Die Arbeiter des Hamburger Hafens wehren sich gegen Privatisierungspläne

Deal an der Waterkant

Seit Hamburgs Senat im September überraschend die Absicht ver­kündete, der Reederei MSC große Anteile am Hafen zu verkaufen, sind die Beschäftigten beunruhigt. Sie fürchten um ihre Arbeitsplätze, die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen.

24 Stunden lang legten die Arbeiter:in­nen am Containerterminal Burchardkai (CTB) des Hamburger Hafens die Arbeit nieder und versammelten sich am Seemannsclub »Duckdalben«. Auslöser des spontanen Streiks war, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) am Morgen des 6. November einem Teilverkauf zustimmten, ohne den Widerspruch aus der Belegschaft zu beachten.

Die HHLA ist das mit Abstand größte Hafenunternehmen in Hamburg, in ihm sind die städtischen Hafenbetriebe zusammengefasst. Seit der Gründung 1885 dominiert der Konzern den Umschlag an den Kaianlagen – vom Stückgut bis hin zum Umschlag am halbautomatischen Containerterminal Altenwerder (CTA). Am Hamburger Hafen hängen rund 140.000 Arbeitsplätze, direkt im Hafen arbeiten über 10.000 Beschäftigte, 6.700 davon für den Konzern HHLA – allein 3.200 im Containerumschlag, die anderen bei Tochterunternehmen, vom Fruchtumschlag bis hin zur Verwaltung des Hamburger Fischmarkts.

Außer bei der HHLA sind etwa 1.000 Personen im Containerumschlag beschäftigt, plus 400 Lascher und Festmacher in Firmen, die auf Ladungssicherung spezialisiert sind. 3.200 Beschäftigte arbeiten bei Eurogate, der größten reedereiunabhängigen Logistikgruppe in Privatbesitz, die in Hamburg ebenfalls ein großes Containerterminal betreibt. Die privaten Firmen der Hafenwirtschaft und Reedereien, die Hamburg anlaufen, kooperieren mit der HHLA, viele sind unmittelbar von der HHLA abhängig.

Als am 13. September Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher zusammen mit Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel, alle drei von der SPD, zu einer Pressekonferenz luden, wusste niemand, worum es gehen würde: den Einstieg der Mediterranean Shipping Company (MSC), der in Genf ansässigen weltweit größten Containerreederei, in die HHLA. Deren Aktien werden zwar an der Börse gehandelt, aber bisher sind nur 31 Prozent der Anteile im Streubesitz, 69 Prozent hält die Stadt Hamburg über ihre Konzernholding Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV). Diese Aktienverteilung galt lange als unveränderlich.

Die HHLA solle eine neue Gesellschafterstruktur bekommen, verkündete Tschentscher. Zwischen dem Senat und der Reederei MSC sei nach nichtöffentlichen Verhandlungen im kleinen Kreis eine rechtliche Vereinbarung geschlossen worden, ein Memorandum of Understanding: Die MSC werde über die Tochtergesellschaft Port of Hamburg Beteiligungsgesellschaft SE 49,9 Prozent der Anteile halten, die Stadt verringere ihren Anteil auf 50,1 Prozent. Das Übernahmeangebot an die bisherigen Aktionäre sieht die Barzahlung von 16,75 Euro je Stückaktie vor. Sobald das MSC-Tochterunternehmen die Aktien im Streubesitz aufgekauft hat, wird die Stadt Hamburg ihr knapp 19 Prozent ihrer Anteile verkaufen. Alle börsennotierten A-Aktien, die Anteilen am Konzernteil Hafenlogistik entsprechen, sollen in die Port of Hamburg Beteiligungsgesellschaft SE überführt werden. Im Besitz der Stadt verbleiben sollen alle S-Aktien, die Anteilen am Konzernteil Immobilien (darunter die Speicherstadt) entsprechen.

Die Aktien der Hamburger Hafen und Logistik AG werden zwar an der Börse gehandelt, aber bisher sind nur 31 Prozent der Anteile im Streubesitz, 69 Prozent hält die Stadt Hamburg.

