Der Historiker Jeffrey Herf über das Verhältnis der DDR zu Israel

Der unerklärte Krieg

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Interview Von

Wie kam es zu dieser umfangreichen Unterstützung von antizionistischen Gruppen und Staaten?
Die Politik der DDR resultierte aus tiefer ideologischer Überzeugung, die ihre Grundlage in einer strikt marxistisch-leninistischen Interpretati­on der Weltpolitik hatte. Dazu kam die Bemühung, Westdeutschland zu bekämpfen, indem man die westdeutsche Unterstützung Israels denunzierte. Dadurch versuchte Ostberlin, sich als das »bessere« – sprich antizionistische – Deutschland zu präsen­tieren.
Die vom sowjetischen Block geleistete Unterstützung der Feinde Israels war Mitte der sechziger Jahre bereits stark und wuchs nach dem Sechstagekrieg 1967 noch einmal drastisch an. Die DDR unterstützte ­Syrien und die PLO bis zu ihrem Ende. Zwischen 1960 und 1989 kam es zu keinen grundlegenden Veränderungen in der israelfeindlichen Politik Ostdeutschlands.

Gab es innerhalb des DDR-Regierungsapparates oder bei der Bevölkerung auch Ablehnung gegen die antizionistische Politik?
Nein, eine bedeutende Opposition gegen die Haltung zu Israel gab es nicht. Die antikosmopolitischen Schau­prozesse von 1949 bis 1956 und vor ­allem die Verhaftung des SED-Politikers Paul Merker 1952 beendeten die letzten Hoffnungen auf eine Unterstützung Israels durch die DDR. Die Frage nach den Auswirkungen der Israel-Feindschaft des Regimes auf die Alltagskultur in der DDR können andere Historiker besser beantworten.
Die Ausstellung und das Buch »Antisemitismus hat es bei uns nicht gegeben« der Amadeu-Antonio-Stiftung zum Beispiel geben hier wich­tige Einsichten. Man sollte aber nicht vergessen, dass das Regime über ein Pressemonopol verfügte – und deren Botschaften waren durchweg israelfeindlich.