Nach Protesten von Indigenen musste Ecuadors Präsident Lenín Moreno die Er­höhung der Treibstoffpreise zurücknehmen

Lenín lenkt ein

Seite 2

2017 übernahm Moreno das Präsidentenamt. Correas ehemalige Vizepräsident versprach im Wahlkampf, die Sozialpolitik fortzuführen, aber weniger autoritär zu regieren. Die beiden ehemaligen Parteifreunde sind mittlerweile erbitterte Gegner. Correa, der inzwischen in Belgien lebt und 2018 die Partei Movimiento PAĺS verlassen hat, wirft seinem Nachfolger Verrat und Unfähigkeit vor. Moreno wiederum beschuldigt seinen Vorgänger der Korruption, der Demagogie und der Verschleierung von Staatsschulden. Im vergangenen Jahr setzte sich Moreno auch immer mehr von jenen Parteifreunden ab, die ihn gegen Correa unterstützt hatten. Er holte Technokraten und Vertreter der alten Oligarchie ins Kabinett und suchte im Parlament die ­Unterstützung der Parteien.

Trotz eines zuletzt wieder leicht ­gestiegenen Ölpreises bekommt seine Regierung das Haushaltsdefizit nicht in den Griff. Nachdem China unter Correa zum Hauptkreditgeber Ecuadors geworden war, wandte sich die Regierung jetzt an den IWF. Der sagte im März einen Kredit über 4,2 Milliarden Dollar zu. Im Gegenzug musste sich Ecuador zu Sparmaßnahmen verpflichten, darunter den »schrittweisen Abbau der Treibstoffsubventionen«.

Doch die Verhandlungen über das Sparpaket gingen nicht voran. Wohl deshalb strich Moreno per Dekret am 2. Oktober die Treibstoffsubventionen komplett. Am nächsten Tag stieg der Preis der Gallone (3,8 Liter) Benzin von 1,68 auf 2,19 Euro, der Dieselpreis sogar von 94 Cent auf 2,10 Euro. Moreno, der als schwacher, wankelmütiger Prä­sident verspottet wird, erklärte seinen Schritt zur historischen Tat: »Die Entscheidungen, die ich getroffen habe, wurden seit Jahrzehnten hinausgeschoben.«

Die Reaktion kam prompt. Die Taxifahrer und Transportunternehmer stellten ihre Arbeit ein. Der Dachverband der Indigenen rief zusammen mit einem Gewerkschaftsverband und anderen Organisationen zu einem unbefristeten Protest, zu Blockaden und zum Marsch auf die Hauptstadt auf. Die Transportunternehmer brachen ihre Aktionen bald ab, die indigene Mobilisierung wurde bestimmend für die Proteste.

Die Benzin- und Dieselpreiserhöhung treffe die Ärmsten besonders hart, so die Protestierenden, weil sie Preiserhöhungen im öffentlichen Transport nach sich ziehe und auch Lebensmittel verteuere. Aber die Wut richtete sich gegen das gesamte Maßnahmenpaket, das mit Gehaltskürzungen, Abbau von Arbeitsrechten und Importvergünstigungen für Maschinen vor allem den Forderungen der Unternehmerverbände entgegenkommt. Die Indigenen, die nach verschiedenen Schätzungen zwischen sieben und 35 Prozent der Bevölkerung stellen, pochen zudem auf den in der Verfassung festgeschriebenen »plurinationalen« Charakter Ecuadors – eine Errungenschaft indigener Kämpfe der vergangenen Jahrzehnte.