Dienstag, 11.06.2019 / 12:53 Uhr

Sudan: Vergewaltigungen als Waffe

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Die Protestbewegung im Sudan war und ist auch vor allem eine von Frauen, die nicht nur gegen die Diktator, sondern Sittenterror auf die Straße gingen.

 

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(Bild: Ala Salah)

 

Die Rache des Systems folgt nun:

Nach der Räumung eines Protestcamps der Opposition vor dem Hauptquartier des sudanesischen Militärs häuften sich Berichte sudanesischer Frauen, die von sexuellem Missbrauch erzählten. Vergewaltigungen sollen auf der Straße stattgefunden haben. 100 Menschen wurden getötet. Diese Gewalt scheint System zu haben. Die Täter sollen Mitglieder einer paramilitärischen Einheit, der "Rapid Support Forces" (RSF), sein. Sie bestehen aus den berüchtigten Dschandschawid-Milizen, die dafür bekannt sind, im Auftrag der Armee aufständische Volksgruppen zu bekämpfen. Die Augenzeugin Nahid Jabrallah sprach im DW-Interview von vergewaltigten Frauen, deren Leichen aus dem Nil geborgen worden sind.  

Die Vergewaltigungswelle der RSF solle Aktivisten und Demonstranten allgemein einschüchtern und betreffe nicht nur Frauen

Seit Mitte Dezember gehen hunderttausende Sudanesen in vielen Orten des Landes auf die Straßen. Mit der Studentin Alaa Salah scheint die friedliche Protestbewegung ihre Symbolfigur gefunden zu haben: Das Bild der weißgekleideten Frau mit den goldenen Ohrringen und einem in die Luft gereckten Zeigefinger ging um die Welt. Die sudanesische Frau ist seit Beginn des Protests präsent. Salah verkörpert den Widerstand gegen das repressive Regime und gleichzeitig den Mut zur Veränderung.

Doch nun möchte man die Frauen stoppen, meint Mayada Habib vom Zentrum für Frauenforschung in Frankreich: "Das Einsetzen von Vergewaltigung als Kriegswaffe gegen Frauen ist in der arabischen Welt seit dem Jahr 2011 weit verbreitet. Vergewaltigungen erfolgen systematisch. In Syrien wurden rund 8000 Frauen vom Assad-Regime festgehalten, gefoltert und missbraucht."

Möglicherweise habe die prominente Rolle der sudanesischen Frau in der Protestbewegung, die zum Rücktritt von Langzeitherrscher Omar Al-Baschir führte, "den Militärrat dazu gebracht, sich an den Frauen zu rächen", erklärt Habib. Die Vergewaltigungswelle der RSF solle Aktivisten und Demonstranten allgemein einschüchtern und betreffe nicht nur Frauen, so die Frauenforscherin.