Küchenmaschine reloaded

Kochen. Jede Zeit hat ihre typische Haushaltsgerätschaft, die viel aussagt über die Gesellschaft, in der sie verwendet wird. In den Siebzigern war es die Tupperdose, in den Achtzigern der Brotbackautomat, in den Neunzigern die Kaffeepadmaschine, die Anfang der nuller Jahre von der Grillstation als Haushaltsfetisch abgelöst wurde. Das must have der mittleren nuller Jahre ist der Thermomix. Eingeweihte sprechen vom TM5, das Gerät ist schließlich das iPhone 6 unter den Küchenmaschinen. Mit der Küchenmaschine, wie sie in vielen deutschen Haushalten irgendwo im Keller rumsteht, hat der Thermomix schon preislich wenig zu tun. Unfassbare 1 100 Euro kostet der digitalisierte Kochtopf, der auch mixen, kneten und rühren kann und für staunenswerte Zeitersparnis beim Kochen sorgen soll. Allerdings nimmt das Studium der Bedienungsanleitung Stunden in Anspruch, später muss das Ding dann regelmäßig programmiert werden, und auch das Säubern dürfte kein Spaß sein. Trotzdem findet das Gerät reißenden Absatz.   her
Das Thema Flüchtlinge
Cannes. Vor der Eröffnung des Filmfestivals hieß es, Cannes wolle sich in seiner 68. Ausgabe politischer zeigen. Und so wurde die Goldene Palme, der wichtigste Preis des Festivals, unter dem Juryvorsitz der Regie-Brüder Ethan und Joel Coen einem Film verliehen, der die europaweit geführte Debatte um Flüchtlingsschicksale berührt: »Dheepan«. Es geht um einen Flüchtling aus Sri Lanka, der versucht, in einem heruntergekommenen Vorort von Paris mit einer falschen Familie ein neues Leben aufzubauen – Verkauf von Rosen und Plastikspielzeug inklusive. Der Regisseur Jacques Audiard war bereits 2009 für sein Drama »Ein Prophet« mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet worden. Die eigentliche Sensation des Festivals war »Saul Fia« (Der Sohn von Saul), das Debüt des ungarischen Regisseurs László Nemes, der zuvor nur Kurzfilme gedreht hatte. Er folgt darin einem Häftling in Auschwitz und geht mit der Kamera so dicht an seinen Protagonisten heran, dass sich das Grauen in seiner Umgebung nur erahnen lässt.   oko
Dabeisein ist alles
Casting. Was das für eine angesagte Party sei, fragt eine junge Frau angesichts der nicht enden wollenden Menschenschlange am Berliner Moritzplatz. Vielleicht ist es eine Ausstellung, sagt ihre Begleiterin. »Nein, das muss etwas anderes sein. Die Leute sind viel zu unterschiedlich.« Tatsächlich hatte eine Casting-Agentur für den Trubel gesorgt, die 1 000 Statisten für die fünfte Staffel von »Homeland« suchte, die demnächst in Berlin gedreht wird: »arabische, türkische, persische, nordafrikanische, syrische, südeuropäische und generell aus dem Mittleren Osten stammende Frauen, Männer und Kinder, gerne auch Männer mit Vollbärten« würden bevorzugt, hieß es in dem Aufruf. Was offensichtlich so gut wie jeden Berliner, sodass und man sich munter einreihte. Für die 85 Euro pro Drehtag? Nein, auf irgendeine Weise dabeizusein, wenn die Lieblingsserie nach Berlin kommt, darum ging es. Und sei es in der Rolle des Abgewiesenen. Faszinierend, welches Mobilisierungspotential davon ausgeht.   oko
Totaldesaster
ESC. Voll abgeschlagen, größte Pleite seit Jahrzehnten und überhaupt, mit leeren Händen dastehend: Deutschland. Sängerin Ann Sophie holt mit »Black Smoke« den letzten Platz beim Eurovision Song Contest. Trotzdem sei es »wundervoll« gewesen, sagt sie, und habe »super viel Spaß gemacht. Aber null Punkte sind halt null Punkte.« Da ist was dran. Zugesehen haben dem spektakulären Finale indes nur wenige, die Quote war mit 8,11 Millionen Zuschauern mager. Den 60. Eurovision Song Contest gewonnen hat Schweden mit dem smarten Måns Zelmerlöw. Sein Song »Heroes« war ja auch wirklich das beste Lied.   oko