Tschentscher lobte die »strategische Partnerschaft der Stadt Hamburg mit einer der weltweit führenden Reedereien«, sie sei »ein Meilenstein in der weiteren Entwicklung unseres Hafens«. Außer dem Ersten Bürgermeister und den beiden Senator:innen sprach nur noch der Vorstandsvorsitzende von MSC, Søren Toft, auf der Pressekonferenz. Es klang ähnlich blumig: »Hamburg wird ein Knotenpunkt im internationalen Netzwerk von MSC.« MSC werde seine deutsche Zentrale nach Hamburg verlegen und die Mitarbeiterzahl auf 700 mehr als verdoppeln. Toft versprach, über die Containerterminals der HHLA ab 2031 jährlich eine garantierte Menge von einer Million Standardcontainern umzuschlagen (Twenty-foot Equivalent Units, TEU, standardisierte Einheit für Container verschiedener Größen und zur Beschreibung von Schiffsladekapazität und Terminalumschlag genutzt).

MSC hält bereits eine Beteiligung am Containerterminal NTB in Bremerhaven, einem Tochterunternehmen von Eurogate. Ladung von dort nach Hamburg zu verlagern, macht betriebswirtschaftlich wenig Sinn, weil sich die Auslastung des Terminals in Bremerhaven dadurch verschlechtern würde. Das Gleiche gilt in Hamburg: Der vierte große Containerterminal im Hamburger Hafen gehört ebenfalls Eurogate. Dort wird derzeit noch viel Ladung von MSC-Schiffen umgeschlagen. Diese Ladung von einem Eurogate- an ein HHLA-Terminal zu verlagern, ändert nichts an der geringe Gesamtauslastung des Hamburger Hafens.

»Von diesem geplanten Ausverkauf sind nicht nur alle HHLA-Betriebe, sondern auch Eurogate und der GHB betroffen«, schrieb der Betriebsrat der HHLA im September; die GHB ist die Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft, die mit festangestelltem Personal bei Auftragsspitzen an den Terminals einspringt, wenn die dortigen Belegschaften nicht ausreichen. Das Angebot von MSC, zusätzliche Ladungsmenge nach Hamburg zu bringen, lässt demnach die Vermutung zu, dass dies durch die Verlagerung von Eurogate zur HHLA geschehen wird. »Das führt dazu, die im Hafen Beschäftigten zu spalten, und ist ein Affront gegen uns alle.«

»Es sind wenige große Reedereien, welche den Weltmarkt der Seetransporte beherrschen«, sagt Jörn, ein langjähriger Mitarbeiter der GHB, im Gespräch mit der Jungle World. »Und es sind Familienbetriebe von Milliardären.« Die bis vor kurzem weltgrößte Reederei Maersk gehört der Familie Møller in Dänemark, die mittlerweile größte Containerreederei MSC gehört der italienischen Familie Aponte, geschätztes Firmenvermögen derzeit: 60 Milliarden Euro.

Umstrittene Beteiligungen
2003 wurde die HHLA in verschiedene Gesellschaften aufgespalten. »Ziel war es seinerzeit, Beteiligungen an einzelnen Terminals zu ermöglichen«, erläutert Sonja Petersen, Betriebsrätin und Verdi-Vertrauensfrau bei der HHLA, im Gespräch mit der Jungle World. »Es gab die Erwartung, dass sich durch die Beteiligung von Partnern – im Wesentlichen von Reedern – Abfertigungsmenge und weiteres Geschäft an Terminals binden ließe.« Die drei von der HHLA betriebenen Containerterminals sind selbständige Gesellschaften innerhalb des Konzerns. Statt eines bereits 2006 vom damaligen CDU-Senat geplanten Komplettverkaufs des Konzerns HHLA kam es zur Beteiligung von privaten Reedereien an zwei der drei Terminals der HHLA: Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd ist seit langem mit 25,1 Prozent am CTA beteiligt; nach langwierigen Querelen und Debatten kaufte sich im Juni die chinesische Reederei Cosco mit einer Minderheitsbeteiligung von 24,99 Prozent am Containerterminal Tollerort (CTT) ein.

Nur am Burchardkai (CTB) gab es noch keine Reederbeteiligung. Gegen eine von Tschentscher angebotene Beteiligung von CMA CGM, dem größten französischen Schifffahrtsunternehmen, gab es 2018 Widerstand der Belegschaft. »Statt aber dort eine weitere Reederbeteiligung hereinzuholen, soll gleich die Hälfte der HHLA verkauft werden«, kritisiert nun Felix Pospiech, Gesamthafenarbeiter bei der GHB, Verdi-Vertrauensmann und Betriebsrat im Gespräch mit der Jungle World. Aber auch Beteiligungen an einzelnen Containerterminals sind unter den Hafenarbeiter:innen nicht unumstritten.

