Samstag, 25.02.2023 / 19:24 Uhr

Im Iran droht die Hinrichtung des deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd

Von
Gastbeitrag von Kazem Moussavi

Der zum Tode vereurteilte Jamshid Sharmahd , Bildquelle: Tehran Times

Das Regime im Iran plant die Hinrichtung eines deutsch-iranischen Bürgers und droht mit Entführung von Botschaftspersonal. Statt mit allen Mitteln gegen das Todesurteil vorzugehen, stemmt sich die Bundesregierung weiter, die Revolutionsgardisten auf die Terrorliste zu setzen.

 

Agenten des iranischen Regimes entführten den deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd (67) 2020 in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Er wurde nach mehr als zwei Jahren unter Folter und Isolationshaft in einem illegitimen Schauprozess vom Terror-Regime erbarmungslos vorgeführt und schließlich willkürlich vom Teheraner Revolutionsgericht unter dem Vorsitz des Henkerrichters Abdulghassem Salavati wegen „Korruption auf Erden“ zum Tode verurteilt. A. Salavati steht wegen Menschenrechtsverletzungen auf der Sanktionsliste von USA und EU.

Die islamistische Justiz hat Sharmahd das Geständnis abgepresst, er habe verschiedene Terrorattentate im Iran organisiert, darunter 2008 ein Bombenanschlag auf die Moschee Hosseynieh Seyed al-Shohada in der Stadt Shiraz, bei dem 14 Menschen ums Leben gekommen und 215 weitere verletzt worden seien. Darüber hinaus behauptet das Regime, dass Sharmahd den USA und Israel Informationen über die geheimen Atom- und Raketenprogramme des Iran bereitgestellt habe.

Die neuen Vorwürfe des Chefredakteurs von Khameneis Zeitung Kayhan, Hossein Shariatmadari am 22.2.23 gegen Sharmahd in Verbindung mit der Bundesregierung zu stehen, entbehren ebenso jeder Grundlage.

Kayhan behauptet, dass die Bundesregierung den Auftrag zu den Sharmahd vorgeworfenen angeblichen terroristischen Aktivitäten erteilt habe. Außerdem soll laut Sharmahds angeblichen Aussagen die Verbindung zum Bundesnachrichtendienst unmittelbar und offiziell von einem "in der deutschen Botschaft stationierten Geheimdienstoffizier" ausgegangen seien. Kayhan fordert, diesen in Teheran zu verhaften und vor ein Gericht zu stellen. Somit ist eventuell mit der Geiselnahme eines deutschen Staatsbeamten in Teheran zu rechnen.

In Wirklichkeit wurde nach zuverlässigen Informationen aus dem Iran das Todesurteil schon Mitte Januar 2023 erlassen aber damals nicht bekanntgegeben. Die Gründe dafür waren, dass sich dadurch die laufenden internationalen Proteste gegen Terror und Willkür der Revolutionsgarden bei der Niederschlagung der Demonstrationen für "Frau Leben Freiheit" im Iran weiter verschärft hätten. Auch der laut gewordenen Forderung der Regimegegner und Demonstranten in der Diaspora, die Revolutionsgarde auf die Terrorliste der EU zu setzen, entgegenzuwirken, war eine Ursache des Verschweigens des Todesurteils, um die Terrorlistung durch die Bundesregierung respektive die europäischen Staaten zu verhindern.

Die Revolutionsgarde ist direkt für die Sicherheit des Systems verantwortlich. Sharmahd und alle anderen Geiseln befinden sich daher in den Gefängnissen im Gewahrsam der Geheimdienste der Revolutionsgarden, die auch die Todesurteile der Justiz gegen die westlichen Geiseln im Iran kontrollieren und ausführen.

Auschlaggebend für die jetzige öffentliche Verkündung des Todesurteils gegen Sharmahd war über die relative Eindämmung der Proteste im Iran und dem jetzigen Abklingen der internationalen Solidarität für die Proteste hinaus insbesondere die Gewissheit des Regimes, dass der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ausdrücklich die Terrorlistung der Revolutionsgarde in der EU verweigern. 

