Die israelische Nationalmannschaft wurde aus der Eishockey-WM ausgeschlossen

Keine Opfer auf dem Eis

Die Internationale Eishockey-Föderation schließt Israel von der Teilnahme an ihren Wettbewerben aus.

Israel ist gemeinhin kein Land, das man mit Wintersport in Verbindung bringt: Die Hälfte des Landes besteht aus Wüste, selbst im Januar liegen die Temperaturen im Durchschnitt zwischen sechs und 15 Grad und im ganzen Land gibt es gerade einmal ­Pisten mit einer Gesamtlänge von 25 Kilometern und zehn Skilifte. Bei den Olympischen Winterspielen holte das Land bisher noch nie eine ­Medaille.

Und so dürfte es viele überrascht haben, dass Israel überhaupt Eis­hockey-Nationalmannschaften hat, die gesperrt werden können. Doch genau das ist in der vergangenen Woche offenbar als Reaktion auf die Pogrome der Hamas und anderer ­palästinensischer Terrororganisationen ab dem 7. Oktober vergangenen Jahres geschehen: Am 10. Januar verkündete die Internationale Eishockey-Föderation (IIHF): »Nach sorgfältiger Überlegung hat der IIHF-Rat beschlossen, dass Israel aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Sicherheit aller Teilnehmer der Meisterschaften vorerst nicht an IIHF-Wettbewerben teilnehmen wird.«

Der IIHF-Rat habe beschlossen, der israelischen Nationalmannschaft die Teilnahme an IIHF-Meisterschaften 2024 zu verbieten, um die Sicherheit und das Wohlergehen aller Teilnehmer, einschließlich israelischer, gewährleisten zu können. Betroffen von dieser Entscheidung ist zunächst die Teilnahme der israelischen Nationalmannschaft an der U20-Weltmeisterschaft der Division III (im Eis­hockey ist die dritte Division die leistungsschwächste) die am 22. Januar 2024 in Bulgarien und Bosnien-Herzegowina beginnt.

Hinter der Entscheidung soll Pawel Bure stehen, ein ehemaliger NHL-Star, der 1990 mit der Mannschaft der Sowjetunion Weltmeister wurde. Der Ausschluss Israels sei die Rache für den Ausschluss von Russland und Belarus.

Die Spiele der Gruppe A dieser ­Division sollten ursprünglich in Israel stattfinden, wurden allerdings aufgrund des palästinensischen Terrors nach Bulgarien verlegt. Auch die Teilnahme Israels an der Frauenweltmeisterschaft der Division III und der Herrenweltmeisterschaft der Division II wäre untersagt. Israel spielt nicht in der Division I, in der die großen Eishockeynationen wie Kanada oder Schweden gegeneinander antreten, sondern gegen Teams aus Au­stralien oder Thailand. Das aber mit Erfolg: Im März 2023 gewann das Land die U18-Weltmeisterschaft der Division II in Island.

Aber darum geht es nicht, sondern darum, dass wohl zum ersten Mal ein Sportverband ein Land aus­geschlossen hat, dass Opfer eines Terrorangriffs geworden war, und nicht eines, das seine Nachbarn überfallen hat. Eine skrupellose Täter-Opfer-Umkehr.

Die Ice Hockey Federation of Israel, seit 1991 Mitglied im IIHF, kündigte an, beim Schiedsgericht des Sports gegen internationalen Eishockeyverband zu klagen wegen seiner »antisemitische Entscheidung, Israel auszuschließen«. Der Ausschluss sei ein ungewöhnlicher und sehr schwerwiegender Schritt, der jeden Maßstab im internationalen Sport ignoriere und in völligem Widerspruch zu den olympischen Werten stehe.

Nach Ansicht des israelische Eishockeyverbandes würden Quellen innerhalb des IIHF darauf hindeuten, dass der Grund für die Entscheidung die Kapitulation des kanadischen Verbandsvorsitzenden Luc Tardif vor politischen Druck vor allem aus Russland sei. Nach einem Bericht der Bild-Zeitung soll Pawel Bure hinter der Entscheidung stehen, ein ehemaliger Star in der nordamerika­nischen Eishockeyliga, der NHL, der 1990 mit der Mannschaft der Sowjetunion Weltmeister wurde. Der Ausschluss Israels sei die Rache für den Ausschluss von Russland und Belarus aus den Turnieren nach dem Überfall auf die Ukraine. Bure ist Mitglied im Rat der IIHF. In dem sitzt mit dem ehemaligen Eishockeyspieler und Präsidenten des Deutschen ­Eishockey-Bundes Franz Reindl auch ein deutscher Vertreter. Anfragen der Jungle World, ob er an die Entscheidung der IIHF beteiligt war, wurden weder von Reindl noch der IIHF beantwortet.

