Der Historiker Jeffrey Herf über das Verhältnis der DDR zu Israel

Der unerklärte Krieg

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Interview Von

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Die Sowjetunion, der sowjetische Block und auch die DDR haben ihren eigenen Teil zur Geschichte des Antisemitismus beigetragen. Der älteste Hass der Welt wurde in einen Mantel des Antifaschismus und Antiimperi­alismus gekleidet. Die Lügen über die Geschichte des Zionismus, die Geschichte der Gründung des Staates ­Israel und sein Wesen sind heutzutage immer noch Teil eines giftigen ideologischen Gebräus.
Insofern sind die Rhetorik und die Ideen, die wir heute etwa bei den israelfeindlichen BDS-Kampagnen an Universitäten finden, alles andere als neu. Etwas, das wir aus der unseligen UN-Resolution »Zionismus ist Rassismus« von 1975 kennen, hat nun akademischen Glanz erhalten.

Israel erfuhr Ablehnung, aber auch Unterstützung durch westliche Staaten.
Die Gründung Israels wurde in den entscheidenden Monaten von 1947 bis 1948 von Seiten des größten Teils der US-amerikanischen, britischen und französischen Außen- und Militärpolitik mit Opposition und Unbehagen begleitet. Die stärkste moralische und diplomatische Unterstützung für den neuen, jüdischen Staat kam jedoch von US-amerikanischen und britischen Liberalen, französischen Kommunisten und Sozialisten, gaullistischen Veteranen der französischen Resistance sowie von italienischen Linken.
Bei den Vereinten Nationen waren es die Sowjetunion, die Tschechoslowakei, Ungarn und Polen, die den Teilungsplan von 1947 am entschiedensten unterstützten. Die wichtigste militärische Hilfe kam damals aus der Tschechoslowakei. Dies alles ist Thema meines nächsten Buches: »Israel’s Moment: Support and Opposition in the United States and Europe, 1945–1949«.

Jeffrey Herf: Unerklärte Kriege gegen Israel. Die DDR und die westdeutsche radikale Linke, 1967–1989. Aus dem Englischen von Norbert Juraschitz. Wallstein-Verlag, Berlin ca. 39 Euro, ca. 560 Seiten. Erscheint voraussichtlich Ende September.