zum großen Knall. Dazu heißt es in der Stellungnahme, dass »immer wieder versucht« worden sei, »im Mitein­ander die Strukturen zu verbessern und hierarchieärmer zu gestalten. All diese Versuche wurden abgeschmettert, sodass jetzt der Ausschluss als letzte Option geblieben ist.«

Mit der Presse reden möchte selbstverständlich keine Konfliktpartei, also schaut man sich das Ganze am besten selbst an. Freitagabend, nach fast einer Woche mit neuen Türschlössern: Das erste Gesamtplenum hat das Projekt hinter sich gebracht, es war wohl sehr voll. Voll ist es auch jetzt auf der improvisierten Tanzfläche vor der KTS. Die Anlage kann was und aus den Boxen dröhnt Techno-Punk aus dem Live-Set eines Freiburger DJs, den der Szeneklatsch wohl eher als »antideutsch« beschreiben würde. Abgemischt wird er von einer Person, die dem Tratsch zufolge eher dem antiim­perialistischen Milieu zuzurechnen ist. Erst später fällt der Blick auf ein Plakat, das unter »Wünsche« verlautbart: »Keine Anti-Ds und Anti-Imps.«

Tja. Aber vielleicht haben diese Etiketten wirklich mal ausgedient. Für diesen Abend auf jeden Fall. Auf der Tanzfläche tummelt sich alles, was die linke Szene der Stadt zu bieten hat. Auch ein paar Szenetouristen aus anderen Städten sind angereist, die sich »mal anschauen wollen, was hier passiert«. Die Stimmung ist ausgelassen, es sind nur strahlende Gesichter zu sehen. Der DJ sagt, dass er nie ­gedacht hätte, noch mal in der KTS spielen zu können, und bedankt sich bei allen Anwesenden. Jubel bricht aus. Während des nächsten Tracks geht hinter dem DJ-Pult die Sonne unter. Noch ein Schluck lauwarmes Bier aus der PKK (»Punker*innenkneipe«) und der ­Gedanke: Harmonie ist zwar immer Betrug, aber in dieser lauen Sommernacht ist einfach alles zu schön, um das nicht mal kurz zu vergessen. Auf die Türschlösser!