Mittwoch, 22.11.2017 / 18:43 Uhr

K(l)eine Nachhilfestunde

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Wie es ums Wissen deutscher Kommentatoren im Nahen Osten bestellt ist, führt Malte Leming im Tagesspiegel vor. Sein Kommentar lautet: "Assad hat gewonnen" und er möchte, dass man sich damit nun abfinde, Gitgas und Folteropfer hin und her und zum Wiederaufbau schreite. Schließlich wünscht Assad sich das auch, der ja hofft, dass die EU ihm das alles bezahlt. Also: Schwamm drüber, dann sind wir auch eher früher als später die Flüchtlinge wieder los.

Aber  es geht hier nicht um seine Schlussfolgerungen, die so auch alle falsch sind, sondern einfach um Fakten. Die hätte er in ca. 20 Minuten ergoogeln können. So ist es ihm nicht gelungen, im ersten Absatz seines Kommentars, auch nur einen inhaltlich einigermaßen richtigen Satz zu Papier zu bringen.

Da er dazu nicht willens oder in der Lage war, hier eine kleine Nachhilfe bzw., wie man das heute nennt, ein Faktencheck:

„Der Krieg in Syrien ist vorbei, viele Flüchtlinge können bald heimkehren.“

Der Krieg in Syrien ist keineswegs vorbei, September war sogar der blutigste Monat des ganzen Jahres. In den Ghoutas setzte das Regime gerade wieder Chloringas ein, die Vororte Damaskus wurden in der letzten Woche über 200 mal bombardiert. Richtig ist: In vielen Teilen Syriens sind die Kämpfe abgeflaut, vorbei ist der Krieg keineswegs. Und das Regime hat erst jüngst klar gemacht, dass es die meisten Flüchtlinge gar nicht zurück haben will. (Und was, wenn die auch gar nicht in ein Land, in dem Assad und iranische Halsabschneidermilizen das Sagen haben zurück wollen?)

 „Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ist endgültig besiegt, Russland kündigt den Abzug seiner Truppen an.“

Falsch und falsch. Die Terrormiliz IS hat enorme Gebietsverluste hinnehmen müssen, besiegt ist sie keineswegs und die große Frage unter Sicherheitsexperten lautet, wie und ob sie sich neu gruppieren wird. Auf jeden Fall wird der IS auch weiterhin in der Lage sein Terroranschläge durchzuführen und für Angst und Unsicherheit zu sorgen. Viel zu oft schon wurden jihadistische Bewegungen in der Vergangenheit für besiegt erklärt, nur um danach wieder zu erstarken. Nur weil der iranische Präsident nun erklärt, der IS sei besieht, heißt das noch lange nicht viel.

Auch Russland hat schon oft angekündigt, sich zurückziehen zu wollen und es dann nicht getan. Russland will eine Deeskalation – anders als der Iran und Assad. Sollte Russland abziehen, würden die Kämpfe sofort wieder eskalieren.

 "Präsident Baschar al-Assad sitzt fest im Sattel, die USA unter Donald Trump haben die Unterstützung der Rebellen eingestellt und drängen nicht länger darauf, dass Assad zurücktritt."

Assad sitzt nicht fest im Sattel, sondern wird von Russland und dem Iran im Sattel gehalten, solange beide ein Interesse haben, dass er da sitzt. Aus eigener Kraft kann er kaum seinen Palast kontrollieren. Die USA haben keine Syrien-Politik, Außenminster Rex Tillerson allerdings betonte erst jüngst wieder, Assad müsse gehen.

"Die Türkei hat sich Russland und dem Iran angenähert und interessiert sich nur noch für die kurdische Komponente in dem Konflikt."

Falsch. Die Türkei hat die Schirmherrschaft über Idlib übernommen, der letzten von Rebellen fast vollständig kontrollierte Provinz im Nordwesten des Landes.  Sie interessiert sich zweifelsohne auch und vor allem für die kurdische Komponente ist aber in Absprache mit Russland nun Schutzmacht der Rebellengebiete.

"Selbst Saudi-Arabien und Ägypten haben eingesehen, dass Ruhe und Stabilität für die Region wichtiger sind als aussichtslose Kämpfe zum Sturz des Diktators."

Falsch: Ägypten unter Sisi hat die syrischen Rebellen nie unterstützt, Saudi Arabien unternimmt dagegegn gerade alles, damit nicht Ruhe und Stabilität in der Region eintritt, die eine wäre unter Kontrolle und Diktat des Erzfeindes Iran.