Borrell sagte am 23.1.2023, eine Aufnahme auf die Liste könne erst dann geschehen, wenn ein Gericht in einem EU-Mitgliedsland die Revolutionsgarde für Terrorakte verurteilt habe. Und er betonte, dass die Stimmen der Proteste von Iraner:innen in Brüssel und Straßburg am 20.2.2023 die EU-Regeln bezüglich der Revolutionsgarde nicht ändern würden.

Das Regime will mit dem Todesurteil gegen Sharmahd nicht nur die Regimegegner einschüchtern, sondern auch die Bundesregierung erpressen.

Annalena Baerbock: "Es gibt in der Europäischen Union keine Rechtsgrundlage, um die Revolutionsgarde als Terroristen zu bezeichnen!", Reuters, 20.2.2023. 

Die Äußerung Baerbocks spiegelt bedauerlicherweise die Position des EU-Außenbeauftragten, des Appeasers Josep Borrell: "Nur weil Sie jemanden nicht mögen, können Sie ihn nicht als Terroristen bezeichnen." Eine Aufnahme auf die Liste könne erst dann geschehen, wenn ein Gericht in einem EU-Mitgliedsland die Revolutionsgarde für Terrorakte verurteilt habe, sagte Borrell am 23.1.2023 weiter. 

Es ist zu erwähnen, dass die EU bereits ohne ein vorheriges Gerichtsurteil in einem europäischen Land und nur zur Beschwichtigung der Mullahs die stärkste iranische Oppositionsgruppe auf die Terrorliste gesetzt hatte. Diese Listung wurde später allerdings durch ein Gerichtsurteil in Großbritannien aufgehoben.

Nach Borrell erklärte unmittelbar auch Baerbock am 20.2.2023 laut Reuters: "Es gibt in der Europäischen Union keine Rechtsgrundlage, um die Revolutionsgarde als Terroristen zu bezeichnen!". Einen Tag später am 21.2.2023 folgte dann die staatliche Verkündung des Todesurteils.

Jamshid Sharmahd ist als politische Geisel ein Opfer der Appeasement-Politik geworden. Ich kritisiere die Bundesregierung, weil sie in den letzten zwei Jahren alle Hilferufe zum Schicksal Sharmahds mit der Behauptung, sie würde sich geheimdiplomatisch für die Befreiung der Geisel einsetzen, ignoriert hat, um die deutsch-iranischen Beziehungen und die Atomgespräche mit den Mullahs nicht zu gefährden.

Sharmahd kann jetzt jeden Moment hingerichtet werden, je nachdem ob sein Todesurteil demnächst vom sogenannten Obersten Mullah-Gerichtshof bestätigt oder nicht bestätigt wird.

Das Regime will mit dem Todesurteil gegen Sharmahd nicht nur die Regimegegner einschüchtern, sondern auch die Bundesregierung erpressen.

Daher ist die durch Baerbock angekündigte Ausweisung von lediglich zwei Diplomaten der Berliner Mullah-Botschaft aus Deutschland vollkommen unzureichend. 

Kayhan schrieb: "Sharmahd wurde von der deutschen Regierung mit der Durchführung terroristischer Operationen beauftragt, und die Aktion des deutschen Außenministeriums bei der Vorladung des iranischen Botschafters und der Ausweisung von zwei Mitarbeitern der iranischen Botschaft ist ein Typus einer Täuschungsaktion, um die Spuren der Beteiligung der Bundesregierung an dieser Terroroperation zu verwischen.“ So ist Undank ist des Appeasement Lohn.

Jetzt sollte die Verurteilung des Todesurteils nicht mit Appellen an das Regime, das seit 43 Jahren permanent westliche Bürger:innen und Iraner:innen mit Doppelstaatbürgerschaft in Teheran als Geisel nimmt ausgedrückt werden. Stattdessen muss insbesondere Bundeskanzler Olaf Scholz selbst die Befreiung von Sharmahd als seine eindringliche menschenrechtliche Verpflichting  betrachten. 

Scholz muss, um Sharmads Leben zu retten, das Regime ernsthaft mit dem konsequenten Abbruch aller deutschen Beziehungen zum Iran und des Atom-Deals und der umgehenden Terrorlistung der Revolutionsgarde in Deutschland und der EU drohen, wenn es Sharmahd nicht sofort freilässt. Im Fall einer Hinrinrichtung Sharmahds würde Deutschland einen erheblichen politischen Imageschaden erleiden. Dies muß aber unbedingt verhindert werden.