Der Prozess gegen Franco A. neigt sich seinem Ende zu

Das Urteil naht für Franco A.

Vor fast fünf Jahren kam heraus, dass der Bundeswehroffizier Franco A. sich als syrischer Flüchtling ausgegeben hatte. Im kommenden Monat könnte er nun verurteilt werden, weil er Terroranschläge geplant haben soll.

Das Gerichtsverfahren gegen Franco A. scheint dem Abschluss nahe. Beim jüngsten Prozesstag am Dienstag vergangener Woche sagte der Vorsitzende Richter Christoph Koller, die Beweisaufnahme solle schon am Donnerstag dieser Woche abgeschlossen werden. Im Februar könnten dann die Plädoyers und das Urteil erfolgen. Der 32jährige Bundeswehrsoldat Franco A. ist wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat angeklagt. Er wurde 2017 in Wien verhaftet, als er eine am dortigen Flughafen versteckte Pistole abholen wollte. Danach kam heraus, dass A. sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und einen erfolgreichen Asylantrag gestellt hatte.

Der Bundesanwaltschaft zufolge soll er terroristische Anschläge geplant haben, für die dann seine Tarnidentität verantwortlich gemacht werden sollte. A. soll eine Liste mit Namen besessen haben – der Bundesanwaltschaft zufolge potentielle Anschlagsziele. Darunter waren Politikerinnen wie Claudia Roth oder die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane.

Zum Holocaust, so der Zeuge, habe der Angeklagte geäußert, man sei auf die Zahl von sechs Millionen jüdischen Opfern nur gekommen, »weil man die Gräber von Wehrmachtssoldaten dazugezählt« habe.

Schon 2017 war Franco A. der Vor­bereitung eines Anschlags angeklagt worden. Damals hatte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main zwar festgestellt, dass A. sich mit Waffen und Sprengstoffen ausgerüstet hatte, doch sei er zu einer solchen Tat nicht fest entschlossen gewesen. Deshalb eröffnete das OLG damals kein Verfahren. Die Bundesanwaltschaft legte dagegen beim Bundesgerichtshof Beschwerde ein. Dieser entschied 2019, dass das OLG doch ein Verfahren gegen A. aufnehmen müsse.

Das Verfahren vor dem OLG Frankfurt läuft seit dem 20. Mai 2021. A. hat bislang den Waffenbesitz ebenso wie seine Tarn­identität als syrischer Flüchtling zugegeben, Anschlagsplanungen aber stets abgestritten. Er habe nur under cover angebliche Missstände in der deutschen Asylpolitik aufdecken wollen. Woher er die Waffen bekommen hat, verschweigt er.

Am Dienstag voriger Woche sagte der Bundeswehrsoldat Alexander J. als Zeuge aus, der mit dem ranghöheren A. befreundet war und sich häufiger mit ihm zum Essen getroffen hatte. J. schätzte A. politisch als konservativ ein, nicht als rechtsextrem. Man habe aber auch zusammen über den Holocaust und Reptiloidenmythen des verschwörungstheoretischen Autors David Icke diskutiert. Zum Holocaust habe der Angeklagte geäußert, man sei auf die Zahl von sechs Millionen jüdischer Opfer nur gekommen, »weil man die Gräber von Wehrmachtssoldaten dazugezählt« habe. Auf die Nachfrage des Vorsitzenden Richters, ob er solche Aussagen als »konservativ« bezeichnen würde, antwortete J., ja, das sei konservativ.

Schon am vorherigen Verhandlungstag am 21. Dezember hatte Richter Koller A. wegen antisemitischer Äußerungen das Wort entzogen. A. wollte sich verteidigen, nachdem Tonaufnahmen von ihm mit inkriminierenden Äußerungen abgespielt worden waren. In den Aufnahmen ließ sich A. über die USA, die »von den Juden kontrolliert« würden, und deren »dreckiges demokratisches System« aus, ebenso über armselige westliche Gesellschaften, »Propaganda des Westens« über Wladimir Putin, angeblich falsch berichtende ­Medien und die grundlegende Verschiedenartigkeit von »Deutschen und Juden«.

A. versuchte anschließend, sich zu rechtfertigen. Er habe über seine Äußerungen gründlich nachgedacht, diese würden auch von namhaften Autoren, auch jüdischen, vertreten. Richter Koller entgegnete, was A. sagte, sei »antisemitischer Blödsinn«, den er, Koller, im Saal nicht dulde. Es gelte, eine Straftat zu unterbinden. »Sie machen es noch schlimmer,« sagte der Richter. Franco A. entgegnete: »Ich sage ja nicht, dass es so ist«, er »mache hier keine Tatsachenbehauptung«.

Der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Brandner (AfD) zufolge hat die Bundeswehr im Jahr 2021 bis zum 30. September 60 Soldaten »wegen extremistischer Bestrebungen« entlassen; 57 aufgrund rechtsextremer Aktivitäten, drei wegen Islamismus. Diese Zahl ist deutlich höher als in den vorherigen Jahren. Von 2016 bis zum Stichtag 1. September 2021 waren insgesamt 225 Soldaten entlassen worden; 204 wegen Rechtsextremismus, 17 wurden als islamistisch, vier als linksextrem eingestuft.

Versprochen wird in der Antwort auch »eine Studie zu Ursachen, Ausmaß und Einfluss von politischem Extremismus in der Bundeswehr« durch das hauseigene Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, »sobald es die Pandemielage zulässt«.

Zuletzt waren radikale Impfgegner und Coronaleugner in der Bundeswehr bekannt geworden. Manche scheinen sich bereits im militärischen Widerstand oder Bürgerkrieg zu fühlen. Der Oberfeldwebel Andreas O. hatte auf einem Telegram-Kanal unter anderem verlautbart, er »erkläre hiermit ebenfalls der Regierung den Kampf, bis die verfassungsmäßige Ordnung wiederhergestellt ist«. O. wurde daraufhin vorübergehend festgenommen. Chatgruppen wie »Soldaten für das Grundgesetz« feierten ihn als Helden.