Illegale Pushbacks an der EU-Außengrenze

Europas brutaler Türsteher

Seite 2 – Demonstrationen gegen Geflüchtete

Geht es um Flüchtlingsabwehr in der EU, sieht die Öffentlichkeit derzeit meist nach Italien, wo Matteo Salvini versucht, mit flüchtlingsfeindlicher Politik Ministerpräsident zu werden. Dabei zählten die Internationale Organisation für Migration (IOM) und nationale Behörden in diesem Jahr erst 4.000 irreguläre Ankünfte über den Seeweg nach Italien. Das sehr viel kleinere Bosnien-Herzegowina erreichten in diesem Jahr bereits über 15.500 irreguläre Migranten; die meisten flüchteten aus Pakistan, aber auch aus Syrien, Afghanistan, Marokko und Algerien.

Für viele irreguläre Migranten unüberwindbar. Die grüne Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien nahe Bihać.

Bild:
Krsto Lazarević

Sie gelangen über Serbien und Montenegro nach Bosnien-Herzegowina. Dort werden sie dann vom serbisch dominierten Landesteil, der Republika Srpska, in die bosniakisch-kroatisch dominierte Föderation geschoben. Diese besteht aus zehn verschiedenen Kantonen, aus denen die Menschen teils mit Bussen an die kroatische Grenze in den Kanton Una-Sana gebracht werden. Dort wiederum landen viele der Menschen in Velika Kladuša und Bihać. In diesen beiden Städten stecken die meisten dieser Migranten fest und kommen nicht über die EU-Außengrenze, weil sie immer wieder von der kroatischen Polizei zurückgeprügelt werden.

Von der bosnischen Regierung kamen bislang keine Vorschläge, wie die Lage in der Region zu verbessern sei. Zwischen den Parlamentswahlen im Oktober 2018 und der Regierungsbildung in der vergangenen Woche sind fast zehn Monate vergangen, aber auch jetzt passiert nichts. Man könnte auch sagen, hier werden zwei kleine Städte im vielleicht dysfunktionalsten Staat Europas mit der Versorgung der Menschen im Stich gelassen. Das von der EU bereitgestellte Geld reicht nicht aus, um die Menschen zu versorgen. In den von der IOM verwalteten Camps gibt es 3 200 Plätze – viel zu wenige. Das Straßenbild in Bihać ist geprägt von jungen Männern aus Pakistan und Afghanistan. Nach anfänglicher Solidarität ist die Stimmung in der Stadt umgeschlagen. Es kam zu Antiflüchtlingsdemonstrationen, manche Unternehmer sorgen sich um den Tourismus in der Stadt.

Bürgermeister Fazlić versprach, ein neues Camp außerhalb der Stadt zu errichten, und das tat er auch. Am 13. und 14. Juni wurden Hunderte Menschen, oft gegen ihren Willen, von der bosnischen Polizei aus Bihać abgeholt und in das neu errichtete Camp Vučjak verfrachtet – zehn Kilometer von der Stadt entfernt, nahe der kroatischen Grenze. Das Camp befindet sich auf einer ehemaligen Mülldeponie, ohne fließendes Wasser und Strom, dafür umgeben von Minen, Schlangen und Stechmücken.