»Ich habe Beteiligungen immer kritisch gesehen, da zum einen die Handlungsfähigkeit des Unternehmens eingeschränkt wird und zum anderen die Bindung von Mengen und weiteren Geschäften eine Illusion ist«, so Sonja Petersen: »Die Beteiligung am CTA hat Hapag-Lloyd nicht daran gehindert, große Dienste zu Eurogate nach Wilhelmshaven zu verlegen. Die Beteiligung von Sea Invest am Frucht- und Kühlzentrum hat nicht verhindert, dass dort keine Schiffe mehr abgefertigt werden.«

Hamburg gegen Bremen
Der Senat erhofft sich durch den Einstieg von MSC ein Belebung für den kriselnden Hamburger Hafen: »Im bis vor wenigen Monaten noch gültigen Hafenentwicklungsplan wurde jahrelang von einem Umschlag von 25 Millionen TEU ab 2025 ausgegangen«, so Christian Warnke, der Betriebsratsvorsitzende im Hafenbetrieb Paul Grimm Maritime Solutions, im Gespräch mit der Jungle World. »Aber der jährliche Umschlag hat sich bei acht bis 8,5 Millionen TEU eingependelt. Dass ist Hamburgs Niveau, davon müssen wir ausgehen.« Warnke plädiert dafür, auf Qualität statt auf Masse und eine Zunahme der Ladungsmenge zu setzen.

»Es gibt kein Konzept für die qualitative Entwicklung des Hafens«, so Warnke. Und auch was das quantitative Wachstum angeht, könne MSC keine höheren Umschlagszahlen garantieren: »Die Ladung, deren Umschlag sie für Hamburg zusagen, müssen sie woanders abziehen.« Vor allem aus den Bremer Häfen, die so gegen Hamburg ausgespielt werden. Auch die deutsche Zen­trale, die MSC mit 700 Arbeitsplätzen nach Hamburg bringen will, wird dann von ihrem jetzigen Standort abgezogen – aus Bremerhaven.

Gegen einen Verkauf von Hafenanteilen. Wilder Streik der Hafenarbeiter:innen am 6. November

Gegen einen Verkauf von Hafenanteilen. Wilder Streik der Hafenarbeiter:innen am 6. November

Bild:
Gaston Kirsche

Ein Nullsummenspiel, bei dem Häfen, Kommunen und Beschäftigte gegeneinander ausgespielt werden und nur diejenigen gewinnen, die Vorteile von der Privatisierung haben – die großen Reedereien. »Die Mechanismen der Profitsteigerung sind überall im Kapitalismus gleich, auch in den Häfen«, sagt Warnke. Groß war daher die Unruhe unter den Hafenarbeiter:innen, als der Deal der Stadt Hamburg mit MSC bekannt wurde. Noch am selben Tag riefen die gewerkschaftlichen Vertrauensleute in den Hafenbetrieben die Kolleg:innen in allen drei Schichten zu Pausenversammlungen in den Kan­tinen an den Containerterminals zusammen.

»Die Nachricht wurde mit Entsetzen aufgenommen«, berichtet Felix Pospiech. »Die Beteiligung an den Versammlungen war sehr gut.« Die Beschäftigten der Hafenbetriebe haben zuletzt vor gut einem Jahr für Lohnerhöhungen gestreikt, zwischen 70 und 90 Prozent der Belegschaft sind bei Verdi organisiert.

Zum Hafen gehöre die betriebliche Mitbestimmung, sagt Warnke, der auch in gewerkschaftlichen Gremien bei Verdi tätig ist. »Das war Geheimniskrämerei vom Senat, die Verkündung stieß in der Belegschaft auf Empörung, auf Unverständnis. Im Hafen gibt es das Selbstverständnis, das man uns mitnimmt und wir informiert werden.«

Etwas anders sieht dies Pospiech: »Die Mitbestimmung sieht nicht vor, dass bei Geschäftsverhandlungen oder An- oder Verkäufen die Seite der Arbeit gefragt wird – zudem sind die handelnden Akteure Bürgermeister, Wirtschafts- und Finanzsenator:in keine Arbeitnehmerfreunde.«

Norbert Paulsen, Betriebsrat bei der HHLA und als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der HGV, sagte der Jungle World, auch er sei »von der Nachricht über den Verkauf überrascht, aber nicht von der Geheimhaltung«. Seine Vermutung: »Der Senat sieht Verdi und die Betriebsräte nicht mehr als Machtfaktor – das war früher anders.« Auch er hat klare Vorstellungen, was besser ist: »Kein Verkauf, sondern Kooperation mit Eurogate in der Deutschen Bucht.« Eurogate dominiert den Hafen in Bremerhaven.

