Sonntag, 21.05.2017 / 21:47 Uhr

Hohe Wahlbeteiligung im Iran?

Von
Gastbeitrag von Kazem Moussavi

Statistiken zeigen: Rund 60% der Wahlberechtigten im Iran boykottieren die Wahlen. Von hoher Wahlbeteiligung kann keine Rede sein.

Die angeblich hohe Beteiligung der Iraner an den Fake-Wahlen ihres Unterdrücker-Systems ist wie das Wahl-Ergebnis eine einzige Lüge.

Am 18. Mai 2017 haben 156 Mitglieder des Europäischen Parlaments eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der es heißt:

„Die Wahlen im Iran sind nicht frei und fair. Die Opposition ist ausgeschlossen. Alle Kandidaten müssen sich zu dem von Herzen kommenden Glauben an das Konzept der obersten Herrschaft des Klerus bekennen. Ein nicht gewähltes Gremium, genannt der „Wächterrat“, dessen Mitglieder vom Obersten Führer Ajatollah Khamenei ernannt werden, disqualifiziert die meisten Kandidaten“.

Für die weltweite Propaganda-Berichterstattung werden ausgesuchte westliche Pressevertreter  zu bestimmten Wahllokalen geführt.

Bei den Präsidentschaftswahlen im Iran ist eine unabhängige und internationale Aufsicht am Wahltag vor Ort strikt verboten. Für die weltweite Propaganda-Berichterstattung werden ausgesuchte westliche Pressevertreter in Begleitung ziviler Geheimdienstler und Revolutionsgarden zu bestimmten Wahllokalen geführt. Dort wird ein großer Andrang zur Wahl des System-Präsidenten organisiert und der Weltöffentlichkeit zur Schau gestellt. 

Die Banden des "Henkers mit Herz", Rouhani und des Massenmörders Raisi beschuldigten sich nun gegenseitig des weit verbreiten Betrugs in den Wahllokalen der Städte. Regimemedien berichteten am 19.5. um 16.43 von ca. 20 Mio. Wahlteilnehmern und um 18.00 Uhr laut dem staatlichen Aufseher über die Wahl, es seien für Raisi 53% und für Rouhani 46% in insgesamt 27 großen Provinzen und Städten der Stimmen abgegeben worden. Um 18.00Uhr sollten eigentlich die Wahllokale geschlossen werden, die Frist wurde jedoch zunächst auf  22.00 und später auf 24.00 Uhr verlängert, weil die propagierte hohe Wahlbeteiligung nicht stattgefunden hatte.  

Was mit den manipulierten zusätzlichen 16 Mio. Stimmen geschehen soll ist die Entscheidung des Revolutionsführers in letzter Sekunde.

Nach Schließung der Wahllokalen am 19.5. um 24.00 Uhr wurde die Anzahl der Wahlteilnehmer mit rund 24 Mio. bekannt gegeben. Im Laufe der Nacht und noch während der laufenden Auszählung berichteten Sprecher der Wahlorgane am 20.5. um 6.00 Uhr plötzlich von angeblichen 40 und später 41 Mio. Wählern. Dies bedeutet letztlich, dass 16 Mio. Wahlzettel gefälscht wurden. Das Innenministerium teilte außerdem mit, dass die bekanntgegebenen 40 Mio. Gesamtstimmen bis 6.00Uhr am 2.5. etwa 24 Mio. ausgezählt wurden. Dies sind genau die ursprünglich mitgeteilten 24 Mio. beim Schließen der Wahllokale um 24.00Uhr am Wahltag. Das Ergebnis lautete dann 14 Mio. für den Henker und 10 Mio. für den Massenmörder. Was mit den manipulierten zusätzlichen 16 Mio. Stimmen für  Rouhani oder Raisi geschehen soll, ist, wie man weiß, die Entscheidung des Revolutionsführers in letzter Sekunde.

Offiziell wahlberechtigt sind 56.4 Mio., die Differenz zu den 24 Mio. abgegebenen Stimmen beträgt also 32.4 Mio. Iraner, die die Mullah-Wahlfarce boykottiert haben. Unter den 24 Mio. Stimmen befindet sich außerdem ein hoher Anteil der von den Mullahs geheim gehaltenen ungültigen Proteststimmen von unzähligen Beamten und  Regimekritikern, die zwangsweise oder aus welchen Gründen auch immer an den Show-Wahlen teilnahmen. Eine Universitätszulassung beispielsweise wird ohne einen Wahlstempel im Ausweis des Bewerbers verweigert.   

Damit haben mindestens 60% der Wahlberechtigten im Iran die Präsidentschaftswahlen boykottiert, die von den Machthabern als „Schicksalswahlen“ annonciert wurden.

Um mehr Menschen zu den „Schicksalswahlen“ zu locken, hat das Regime bei inszenierten Fernseh-Diskussionen den Eindruck vermittelt, dass die Iraner zwischen den „Bad“-Kandidaten Rouhani oder den „Worse“ Kandidaten Raisi im System auszuwählen haben. Eine hohe Teilnahme an ihrer Wahl ist der Sicherheitsgarant für das Land gegen einen kriegerischen Angriff und für die islamische Republik.

Rouhani und Raisi versuchten, mit ihren raffinierten Lügen das explosive Potential in der Gesellschaft innerhalb des Systems zu kanalisieren und in Schach zu halten.

