Sonntag, 21.01.2024 / 12:45 Uhr

Netanjahu vs Biden

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Protest in Jersualem am 20.01, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

Wenn Thomas L. Friedmann in der New York Times über den Nahostkonflikt schreibt, ist das kein gewöhnliches Meinungsstück, sondern wird weltweit als Aussage der Biden Administration gelesen.

 

Und in seinem letzten Artikel "Netanyahu Is Turning Against Biden" macht Friedman deutlich, dass das Verhältnis zwischen amerikanischem Präsidenten und israelischem Premier inzwischen nicht mehr nur gestört, sondern toxisch geworden ist, seit Netanjahu mehrfach und deutlich in den letzten Tagen eine Zwei Staaten Lösung abgelehnt hatte.

It looks as if President Biden will be running in two races this year: one in America against Donald Trump and one in Israel against Benjamin Netanyahu. Maybe Trump could name Netanyahu his running mate and we could save a lot of time. Biden’s support for the Israeli leader is costing him with his own progressive base, while Netanyahu is now turning on Biden in ways that could win Trump fresh support from right-wing American Jews. Trump-Netanyahu 2024 — that has a certain ring to it, not to mention an air of truth.

Why do I say this? Because at a nationally televised news conference on Thursday, Netanyahu made clear something he had only hinted at in recent weeks. Despite the disastrous Hamas attack on Oct. 7 happening on his watch, he is going to frame his campaign to stay in power with this argument: The Americans and the Arabs want to force a Palestinian state down Israel’s throat, and I am the only Israeli leader strong enough to resist them. So vote for me, even if I messed up on Oct. 7 and the Gaza war is not going all that great. Only I can protect us from Biden’s plans for Gaza to become part of a Palestinian state, along with the West Bank, governed by a transformed Palestinian Authority.

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Bushaltestelle in Jerusalem, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

 

I know what you’re asking: You mean Netanyahu would actually run for re-election by positioning himself against the American president who flew over to Israel right after Oct. 7, where he put a protective arm around Bibi and the whole Israeli body politic and basically gave Israel a green light to try to destroy Hamas in Gaza, even if it led to thousands of Palestinian civilians’ being killed in the process?

Spätestens mit diesem Artikel dürfte klar sein, dass es im Verhältnis zwischen beiden Regierungen wohl kein Zurück mehr geben wird und die Biden Administration auf ein baldiges Ende der Ära Netanjahu hofft. Auch innenpolitisch wächst der Druck auf den israelischen Premier. 

Kriegsziele nicht erreicht

Sehr deutlich wurde erst jüngst der ehemalige Generalstabschef der IDF und Minister im Kriegskabinett Gadi Eisenkot in einem Gespräch mit dem israelischen Channel 12, in dem er nicht nur baldige Neuwahlen forderte, sondern auch Netanjahus Kriegsziele für als nicht erreichbar erklärte:

Regarding the progress of the war, Eisenkot said in the interview, it was accurate to speak of far-reaching success over Hamas in northern Gaza, but “whoever speaks of the absolute defeat [of Hamas in Gaza] and of it no longer having the will or the capability [to harm Israel], is not speaking the truth. That is why we should not tell tall tales.”

Differenzen gibt es nicht nur bezüglich möglicher Neuwahlen, die recht sicher eine Ohrfeige für die regierende Likud Partei sein würden, sondern auch in der Frage, wie und wann das Versagen von Sicherheitskräften und Regierung am 7.10 untersucht und aufgearbeitet werden solle: Eisenkot und andere Militärs möchten dies lieber früher als später tun, während Netanjahu, der bislang keine Mitverantwortung für den 7.10 eingestanden hat, für eine Verschiebung nach dem Krieg plädiert.

Eisenkot termed October 7 “the greatest disaster to befall Israel since its foundation” and “the greatest failure in the history of the state,” and said that the entire political and military leadership “bears responsibility for it.” Netanyahu, by virtue of his role, “carries sharp and clear responsibility,” he said.

Sowohl Eiesenkot wie auch Benny Gantz kritisieren außerdem, dass Netanjahu bislang mit keinen Plänen aufgewartet ist, was nach dem Krieg mit Gaza geschehen solle:

Eisenkot also appeared to criticize Netanyahu’s refusal to hold high-level discussions regarding postwar planning in Gaza.

“You have to show leadership in the ability to tell the truth to people, the ability to chart a path,” he told “Uvda.” “You have to think about what’s next,” he said.

Erste dezidiert anti-Netanjahu Demonstrationen

Auch auf der Straße äußerst sich wieder der Unmut über die Netanjahu. Herrschte bislang eine Art Burgfrieden, so dass bei Demonstrationen vor allem die Freilassung bzw Befreiung der 139 Geiseln gefordert wurde, die sich noch in den Händen von Hamas und anderen islamistischen Organisationen befinden, richteten sich landesweit Proteste gestern, wie schon vor dem 7.10, explizit gegen Netanjahu.

 

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Kundgebung am Paris Square in Jerusalem, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

 

Derweil überschritt die Zahl der vom Hamas Gesundheitsministerium gezählten Toten in Gaza die 25.000, während sich die humanitäre Lage vor Ort kontinuierlich verschlechtert und Zahlen der UN, dass inzwischen eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung und vor allem von Kindern von akuten Hunger bedroht ist.

So deutet alles darauf hin, dass sich in den nächsten Wochen sowohl innen- wie auch außenpolitisch die Lage zuspitzen dürfte und einmal mehr die große Frage lautet, wie und ob Netanjahu diese Krise überstehen wird.