Absprachen ohne Mitbestimmung
Am 3. November veröffentliche der Konzernbetriebsrat der HHLA eine Stellungnahme zum geplanten Einstieg von MSC: »Die Art und Weise der Verhandlungen in kleinstem Kreis ist einem solchen Vorhaben nicht angemessen und verprellt nicht nur die Beschäftigten und ihre Interessenvertretungen, sondern auch wichtige Kunden, darunter Hapag-Lloyd und Cosco mit Beteiligungen an einzelnen Terminals. Die Verhandlungen wurden zudem laut Presseberichten ohne die Einbeziehung von Berater:in­nen mit Branchenexpertise geführt. Bei einem transparenteren Prozess hätten maritimer Sachverstand verschiedener Akteure genutzt und Alternativkonzepte geprüft werden können«.

Der Konzernbetriebsrat von HHLA spricht sich gegen das Übernahmeangebot aus und »erwartet, dass insbesondere die Freie und Hansestadt Hamburg in den weiterführenden Gesprächen mit MSC die Gefahren beherzigt, klar Stellung für die Interessen der HHLA und ihrer Belegschaft bezieht und keinem Deal zustimmt, dessen Risiken die Chancen bei Weitem übertreffen«. Der Konzernbetriebsrat fordert die Hamburgische Bürgerschaft nach detaillierter Kritik dazu auf, den Teilverkauf an MSC abzulehnen.

»Es geht uns als Beschäftigten natürlich um unsere Arbeitsbedingungen, unsere Arbeitsplätze und unsere Bezahlung, die sind aber auch ohne einen Verkauf an MSC erheblich unter Druck«, erläutert Sonja Petersen. »Die HHLA plant aktuell auch ohne MSC-Deal mindestens 500 Arbeitsplätze in den nächsten Jahren abzubauen, Arbeitszeiten sollen flexibilisiert und viele Arbeitsprozesse automatisiert werden.«

Arbeitsverdichtung statt Hafenentwicklung
Derzeit kündigt die HHLA darüber hinaus viele Betriebsvereinbarungen, um zu neuen, für die Beschäftigten schlechteren Regelungen zu kommen. Das hat nichts mit MSC zu tun und wäre auch ohne den Verkaufsplan vom Management betrieben worden, weil es zum Beispiel betriebsbedingte Kündigungen erleichtert. Aber ein Einstieg von MSC würde diese Tendenz wohl verstärken: Es wird dann wohl erst recht nach immer mehr Ladung gestrebt werden, die mit möglichst weniger Personal möglichst automatisiert umgeschlagen werden soll.

»Es fehlt ein Konzept für den Hamburger Hafen, das müsste vor irgendeiner Aktion zwischen Unternehmen, Mitbestimmung und Politik entwickelt werden«, fordert Betriebsrat Paulsen. »Was da bisher vom Senat angezettelt wurde, ist kläglich ohne irgendeinen Plan. Aber der Senat verzichtet lieber darauf, die Fachleute anzuhören – diejenigen, die den Hafen am Laufen halten.«

»Der Senat sieht Verdi und die Betriebsräte nicht mehr als Machtfaktor – das war früher anders.« Norbert Paulsen, Betriebs­rat bei der Hamburger Hafen und Logistik AG

Betriebsrat Pospiech fordert den »Rückkauf aller Aktien der HHLA«. Eine Chance, dass sich durch den Teilverkauf an MSC die Umschlagsmenge erhöht, sieht er nicht. »Ehrlich gesagt ist mir persönlich völlig unklar, was dieser Deal wirklich bringen soll – außer kurzfristiges Geld in die Stadtkasse«, so Pospiech. »Die Entwicklung der Ladungsmenge hat ja was mit der wirtschaftlichen Entwicklung zu tun und ist auch immer ein Barometer für Kaufkraft und die Entwicklung im Export etwa im Maschinenbau, zu sehen an den Sondergrößen im Umschlag.«

