Das neue Gesetz zur inneren Sicherheit treibt die Militarisierung in Mexiko voran

Die Normalisierung des Ausnahmezustands

Ein neues Gesetz in Mexiko gibt dem Militär polizeiliche Befugnisse. Menschenrechtler und soziale Bewegungen fürchten verschärfte Repression und eine weitere Brutalisierung des Drogenkriegs.

Bereits bei der Verabschiedung kam es zum Eklat. Im Dezember hatten beide Kammern des mexikanischen Parlaments die von Präsident Enrique Peña Nieto und seiner regierenden Partei der Institutionellen Revolution (PRI) eingereichte Vorlage des »Gesetzes zur inneren Sicherheit« angenommen. Die Regierungskoalition hätte keine eigene Mehrheit für das Gesetz gehabt, doch stimmten auch Mitglieder der beiden größten Oppositionsparteien, der konservativen Partei der Nationalen Aktion (PAN) und der sozialdemokratischen Partei der Demokratischen Revolution (PRD), für das Gesetz. Das sorgte bei ­einigen Oppositionellen für Unmut. Nach der Abstimmung kündigte Peña Nieto an, die ­Revision des Obersten Gerichtshofs und die gesetzlich garantierte Klagefrist von 30 Tagen abzuwarten, bevor er das neue Gesetz anwende.

Die Frist ist am 20. Januar abgelaufen. Bis dahin hatten sich die Kontroversen über das Gesetz verschärft. Zuletzt hatte der Oberste Gerichtshof der Klage einer Gemeinderegierung wegen Verfassungswidrigkeit inhaltlich zugestimmt, sie jedoch wegen formeller Fehler abgewiesen.

Kurz vor dem Ablauf der Frist hatten auch 188 Abgeordnete Klage gegen das Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit eingereicht. Doch auch diese Klage dürfte kaum Aussichten auf Erfolg haben, zudem bezieht sie sich nicht auf das Gesetz in seiner Gesamtheit, sondern nur auf bestimmte Artikel. So scheint der weiteren Militarisierung Mexikos nichts mehr im Wege zu ­stehen.

Soldaten »legitime Gewalt« zur Verteidigung der »öffentlichen Sicherheit« anwenden und zu deren Schutz auch geheimdienstlich tätig werden.

Das neue Gesetz erlaubt unter anderem auf ein Jahr befristete Einsätze des Militärs in Gemeinden und Bundesstaaten zur »Kriminalitätsbekämpfung« und »Gefahrenabwehr«, wobei der Präsident die Befristung bei Bedarf verlängern kann.

Hierbei dürfen Soldaten »legitime Gewalt« zur Verteidigung der »öffentlichen Sicherheit« anwenden und zu deren Schutz auch geheimdienstlich tätig werden.
Raúl Benítez Manaut vom Zentrum für Nordamerikaforschung der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko (UNAM) meint jedoch, dass sich durch die neuen gesetzlichen Regelungen »nichts ändern wird«. Obwohl die mexikanische Verfassung den Einsatz des Militärs im Inneren verbietet, seien seit deren Inkrafttreten 1917 abgesehen von der Entsendung mexikanischer Truppen während des Zweiten Weltkrieges bislang alle Einsätze des Militärs inländische gewesen. Letztlich mache das neue Gesetz nur den bisherigen Ausnahmezustand zum Normalzustand.

So übernimmt das Militär schon heute in den Bereichen der Katastrophenhilfe und der inneren Sicherheit weitreichende Aufgaben. Vor allem seit die mexikanischen Kartelle im internationalen Drogenhandel an Bedeutung gewonnen haben, übernehmen Armee und Marine auch polizeiliche Aufgaben.