Freitag, 03.03.2017 / 20:35 Uhr

Wolken, Könige und neurechte Bewegungen

Von
Felix Henne

Es war ein herzlicher und zugleich informativer Abend im Roten Salon der Volksbühne in Berlin. Bei gedämmten Rotlicht und gelöster Atmosphäre wurden die für den diesjährigen Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse nominierten Bücher von den Autorinnen und Autoren vorgestellt. Im jeweils 20minütigen Gespräch unterhielten sich Svenja Faßpöhler vom Deutschlandradio Kultur und Christian Rabhansl vom Deutschlandfunk mit ihren Gästen. Darunter wurde auch „Die autoritäre Revolte. Die Neue Rechte und der Untergang des Abendlandes“ vorgestellt, das neue Buch von Volker Weiß, der unter anderem für die Jungle World schreibt und dessen Buch am 11. März im Klett-Cotta Verlag erscheint.
Den Anfang machte Leonhard Horowski mit seinem Werk „Das Europa der Könige. Macht und Spiel an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts“.  Hier stehen vor allem die Nebencharaktere dieser Epoche im Mittelpunkt. Im Gespräch erklärte Horowski, viele Namen seien heute nicht mehr bekannt, obwohl diese Menschen zu ihren Lebzeiten ebenso einen Stellenwert hatten wie die bis heute bekannten Protagonisten.
Mit seinem Buch „Siegfried Kracauer. Eine Biographie“ war Jörg Später der zweite Gast des Abends. Neben Beschreibungen aus dem Leben Kracauers, geht es im Buch um die zwischenmenschlichen Beziehungen Kracauers, vor allem  seine Freundschaft zu Theodor W. Adorno, Walter Benjamin und Ernst Bloch. Das Buch ist mehr als nur die chronologische Abhandlung von Kracauers Leben, der bis heute als Ikone des Journalismus und der Kritik gilt, sondern unterrichtet den Leser umfassend über das Leben im 19. Jahrhundert und den damit einhergehenden politischen und gesellschaftlichen Strömungen.
Anknüpfend an das Gespräch über die politischen Strömungen des 19. Jahrhundert bat Christian Rabhansl Volker Weiß auf die Bühne, der in seinem Buch die rechtspolitischen Strömungen des 21. Jahrhunderts analysiert. Weiß, der unter anderem für DIE ZEIT, die Frankfurter Rundschau, die taz und den Spiegel schreibt, gibt in seinem vierten Werk „Die autoritäre Revolte. Die neue Rechte und der Untergang des Abendlandes“ einen differenzierten Blick auf aktuelle rechte Bewegungen. Egal ob Pegida, AfD oder die identitären Bewegungen – Weiß zeigt sowohl deren Ideengeschichte als auch deren Organisationsstrukturen auf. Der Begriff des Abendlandes spielt im Buch eine zentrale Rolle. Im Interview erklärte Weiß die eigentliche Herkunft dieses Begriffs und verwies auf dessen heutige missbräuchliche Verwendung durch rechte Gruppen. 
Als letzten Gast des Abends begrüßte Svenja Faßpöhler den ehemaligen Professor für Anglistik und Amerikanistik der Goethe-Universität in Frankfurt Klaus Reichert mit seinem Buch „Wolkendienst. Figuren des Flüchtigen.“ Der 78Jährige beschreibt das Phänomen der Wolken aus verschiedenen Perspektiven, darunter seiner eigenen als Zeitzeuge des ersten Weltkriegs. Reichert verbrachte seine Kindheit zum Großteil im Atomschutzbunker und erinnert sich deshalb noch sehr gut daran, als er diese faszinierenden Gebilde im Himmel zum ersten Mal erblickte. 
Der letzte Gast des Abends, Barbara Stollberg-Rilinger, konnte zwar nicht anwesend sein, ihr Buch soll aber dennoch kurz erwähnt werden. Das Werk „Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit“ gibt sowohl Einblicke in das Leben der Habsburger Kaiserin als auch in die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts. 
Nach knapp 90 Minuten endete der Abend unter lautem Applaus und vielen lächelnden Gesichtern. Im Anschluss folgten anregende Gespräche und das ein oder andere Glas Wein. Doch einer wollte nicht nur diskutieren, sondern seine Solidarität mit einer derzeit medial präsenten Person bekunden: mit Deniz Yücel. Volker Weiß ließ es sich deshalb nicht nehmen, das durch die Autokorsos bekannt gewordene #FreeDeniz-T-Shirt überzuziehen und damit seine Solidarität zu bekunden.

Nicht nur deshalb, sondern auch wegen seiner Analyse von aktuellen rechten Bewegungen wünschen wir ihm für die Verleihungen des Preises der Leipziger Buchmesse am 23. März 2016 alles erdenklich Gute!

Ein Vorabdruck von Volker Weiß: „Die autoritäre Revolte. Die neue Rechte und der Untergang des Abendlandes“ findet sich in der Ausgabe Nr. 7 der Jungle World (nur Print)