In seinem Betrieb, der GHB, schlagen Entwicklungen im Hafen voll durch: »Die Gesamthafenarbeiter leiden unter der Automatisierung und dem Druck auf die fest beschäftigte Belegschaft zu mehr Flexibilität. Denn je flexibler die Festen, desto schlechter für die Gesamthafenarbeiter als Personalreservoir.« Weil weniger Ladung nach Hamburg komme, hätten die Gesamthafenarbeiter weniger bezahlte Schichten und damit real weniger Einkommen. In Hamburg und Bremerhaven werde immer wieder Kurzarbeit angewendet. »Da wir diejenigen sind, die von den Terminals angefordert werden, sind wir vor allem auf denjenigen Schichten unterwegs, die die großen Betreiber HHLA und Eurogate nicht abdecken können, also vor allem Spätschicht und Nachtschicht«, sagt Pospiech. Der Gesamthafenbetrieb ist als Alternative zur früheren Tagelöhnerei, also gegen die unständige Beschäftigung im Hafen erkämpft worden. Der Stundenlohn ist garantiert bei Festanstellung, aber auch in der GHB gibt es Kurzarbeit.

Trotzdem – der Hamburger Hafen ist ein hochprofitabler städtischer Konzern, die HHLA hat Zeit ihres Bestehens jedes Jahr eine positive Bilanz gehabt. Gewinne der HHLA, die das Unternehmen seit dem Bestehen jedes Jahr eingefahren hat, können in die städtische Daseinsvorsorge abgegeben werden. »Damit konnten die Defizite der kommunalen Badeanstalten Bäderland oder des städtischen Hamburger Verkehrsverbundes minimiert werden«, betont der Betriebsratsvorsitzende Warnke. Dass die HHLA städtisches Eigentum bleiben soll, ist »das allerwichtigste Argument überhaupt; das Ganze ist aber kein typisches Hafenproblem, sondern hat etwas mit Verkauf von lukrativen öffentlichem Eigentum zu tun«, so Felix Pospiech. »Darum muss es gelingen, das Thema aus dem Hafen heraus zu bringen. Es betrifft alle, nicht nur den Hafen!«

Ausweitung der Proteste
Deshalb wird der von Hafenarbeiter:in­nen und der Gewerkschaft Verdi organisierte Protest vom Hafen auf die Stadt ausgeweitet. Es begann mit einer Demonstration von der Hauptverwaltung der HHLA in der Speicherstadt zum Rathausmarkt am 19. September mit 2.500 Teilnehmenden unter dem Motto »Unser Hafen, nicht euer Casino«.

Seit September werden Unterschriften öffentlich und über eine Online-Petition gegen den Verkauf gesammelt. Als – wie vom Hamburger Senat gewünscht und im Vorvertrag mit MSC festgeschrieben – Vorstand und Aufsichtsrat der HHLA dem Teilverkauf zustimmten, traten Hafenarbeiter:innen der Spätschicht am CTB in den Streik, dem sich die Nacht- und die Frühschicht anschlossen. Ein großer Stau von Containerschiffen und LKW mit Ladung war die Folge. »Der Betrieb am CTB ist derzeit eingestellt«, teilte das Management am 6. November abends mit. »Das unentschuldigte Fernbleiben vom Arbeitsplatz gilt grundsätzlich als ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. Aufgrund der derzeitigen Situation am CTB hat die HHLA arbeitsrechtliche Maßnahmen eingeleitet.«

Der wilde Streik wurde vorerst beendet, obwohl sich die Senator:innen Leonhard und Dressel weigerten, auf die Forderung der Streikenden einzugehen und mit ihnen zu sprechen. Am 11. November fand unter dem Motto »Kein Verkauf von Stadteigentum! Unser Hafen, nicht euer Casino!« eine Kundgebung auf dem Hamburger Rathausmarkt statt, organisiert von der Fachgruppe Maritime Wirtschaft in Verdi. Im Aufruf hieß es: »Die Verkaufspläne des Hamburger Senats sind nach wie vor nicht vom Tisch. Trotz Kritik aus allen Bereichen der Gesellschaft will der Senat mit der Brechstange den Ausverkauf des Hamburger Hafen durchsetzen. Die Hamburger Hafenwelt soll damit auf den Kopf gestellt werden!«

Spätestens am 22. November dürfte der Protest wieder lauter werden: Dann berät die Hamburgische Bürgerschaft über den Teilverkauf der HHLA an MSC.