Freitag, 23.12.2022 / 14:19 Uhr

Türkei: Immer mehr Menschen verlassen das Land

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Bazar in Izmir, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

Immer mehr türkische Staatsbürger versuchen nach Europa zu kommen und fliehen vor der katastrophalen ökonomischen Lage im Land.

Der Mittelstand verarmt, die Inflation rast und vor allem für die jüngere Generation gibt es immer weniger Perspektiven im Land. Dazu kommt politische Repression und Unsicherheit: Immer mehr Türkinnen und Türken verlassen deshalb ihr Land, wie Elmas Topcu schreibt:

Insbesondere junge Menschen sind frustriert. Laut einer aktuellen Studie sehen über 70 Prozent der Menschen zwischen 17 und 30 Jahren für sich keine Zukunft im Land. Fast 82 Prozent würden am liebsten die Türkei verlassen und im Ausland leben, wenn sie könnten. Der Ärzteverband TTB gibt an, dass bis September rund 2000 Ärzte eine Arbeitsbescheinigung fürs Ausland beantragt haben. (...)

Die Fluchtbewegung aus der Türkei schlägt sich auch in den Statistiken nieder. Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) haben fast 16.000 türkische Schutzsuchende von Januar bis Oktober 2022 einen Asylantrag gestellt, die meisten als Erstantrag. Das ist ein Zuwachs von 175,7 Prozent. Die Türkei ist nach Syrien und Afghanistan inzwischen das drittstärkste Herkunftsland.

Für Clara Bünger, Bundestagsabgeordnete der Linken, die regelmäßige Anfragen zu Asylzahlen stellt, ist das keine Überraschung. Ihrer Meinung nach deute die Fluchtbewegung aus der Türkei darauf hin, dass sich die politische Situation für Gegner und Gegnerinnen der Regierung zuspitze. Die Repressionen nähmen zu, insbesondere für Kurden werde die Lage immer gefährlicher.

Experten wie Rechtsanwalt Dündar Kelloglu gehen davon aus, dass die Zahl der Flüchtlinge aus der Türkei weiter steigen wird, denn vor den Wahlen rechnet niemand mit einer Entspannung der politischen Lage. Eine Verbesserung der angeschlagenen Wirtschaft ist genausowenig in Sicht.