Montag, 16.09.2024 / 19:54 Uhr

Unzufriedenheit im Iran nimmt weiter zu

Bild: Lars Hanf

Das allgemeine Unbehagen in der Islamischen Republik Iran nimmt wegen der massiven strukturellen und politischen Probleme weiterhin zu.

Aus einer aktuellen Umfrage des Ministeriums für Kultur und islamische Führung geht hervor, dass 92 Prozent der Iraner mit dem derzeitigen Zustand des Landes unzufrieden sind und etwa ein Drittel der Meinung ist, dass die derzeitige Lage nicht reformierbar ist.

Trotz der Wahl von Massud Peseschkian zum neuen iranischen Präsidenten, der im Wahlkampf eine Verbesserung der internationalen Stellung des Irans angekündigt hat, scheint es unwahrscheinlich, dass es zu größeren Veränderungen in der Innen- und Außenpolitik kommen wird, da diese weiterhin vom Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei bestimmt wird. 

Unzufriedenheit und Proteste

Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierungsführung des Landes hat stark zugenommen und ist hauptsächlich auf wirtschaftliche Probleme wie Inflation, Arbeitslosigkeit, weit verbreitete Korruption sowie auf die eingeschränkten sozialen und politischen Freiheiten zurückzuführen. Wirtschaftliche Schwierigkeiten, die zum Teil auf internationale Sanktionen und eine ineffiziente Haushaltsführung zurückzuführen sind, haben sich negativ auf das tägliche Leben vieler Familien ausgewirkt und dazu geführt, dass ein erheblicher Teil von ihnen unterhalb der Armutsgrenze leben muss.

Darüber hinaus wurde die negative Stimmung durch die repressive Politik der Regierung noch verschärft. Das Vertrauen des Staates auf Sicherheitskräfte und repressive Methoden zur Niederschlagung der Proteste hat zu einer Zunahme von Gewalt und Konflikten geführt. Vielen Analysen zufolge wird das Risiko größerer Unruhen und sogar eines sozialen Zusammenbruchs weiterhin steigen, wenn Peseschkian nicht rasch auf diese Bedenken reagiert und die notwendigen Reformen durchführt.

Die Rolle der neuen Regierung 

Mit der Wahl von Massud Peseschkian zum Präsidenten scheint es wie erwartet keine Änderung in der allgemeinen Politik des Landes zu geben. Peseschkian hat in seinen Reden erklärt, seine Minister hätten den »Filter« von Ayatollah Khamenei passiert, was darauf hindeutet, dass der Oberste Führer die Mitglieder und die Politik der neuen Regierung uneingeschränkt billigt. 

In der Außenpolitik stehen Themen wie die Atomverhandlungen und die Aufhebung der Sanktionen weiterhin vor unverändert ernsthaften Herausforderungen, da es an Flexibilität in den Kernbereichen der Politik mangelt und man nicht bereit ist, Kompromisse mit der internationalen Gemeinschaft einzugehen. 

Das Büro des Obersten Führers, das die Hauptpolitik des Landes bestimmt, zeigt keinerlei Anzeichen von Bereitschaft, den Kurs auch nur minimal zu ändern oder einen diplomatischeren Ansatz zur Lösung internationaler Fragen zu wählen. Daher gibt es wenig Hoffnung auf eine Verbesserung der internationalen Beziehungen oder eine Lockerung der Sanktionen, und diese Politik wird wahrscheinlich zu einer weiteren Isolierung des Landes führen.

Wirtschaftliche und soziale Probleme 

Die wirtschaftlichen Probleme des Irans, darunter eine noch nie dagewesene Inflation, eine immer stärker abgewertete Landeswährung, steigende Arbeitslosigkeit und zunehmende strukturelle Korruption sind zu zentralen Quellen der öffentlichen Unzufriedenheit geworden. 

Berichten zufolge hat die Inflation mehr als vierzig Prozent und die Arbeitslosenquote, insbesondere unter der Jugend, ein kritisches Niveau erreicht. Darüber hinaus haben die weit verbreitete Korruption innerhalb der Regierungsinstitutionen und die mangelnde Transparenz bei der Verwaltung der öffentlichen Finanzmittel das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung weiter geschwächt.

Infolge dieser Krisen ist ein großer Teil der Bevölkerung unter die Armutsgrenze gedrängt und der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Gesundheit und Bildung zunehmend eingeschränkt worden. Darüber hinaus haben der drastische Rückgang des Lebensstandards und das Fehlen einer klaren Aussicht auf Besserung zu weit verbreiteter Frustration und Wut geführt. Wenn es der Regierung Peseschkian nicht gelingt, diese Krisen zu bewältigen und die notwendigen Reformen durchzuführen, werden die Unzufriedenheit der Bevölkerung und die sozialen Proteste wahrscheinlich eskalieren.

Verstärkte internationale Isolation 

Die Außenpolitik der Islamischen Republik Iran hat darüber hinaus zu einer verstärkten internationalen Isolation beigetragen. Nach der Wahl von Massud Peseschkian ist zu erwarten, dass die derzeitige Politik fortgesetzt wird. Insbesondere in der Nuklearfrage hält der Iran an seinen Atomprogrammen fest und zeigt keine Bereitschaft, sich auf effektive Verhandlungen zum Abbau der Spannungen mit den westlichen Ländern einzulassen. 

Insgesamt hat die Weigerung der Regierung, internationale Verantwortung zu übernehmen, und das Fehlen eines geeigneten diplomatischen Ansatzes zu anhaltenden oder sogar verschärften internationalen Sanktionen geführt. Diese haben den Iran wirtschaftlich stark unter Druck gesetzt und die Möglichkeiten der Regierung, sich ausreichende finanzielle Mittel zur Bewältigung von Krisen im Land zu beschaffen, erheblich eingeschränkt. Dies wiederum hat die öffentliche Unzufriedenheit geschürt und die internen Krisen verschärft.

Angesichts der obigen Analyse ist zu erwarten, dass die öffentliche Unzufriedenheit und die sozialen Proteste zunehmen werden, wenn keine grundlegenden Änderungen in der Innen- und Außenpolitik vorgenommen werden. Vor allem, wenn die Öffentlichkeit deutlich spürt, dass die Regierung sich weigert, auf ihre Bedürfnisse und Forderungen einzugehen, wird das Risiko eines sozialen Zusammenbruchs und weit verbreiteter Unruhen steigen.

So wird der Iran in Zukunft wahrscheinlich weitere soziale und politische Krisen erleben. Öffentliche Proteste werden aller Wahrscheinlichkeit nach zunehmen, und ohne ernsthafte Reformen und strukturelle Veränderungen bleibt das Risiko eines sozialen Zusammenbruchs und einer Eskalation der Unruhen hoch. 

Es hat den Anschein, dass Politiker und Beamte weiterhin auf Repression setzen werden, anstatt auf die Stimmen der Bevölkerung zu hören und grundlegende Änderungen vorzunehmen. Eine Lösung der Probleme kann letztlich nur mit der Ersetzung der Islamischen Republik durch ein demokratisches System erfolgen, das sich statt um eine islamistische Agenda um die Probleme des Landes und seiner Bevölkerung kümmert.

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch