Samstag, 24.06.2023 / 23:31 Uhr

Was sagt ein Soleimani-Bild über die iranisch-saudischen Beziehungen?

Von
Gastbeitrag von Hossam Sadek

Qasim Soleimani, Bildquelle: Wikimedia Commons

Ein Zwischenfall am Rande einer gemeinsamen Pressekonferenz verdeutlicht die Probleme, die einer nachhaltigen Beziehungsnormalisierung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran im Wege stehen.

 

Der erste Besuch des saudischen Außenministers Faisal bin Farhan im Iran seit vielen Jahren sollte die Annäherung zwischen den beiden Ländern vorantreiben, doch ein Vorfall während des Aufenthalts warf Fragen auf. Diese ziehen zwar die erzielten Ergebnisse nicht völlig in Zweifel, zeigen jedoch zugleich die Hindernisse für eine völlige Beziehungsnormalisierung zwischen Riad und Teheran deutlich auf.

So führten der saudische Außenminister und sein iranischer Amtskollege Hussein Amir-Abdollahian am vergangenen Samstag bilaterale Gespräche in Teheran. Auf der sich an die Verhandlungen anschließenden Pressekonferenz sagte Faisal bin Farhan, die Gespräche mit dem Iran seien verlaufen wie geplant, und wies darauf hin, dass die Arbeiten zur Eröffnung der saudischen Botschaft in Teheran im Gange sind.

Die Gespräche, so fügte der saudische Minister hinzu, hätten sich auf die Bedeutung der Sicherheitszusammenarbeit zwischen den beiden Ländern konzertiert, um sicherzustellen, dass die Region nicht in einem Rüstungswettlauf versinke. »Ich betonte gegenüber der iranischen Seite die Notwendigkeit, dass die Region frei von Massenvernichtungswaffen bleiben muss, die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit in Bezug auf die Sicherheit und Stabilität sowie die Notwendigkeit von gegenseitigem Respekt und Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten.«

Auf der anderen Seite erklärte der iranische Außenminister, die beiden Länder seine bestrebt, Frieden und Sicherheit in der Region zu schaffen und zu garantieren sowie die wirtschaftlichen Beziehungen zu fördern. Amir-Abdollahian betonte die Bedeutung der Bildung gemeinsamer grenzüberschreitender politischer und wirtschaftlicher Ausschüsse sowie der Bekämpfung des Drogenhandels.

Das Treffen vom vergangenen Samstag war das dritte zwischen den Außenministern des Iran und Saudi-Arabiens seit der Vereinbarung über die Normalisierung der bilateralen Beziehungen im März, mit dem die beiden Staaten eine siebenjährige Eiszeit beendet hatten. Außerdem ist der Besuch von Faisal bin Farhan der erste Besuch eines saudischen Außenministers im Iran seit mehr als zehn Jahren. Neben einem Treffen mit dem iranischen Außenminister traf der saudische Minister auch mit dem iranischen Präsidenten Ibrahim Raisi zusammen und überreichte ihm eine offizielle Einladung zu einem Besuch in Saudi-Arabien.

Gestörte Atmosphäre

Trotz der positiven Atmosphäre gab es Presseberichten zufolge vor der Pressekonferenz zwischen Bin Farhan und Amit-Abdollahian eine kurze Krise, weil im Saal ein Bild von Qassem Soleimani, dem ehemaligen Kommandeur der Auslandseinheit der iranischen Revolutionsgarden, zu sehen gewesen sei.

So wurde ein Video in Umlauf gebracht, das den Abgang der saudischen Delegation und der Medienvertreter aus dem Saal zeigt und in dem man das an der Wand hängende Bild von Soleimani sehen kann, dass die Differenzen der beiden Länder in Syrien, Libanon und dem Jemen deutlich werden lässt. Auf sozialen Medienplattformen verbreiteten Journalisten und Aktivisten die Nachricht, dass Saudi-Arabien vor der Pressekonferenz der beiden Minister darum gebeten hatte, das Bild von Soleimani aus dem Saal zu entfernen, und dass ein anderer Saal gewählt werden musste, nachdem Iran sich geweigert hatte, das Bild zu entfernen.

Die saudischen Behörden hingegen wollten den Zwischenfall weder bestätigen noch dementieren. Der offizielle Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, bezeichnete die Berichte über die Verlegung der Pressekonferenz als bloße »Medienspekulationen« sowie als »unwahr« und betonte, der Grund für die Verlegung sei ein »technisches Problem« gewesen.

Qassem Soleimani, der 2020 bei einem US-Angriff im Irak getötet wurde, gilt als die wichtigste Symbol-)Figur der iranischen Expansionspolitik in den arabischen Ländern, insbesondere im Irak, in Syrien dem Libanon und dem Jemen.

Von Problemen zur Krise?

Zur Bedeutung von Faisal bin Farhans Besuch im Iran sagte das Mitglied der saudischen Gesellschaft für Politikwissenschaft, Muhammad Al-Harbi, der Iran und Saudi-Arabien durchliefen derzeit eine Phase des »strategischen Gleichgewichts« durchlaufen, und fügte hinzu, die Gespräche zwischen den beiden Ländern würden bald zu Themen wie dem Jemen, Syrien und dem Libanon übergehen.

Diese regionalen Themen, die nach der Annäherung zwischen Iran und Saudi-Arabien einer Lösung harren, sind jedoch gleichzeitig das zentrale Hindernis für die Zukunft der Beziehungen zwischen den beiden Ländern und können darüber entscheiden, ob sie sich wieder entfremden oder nicht.

In diesem Zusammenhang sagte das Mitglied des Ausschusses für Außenpolitik und nationale Sicherheit im iranischen Parlament, Abbas Gallo, »einige Differenzen« zwischen Saudi-Arabien und dem Iran in regionalen Fragen sollten den diplomatischen Weg zwischen den beiden Ländern nicht behindern. 

Dabei betonte Gallo die Bedeutung der Beziehungen zwischen den beiden Seiten für den Abbau regionaler Spannungen. »Zwischen dem Iran und Saudi-Arabien gibt es immer noch Differenzen in einigen regionalen Fragen, aber diese Differenzen sollten nicht dazu führen, dass die diplomatischen Wege zwischen den beiden Ländern wieder abgebrochen werden.«

Der Direktor des Arabischen Zentrums für Iranische Studien, Muhammad Salih Sadeqian, ist der Ansicht, sowohl der Iran als auch Saudi-Arabien seien davon überzeugt, dass mit Dialog, Verständnis, Zusammenarbeit und Koordination den Interessen beider Länder sowie den Interessen aller Länder der Region am besten gedient wäre werden können, weswegen die bestehenden Differenzen die Normalisierung nicht stören werden. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Normalisierung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien seit der Unterzeichnung des Pekinger Abkommens im vergangenen März Fortschritte gemacht hat. Zugleich hängt die Fortsetzung der Beziehungen in der Zukunft von der Fähigkeit der beiden Länder ab, die vielen Hindernisse zu überwinden, darunter die hartnäckigen Differenzen in Syrien, im Libanon, im Irak und im Jemen. Diese Differenzen könnten nämlich plötzliche Erschütterungen verursachen, aufgrund der sich dann kleine Probleme, wie der Streit um das Soleimani-Bild im Pressekonferenzsaal, schnell zu einer großen Krise entwickeln.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch

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