Ali Abbasi beugt sich in seinem Film »Holy Spider« den Konventionen des Serienkiller-Genres

Im Auftrag des Allmächtigen

Rund 20 Jahre nach der Verurteilung des Frauenmörders Saeed Hanaei im Iran bringt Ali Abbasi den aufsehenerregenden Kriminalfall auf die Kinoleinwand. Der Film »Holy Spider«, der bei den Filmfestspielen in Cannes uraufgeführt wurde, läuft jetzt in deutschen Kinos an. Leider unterwirft er sich den Genreregeln, anstatt sich auf die Geschichte einzulassen.

Eine junge Frau macht sich abends in einer beengten Wohnung vor dem Spiegel zurecht. Ihr Körper ist von Blessuren gezeichnet. Für einen kurzen Moment setzt sie sich ans Bett ihres schlafenden Kindes, verabschiedet sich mit einem Kuss und verschwindet in der Dunkelheit. Somayeh (Alice Rahimi) arbeitet als Prostituierte und bedient von ihrem angestammten Platz in den Straßen Mash­hads, der zweitgrößten Stadt des Iran, aus ganz unterschiedliche Männer. Ihr erster Kunde ist ein wohl­habender verheirateter Mann, der sie mit zu sich nach Hause nimmt. Im Badezimmer seines Hauses findet sie eine teure Lotion, mit der sie ihre Wunden behandelt, während der Freier schon wütend gegen die Tür klopft. Ihr zweiter Kunde verlangt einen Blowjob in seinem SUV und bezahlt dann nur einen Teil der vereinbarten Summe. Um diese Nächte durchzustehen, raucht sie Opium.

Somayeh wirkt bereits leicht benebelt, als sie auf das Motorrad ihres nächsten Kunden steigt. Dennoch spürt sie eine unterschwellige Gefahr, als der Mann sie nötigt, einen Tschador überzuziehen, angeblich weil seine Nachbarn allzu neugierig sind. Somayeh weigert sich zwar, dem Fremden in seine Wohnung zu folgen, aber da ist es bereits zu spät. Saeed (Mesbah Taleb) überwältigt sie noch auf der Treppe des Hauses, erdrosselt sie mit ihrem eigenen Kopftuch und legt ihren Körper auf einer Brache am Stadtrand ab. Die junge Frau und Mutter ist das neunte Opfer des Mörders, der sich mit Tonbandaufnahmen an die Polizei wendet, um seine wahnhafte Mission zu erklären, und in den Jahren 2000 und 2001 ungehindert töten kann.

Der Film folgt den Konventionen des Serien­killer­films, wenn er beschreibt, in welchem Umfeld der Täter seine Morde begeht. Eindringlich zeigt er, wie die Misogynie und Sexualfeindlichkeit der iranischen Gesellschaft den Nährboden für die erniedrigende Behandlung von Frauen bis hin zu ihrer physischen Auslöschung liefern.

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