US-Einfuhrzölle und Dieselfahrverbote bedrohen das Geschäft der deutschen Automobil­industrie

Mit Vollgas in den Handelskrieg

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Trumps Vorschlag ist jedoch alles andere als ein Friedensangebot. Er ist ein Affront gegen die EU-Kommission, die für Handelsfragen zuständig ist, und gegen die Bundesregierung, die Ansprechpartner der USA in Wirtschaftsangelegenheiten sein müsste. Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles reagierte entsprechend verstimmt. Der Welt am Sonntag sagte sie: »Wenn die amerikanische Regierung mit uns über Zölle reden will, ist das eine Sache zwischen dem Handelsminister in Washington und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Wir sind doch keine Bananenrepublik!«

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt dagegen auf Diplomatie. Sie sagte, sie sei offen für die Abschaffung von Zöllen – aber das müsse im bestehenden Rahmen von EU und WTO geklärt werden. »Das könnte durchaus eine Option sein«, sagte Merkel und verwies auf die Gespräche der EU-Kommission Ende Juli in Washington. Damit konterkariert die Bundeskanzlerin die Absicht, die hinter Trumps Vorschlag steckt. Der US-Präsident will die EU spalten, vor allem Frankreich und Deutschland auseinanderbringen.

Einer fehlte bei dem Tête-à-tête der deutschen Automanager mit dem US-Botschafter: der Vorstandsvorsitzende der Audi AG, Rupert Stadler. Er sitzt wegen der Dieselaffäre in Untersuchungshaft.

Zollfragen liegen in alleiniger Zuständigkeit der EU, Frankreich oder Deutschland alleine können hier nichts ausrichten.
Zudem verbieten es die Regeln der WTO, Zölle einseitig nur für einzelne Länder abzuschaffen. Will die EU Zölle nur den USA und nicht allen Handelspartnern erlassen, muss sie dafür ein Handelsabkommen mit den USA schließen, eine Art Mini-TTIP. Die deutsche Regierung hätte daran großes ­Interesse, die französische aber nicht. Denn die Wirtschaft in Frankreich würde von Zollsenkungen nicht im gleichen Maße profitieren.

Zurzeit sind auf PKW aus den USA in der EU zehn Prozent Zoll fällig, auf solche aus der EU in den Vereinigten Staaten 2,5 Prozent. Auf den ersten Blick erscheinen Trumps Klagen, die USA würden ungerecht behandelt, also berechtigt. Allerdings sind Zölle das Ergebnis langwieriger Verhand­lungen und Gegengeschäfte. Auf Pickups und Trucks zum Beispiel fallen bei Importen in die USA bis zu 25 Prozent Zoll an, bei Einfuhren in die EU nur 14 Prozent. Länder können Zölle nicht nach Belieben festlegen. Die 164 Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) haben sich dafür klare Regeln gegeben. Trump verstößt mit seinen einseitigen Tariferhöhungen auf Importe in die USA gegen diese Regeln.

Die EU, China und andere, die nun mit Gegenzöllen reagieren, bewegen sich im Rahmen des WTO-Regelwerks. Sie wollen die WTO stärken. Trump dagegen will – wie übrigens bereits sein Vorgänger Barack Obama – die WTO schwächen. Das Kalkül: Bei bilateralen Handelsabkommen sind die USA der jeweils stärkere Partner und können ihre Interessen leichter durchsetzen.

Einer fehlte bei dem Tête-à-tête der deutschen Automanager mit dem US-Botschafter: der Vorstandsvorsitzende der Audi AG, Rupert Stadler. Er sitzt wegen der Dieselaffäre in Untersuchungshaft. Gegen etliche weitere Spitzenmanager wird wegen manipulierter Abgaswerte ermittelt. Die Angelegenheit ist für die Branche noch lange nicht ausgestanden. Trumps Handelskrieg trifft sie zu einem ungünstigen Zeitpunkt. In Hamburg sind erste Fahrverbote verhängt worden, wenn auch sehr eingeschränkt, in Stuttgart werden sie wahrscheinlich ab 2019 für ­ältere Dieselfahrzeuge eingeführt. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) geht davon aus, dass auch in etlichen Städten Nordrhein-Westfalens Fahrverbote kommen werden.

Allerdings kaufen in Deutschland Hunderttausende Kunden weiterhin Dieselfahrzeuge. Die Neuzulassungen von PKW sind im ersten Halbjahr um drei Prozent auf 1,84 Millionen gestiegen, immerhin noch ein Drittel davon waren Dieselfahrzeuge. Vor wenigen Jahren noch hatte jeder zweite neu zugelassene PKW einen Dieselmotor. Sollten tatsächlich Fahrverbote durchgesetzt werden, dürfte der Absatz einbrechen – und dann wird sich rächen, dass die deutschen Autohersteller noch immer nicht auf umweltschonendere Produkte wie gute Elektrofahr­zeuge umstellen.