Über die Popularität bildhafter Sprache im Journalismus

Gemischter Metaphernsalat mit Soße

Vor übermäßigem Gebrauch von Bildern wird gewarnt.
Das letzte Wort Von

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, aber zum Glück kann man auch mit Worten Bilder zeichnen. Solche Sprachbilder nennt man Metaphern. Mit ihnen lassen sich wahre Wunderwerke vollbringen, und auch ihre wirtschaftliche Bedeutung ist nicht zu unterschätzen: Käme es jemals zu einer Metaphernknappheit, müsste der deutsche Journalismus wohl sofort seinen Betrieb einstellen, drückt er doch eigentlich alles am liebsten metaphorisch aus, von »Konjunkturmotor« über »Parteienlandschaft« bis zu »Rückendeckung«. Die Metapher ist die eierlegende Wollmilchsau der Sprache und der Schlüssel zum Tor der Garage, in der das Perpetuum mobile der Stilistik steht.

Metaphern machen einen Text anschaulich, heißt es. Vor allem aber ersparen sie es einem, sich mit den lästigen Details eines Sachverhalts auseinanderzusetzen. Wenn man beispielsweise schreibt: »Die Ministerin ruderte zurück«, muss man sich nicht viele Gedanken darüber machen, was sie denn nun gesagt oder getan hat: Hat sie etwas zurückgenommen, relativiert, sich entschuldigt, hat sie ihre Pläne geändert oder nur ihren Tonfall? Seien wir ehrlich: Wer will das so genau wissen? Schon beim Lesen der Frage muss man gähnen.

Nicht zuletzt bietet der Metapherngebrauch dem Stilwillen eine wunderbare Spielwiese.

»Zurückrudern« dagegen klingt lebendig und eingängig. Eine solche Metapher gibt einem das Gefühl, das Wesentliche schon irgendwie erfasst zu haben, auch wenn man gar nicht so recht weiß, was passiert ist. Anstatt das schnöde Geschehen nur zu berichten, vermag eine geeignete Metapher diesem, Neudeutsch gesprochen, einen plot point im Narrativ zuzuweisen. Und nicht zuletzt bietet der Metapherngebrauch dem Stilwillen eine wunderbare Spielwiese.

Doch kaum hat man die Fakten derart übermalt, muss man feststellen, dass die Sprachbilder, mit denen man nun hantiert, nicht weniger widerspenstig sind. Vor allem bei übermäßigem Gebrauch wird aus der metaphorischen Denkerleichterung ein buchstäblicher Schuss in den Ofen, in dem man sich verheddert wie in einem Dschungel, der über den Tellerrand des Verständlichen hinauswächst, bis Stilblüten wie Blei in der Luft liegen. Wer beispielsweise zentrale Eckpunkte formuliert, bringt – geometrisch gesehen – ein Pulverfass zum Überlaufen.

Wenn die stilistische Talfahrt auf ihrem Gipfel ankommt, platzt der selbstgestrickte sprachliche Deckmantel wie ein auf Sand gebautes Luftschloss. Dann erweist sich das Sinnvakuum als nicht tragfähig und fällt in sich zusammen wie ein Eigentor im Kartenhaus. Aber genug – wir wollen nicht länger Salz in die Wunde pfeffern, sonst fluten schiefe Bilder den Text wie ein Lauffeuer mit Rückenwind aus mehreren Richtungen.