Montag, 11.03.2024 / 21:44 Uhr

Tribalismus und Armut beeinflussen iranische Wahlen

Von
Gastbeitrag von Farzad Amini

Wählerinnen im Iran, Bildquelle: Tansim

Stammesdenken und die damit einhergehenden starken Emotionen sind bestimmende Merkmale der traditionellen Gesellschaftsstruktur des Irans.

 

Entgegen den Fortschritten bei der Professionalisierung der Regierungsführung diktieren Stammeszugehörigkeiten oft die Wahlergebnisse, beeinflussen die Dynamik bei Wahlen und lassen Fachfragen und Fachwissen zugunsten traditioneller Loyalitäten in den Hintergrund treten.

Das iranische Regime hat lange Zeit Armut und Stammeszugehörigkeit ausgenutzt, um die Wahlteilnehmer zu manipulieren und seine Macht trotz weit verbreiteter Unzufriedenheit durch Zwangstaktiken aufrechtzuerhalten. Stammesdenken bei Parlamentswahlen verschärft die sozialen und geografischen Unterschiede und fördert identitäres Wahlverhalten und Stammeskonkurrenz auf der Straße, welche die Interessen des Regimes begünstigen.

Starke traditionelle Bindungen

In der iranischen Gesellschaft, insbesondere in den ländlichen Gebieten, bestehen weiterhin traditionelle Bindungen, die sich auf die Landwirtschaft und verwandtschaftliche Netzwerke konzentrieren und durch wirtschaftliche Entbehrungen und Untätigkeit der Regierung noch verstärkt werden. Diese Bindungen prägen das Wahlverhalten erheblich, wobei Stammesloyalität oft über allgemeinere Sorgen über das Versagen der Regierung und wirtschaftliche Not gestellt wird.

Das Regime nutzt Clan- und Familienzugehörigkeiten bei der Kandidatenauswahl strategisch aus, wodurch die Bedeutung der Stammeszugehörigkeit bei Wahlen auf allen Ebenen zunimmt. Trotz einer gewissen Skepsis in der gebildeten Schicht beeinflussen ethnische Erwägungen weiterhin die Wahlentscheidungen, wodurch historische Stammesrivalitäten fortbestehen und die Wahlen zu Schlachtfeldern für Stammeskonflikte werden.

Trotz gelegentlicher Maßnahmen gegen den Stimmenkauf begrüßt das Regime jede Beteiligung, die seine Autorität stärkt, und setzt damit einen Kreislauf der Manipulation und Ungerechtigkeit durch die Ausnutzung von Armut und Stammesunterschieden fort.

Letztlich erweisen sich Armut und Stammesdenken als wirksame Instrumente der politischen Manipulation, die es dem Regime ermöglichen, trotz weit verbreiteter Unzufriedenheit die Kontrolle zu behalten. Um diese tief verwurzelten Probleme anzugehen, sind umfassende Reformen erforderlich, die das Wohlergehen aller Bürger in den Vordergrund stellen und über enge Stammesinteressen hinausgehen – Reformen, die innerhalb des Regimes nicht möglich sind und deswegen letztendlich der Ersetzung der Islamischen Republik durch eine demokratische Form der Regierung bedürfen.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch