Gegner fetter Schlagzeilen machen es sich oft zu einfach

Die miesen Tricks der Boulevardhasser!

Für Verächter der Boulevardpresse müssen Medien vor allem Langeweile ausstrahlen, Humor und Unterhaltung sind ihnen verdächtig. Boulevardleser wissen zumindest, dass ihnen reißerische Geschichten aufgetischt werden.
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Sicher, der Boulevard dreht so lang an einem Titel, bis die Wahrheit allenfalls noch im Fragezeichen am Ende der Schlagzeile zu finden ist. Denn Boulevardjournalismus ist die Kunst, in einem Satz eine ganze Geschichte zu erzählen. Wie nah diese Schlagzeile dann an der Wahrheit ist, wie folgenreich diese Zeile für die Protagonisten dieser Geschichte, kann man dann in Presseerzeugnissen nach­lesen, die mit Gütesiegeln wie »Qualitätsmedium«, »seriös« oder auch »links« bezeichnet werden.

Leser und Leserinnen, bei denen schon nach dem ersten Absatz dieses Textes die Sicherungen durchbrennen, lesen wahrscheinlich mehr Bildblog als Bild, mehr über Medien als Medien selbst oder haben ein Abo der Süddeutschen oder der Zeit, weil man an die Seriosität des Bürgertums und die Okayheit der linksliberalen Mitte glaubt und darauf vertraut, dass dort das Geschäft mit den Worten als grundsolides Handwerk betrieben wird. Dass diese Erzeugnisse komplett ohne Humor auskommen – der Unterhaltungsfaktor beschränkt sich auf Karikaturen, die Menschen mit komischen Nasen zeigen, und die Süffisanz, mit der alle als Hitzköpfe, Extremisten und Aktivisten belächelt werden, die nicht die vermeintliche Besonnenheit der eigenen Position teilen –, ist dieser Leserschaft gerade recht. Denn Unterhaltung ist sowieso verdächtig. Als werde man der Komplexität politischer Dynamiken gerechter, wenn die Fotos nicht bunt, sondern schwarzweiß sind und das Verhältnis von Text und Titel nicht eins zu zehn ist, sondern zehn zu eins.

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