Die Reaktionen in Deutschland reichen von blankem Entsetzen und Wut bis zu vorsichtiger, diplomatischer Distanzierung. Alon Meyer, der Präsident des jüdischen Sportverbandes Makkabi Deutschland, forderte im Interview mit dem Sportsender Sky die IIHF auf, ihre Entscheidung sofort zurückzunehmen. Die Sicherheitsbedenken seien in »keinster Weise glaubwürdig« und die »absolute Kapitulation eines Weltverbandes«. Der habe die Sicherheit der Teilnehmer zwar zu gewährleisten. »Wenn wir uns von Terroristen, von irgendwelchen Attentätern vorschreiben lassen«, welche Mannschaften »an irgendeinem Turnier teilnehmen dürfen«, dann sei das »doch nicht die Zukunft«, die man sich wünsche.

»Für den Deutschen Eishockey-Bund steht außer Frage, dass wir fest an der Seite Israels und des israelischen Verbands stehen. Wir nehmen zur Kennt­nis, dass die IIHF die israelischen Teams von den kommenden Turnieren aus Sicherheitsbedenken vorerst ausgeschlossen hat.« DEB-Antwort auf eine Anfrage der »Jungle World«

Zurückhaltender äußerte sich auf Anfrage der Jungle World der Deutsche Eishockey-Bund: »Für den Deutschen Eishockey-Bund e. V. (DEB) steht außer Frage, dass wir fest an der Seite Israels und des israelischen Verbands stehen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die IIHF die israelischen Teams von den kommenden Turnieren aus Sicherheitsbedenken vorerst ausgeschlossen hat.« Man werde sich über den näheren Sachverhalt im Detail informieren, da bislang Turniere ohne Beteiligung von DEB-Mannschaften betroffen seien. »Wir nehmen Sicherheitsbedenken grundsätzlich sehr ernst und gehen davon aus, dass hier nicht leichtfertig seitens der Organisa­tionen und Ausrichter entschieden wurde.«

Deutlichere Worte fand hingegen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), in deren Ressort auch die Sportpolitik fällt. Der Bild-Zeitung sagte die Ministerin: »Der Eishockey-Weltverband IIHF muss den Ausschluss Israels vollständig zurücknehmen. Und der Weltverband muss Transparenz schaffen, wie es zu dieser falschen Entscheidung kommen konnte.« Die Sicherheit des israelischen Eishockey-Teams und aller ­anderen Teams müsse durch hohe Sicherheitsvorkehrungen und möglichst sichere Spielorte gewährleistet werden. »Ein Ausschluss ausgerechnet des israelischen Teams, gegen das sich Bedrohungen richten, bedeutet nichts anderes als eine Kapitulation vor dem Hass. Das damit verbundene Zeichen angesichts der aktuellen Bedrohungen gegenüber Jüdinnen und Juden in vielen Ländern ist verheerend.« Zuvor hatte Faesers Mini­sterium der Jungle World gesagt: »Diese Entscheidung wurde hier mit Befremden zur Kenntnis genommen.«

Der Druck hat dafür gesorgt, dass sich die IIHF, wenn auch nur zaghaft, bewegt. In einer am Freitag vergangener Woche veröffentlichten Stellungnahme betont die Eishockey-Födera­tion, die Entscheidung sei keine Sanktion gegen den israelischen Verband und habe keinen Einfluss auf den Status des israelischen Verbandes als »Vollmitglied mit gutem Ansehen«.

Der IIHF-Rat werde im Februar zusammentreten, um die Sicherheits­situation im Zusammenhang mit den Meisterschaften im März und April, an denen Israel teilnehmen soll, zu bewerten. Im März soll es dann um die Sicherheitssituation der Meisterschaft im April gehen. »Dies gibt dem IIHF-Rat die Möglichkeit, jede Meisterschaft von Fall zu Fall zu behandeln und dabei die Besonderheiten jedes Ortes zu berücksichtigen, an dem die jeweilige Meisterschaft stattfinden soll.« Die IIHF hoffe, so schnell wie möglich einen Weg zu finden, die ­israelische Nationalmannschaft wieder in das Meisterschaftsprogramm aufzunehmen. Für die U20-Weltmeisterschaft am 22. Januar in Bulgarien bedeutet das allerdings, dass sie ohne Beteiligung Israels stattfinden wird.