Der Bauboom in Indiens Städten belastet die Umwelt

Schlechte Luft, zu wenig Wasser

Das Wachstum der Siedlungen auf dem Subkontinent bringt zahlreiche ökologische Probleme mit sich. Vor allem die Wasserversorgung ist gefährdet.
Reportage Von

»Niemand will hier leben«, sagt der 32jährige Anil. Er wohnt in Gurgaon, einer neugebauten Satellitenstadt am Rand von Delhi. Der IT-Fachmann mit einem abgeschlossenen Master in Wirtschaftsinformatik kam aus dem etwa 2 000 Straßenkilometer entfernten Bundesstaat Assam in die indische Hauptstadtregion. »Zu Hause verdiente ich nur 20 000 Rupien (etwa 220 Euro, Anm. d. Red.) im Monat für einen Arbeitstag von zwölf Stunden. Jetzt sind es 100 000.« Dass Anil und andere junge Kollegen am späten Nachmittag ihren Frühstückstee trinken, liegt an der Zeitzonendifferenz zu den USA, wo die Auftraggeber leben, für die indischen Subunternehmen ­tätig sind, bei denen Anil und die anderen beschäftigt sind.

»Es gibt Nächte, da kommt es mir vor, als lebte ich in New York und Nacht sei Tag, mit so vielen US-Amerikanern, die tagsüber arbeiten, habe ich am Bildschirm zu tun. Doch dann wird mir wieder der Gestank der Luft bewusst«, sagt Anil mit dem typischen Galgenhumor der jungen Generation indischer IT-Fachkräfte, der bewusst ist, dass ihre Fähigkeiten auch locker für eine Beschäftigung in Melbourne, Paris oder New York reichen würden.

An diesem Tag Mitte Februar zeigt die öffentliche Feinstaubtafel knapp 400 Mikrogramm Feinstaub der Partikelgröße PM 2,5, das heißt Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometer, pro Kubikmeter an – die Langzeitbelastung sollte der Welt­gesundheitsorganisation (WHO) zufolge unter fünf Mikrogramm pro Kubikmeter liegen. Wegen der Luftverschmutzung haben die Einwohner der Hauptstadtregion eine fast zehn Jahre niedrigere Lebenserwartung, ihre Kinder wachsen mit kleineren Lungen heran als deren Altersgenossen in der west­lichen Welt.

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