„Reformer“ Rouhani und naturgemäß auch der „Hardliner“ Raisi sprachen kein Wort über die Unterdrückung von Frauen, Bahais und Homosexuellen oder die Hinrichtungspolitik und die mörderische Politik des Regimes in Syrien und gegen Israel. Sie mussten die im Iran bekannte zunehmende extreme Armut, Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, Umweltverschmutzung aber auch die Korruption innerhalb des Regierungsapparats und vieles mehr kritisieren, für dessen Entstehungsprozesse und Eskalation das eigene System und dessen Präsidenten sowie Rouhani selbst verantwortlich sind.

Rouhani und Raisi versuchten, mit ihren raffinierten Lügen und betrügerischen Versprechungen das explosive Potential in der Gesellschaft innerhalb des Systems zu kanalisieren und in Schach zu halten. Darüber hinaus ist eine Tradition der Regime-Bande im Iran und von deren Lobbyisten im Ausland, dass sie vor Wahlen versuchen, bei den - politisch unzufriedenen - Iranern falsche Hoffnung und das Gefühl zu erzeugen, mit der Niederlage des dem Revolutionsführer nahe stehenden Präsidentschaftskandidaten einen wichtigen Schritt in Richtung einer Öffnung getan zu haben. 

Die Wahlorganisatoren haben Bilder z.B. der international bekannten Gefangenen und Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi an den Wahlurnen des berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis und des Oscar-Gewinners Asghar Farhadi im Wahllokal der iranischen Botschaft in Paris zur Schau gestellt. 

Die Wahlen im Terror-Regime wurden unter dem Deckmantel der Sicherheit mit der höchsten militärischen Präsenz durchgeführt. Wegen der beispiellosen Diktatur ist es nicht möglich, die Proteste der Wahlgegner und Wahlboykotteure für eine Massenbewegung zu mobilisieren. Dafür wäre eine fundamentale Opposition vor Ort nötig, auch um mögliche Aufständische mit entsprechenden Aktionen zu schützen.

Oppositionelle, die für freie Wahlen und Demokratie kämpfen, haben keine Möglichkeit öffentlich gegen die systematische Propaganda der gut organisierten Mullah-Lobbiysten vorzugehen.

Die Proteste können von politischen Parteien im Exil nicht mitgeführt werden, da die westlichen Unterstützer ihres Lieblingspräsidenten Rouhani die Stimmen der Opposition und Systemgegner im Ausland unhörbar gemacht haben. Dazu kommen eine vehemente Beschwichtigungspolitik und Geschäftsreisen, Dialoge und Wirtschaftsbeziehungen, die bestimmte Iraner - darunter Exilanten - im Ausland zur Teilnahme an der Wahlfarce ermutigen. Oppositionelle, die für freie Wahlen und Demokratie kämpfen, haben keine Möglichkeit öffentlich gegen die systematische Propaganda der gut organisierten Mullah-Lobbiysten vorzugehen, da ihnen der Zugang beispielsweise zu deutschen Massenmedien verwehrt wird.

Die den Grünen nahe Heinrich-Böll-Stiftung und die Bundeszentrale für politische Bildung organisierten im April und Mai in Kooperation mit Top-Iranlobbyisten die beiden Veranstaltungen namens „Rouhani gegen die Hardliner“ und „Metro-Iran heute“, um Rouhani zu unterstützen.

Unmittelbar nach der Betrugswahl jubelte der preiskrönte Spiegel-Journalist Hasnain Kazim: „Iran wählt Vernunft“. Ein Manifest der Desinformation, in dem die Bestellung Rouhanis durch Ali Khamenei zum Präsidenten des Holocaustleugner-Regimes, das Israel vernichten will, fatal gelobt wird. Damit macht sich Kazim mitschuldig daran, dass Rouhani in seiner ersten Amtszeit mehr als 3000 Iraner ermordet und hingerichtet hat. Kazim schreibt: „Die Iraner haben ein deutliches Votum abgegeben: Hassan Rohani bleibt Präsident. Damit entscheidet sich das Land gegen den Populismus - und für einen prowestlichen Kurs.

Das klerikalfaschistische Regime ist ideologisch und strukturell nicht reformfähig. Auch in einer zweiten Amtszeit Rouhanis wird man dieses Regime nicht zur Öffnung im Land und zu einem friedlichen Kurs in der internationalen Gesellschaft bewegen können. Die Menschenrechtsverletzungen im Iran und die Syrien-, Raketen- und antiisraelische Politik der Mullahs sind untrennbar mit dem Systemüberleben verbunden. Rouhani wird diese Politik noch eskalieren, auch aufgrund der komplexen und unlösbaren politischen und wirtschaftlichen Probleme im Land, des Drucks der Kooperation der islamischen Staaten in der Region und Israels gegen das Regime im Jemen und in Syrien sowie der Intensivierung der US-Sanktionen wegen der Raketentests.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die Menschen die durch die zweite Amtszeit Rouhanis zu erwartende Intensivierung der Querelen innerhalb der Machtstrukturen nutzen und ihre Ängste verlieren. Der Sturz Assads würde gewiss das System dramatisch schwächen und die Freiheitsbewegung maßgeblich stärken.