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Hinter türkischen Mauern

Türkei. Eigentlich sollte man denken, dass die Türkei alles unternimmt, um den Weg in die EU weiter zu ebnen. Doch das harte Urteil des türkischen Staatssicherheitsgerichts in Ankara in der vergangenen Woche dürfte kaum die Stimmung in Europa gegenüber einem Beitritt der Türkei verbessern helfen. Das Gericht beschloss, dass Leyla Zana, die kurdische Politikerin und ehemalige Abgeordnete der prokurdischen Partei DEP, auch nach zehn Jahren weiter in Haft bleibt. Die Trägerin des Sacharow-Preises wurde nach der Aufhebung ihrer Immunität zusammen mit den DEP-Abgeordneten Selim Sadak, Orhan Dogan und Hatip Dicle 1994 zu 15 Jahren Haft verurteilt. Anlass zu ihrer Inhaftierung war, dass sie im Parlament Kurdisch gesprochen hatte. Dann warf man ihr eine Zusammenarbeit mit der PKK vor. 1997, als ihr Fall auch international immer populärer wurde und sich der Druck auf die Türkei verstärkte, machte die türkische Regierung Leyla Zana das Angebot, sie »aus gesundheitlichen Gründen« aus der Haft zu entlassen. Sie lehnte es ab. Das Verfahren wurde 2001 wieder aufgerollt, nachdem auch der Europäische Gerichtshof das Urteil für unrechtmäßig erklärt hatte. Die kurdischstämmige Europa-Abgeordnete der PDS, Feleknas Uca, erklärte, der Fall sei »zum Symbol geworden für das Versagen der türkischen Politik und Justiz, und ein Prüfstein für die Ernsthaftigkeit der Reformen«.

Nazi-Sprech in Wien

Österreich. Wien hat einen neuen FPÖ-Chef. Und der redet Klartext. Einerseits will Heinz-Christian Strache die Sozialdemokraten »sozialpolitisch links überholen«, andererseits gegen die »unverantwortliche Zuwanderungspolitik« in Wien aktiv werden, die »die angestammte Mehrheitsbevölkerung zur Minderheit macht«. Dass man diese Entwicklung wie der Chef des rechtsextremen Rings Freiheitlicher Jugend, Johann Gudenus, als »Umvolkung« bezeichnet, daran kann Strache nichts Schlimmes finden. Auch dass der Begriff aus dem Nationalsozialismus stammt, stört ihn nicht. Der als besonders rechts geltende Strache trommelt gerne laut, damit man ihn hört. Er plant schließlich eine bundespolitische Karriere. Doch so billig kann man in der FPÖ keine Provokation landen. Sogar Vizekanzler Hubert Gorbach erklärte, dass der Begriff zwar »unbedarft« verwendet worden sei, aber inhaltlich nichts daran zu kritisieren sei. Und die FPÖ-Generalsekretärin Magda Bleckmann sagte, als ob sie das Patent für das Wort »Umvolkung« anmelden wollte, der Begriff sei »von einem der verbrecherischsten Regime der Geschichte missbraucht worden«.

Ratten gegen Gen-Mais

Brüssel. »Was mich an dieser Sache verblüfft, ist die Zahl der Anomalien«, erklärte ein Forscher der französischen Gentechnik-Kommission, nachdem er und sein Team eine genmanipulierte Maissorte des transnationalen Unternehmens Monsanto ausgiebig an Ratten getestet hatten. Doch obwohl die französischen Forscher ihre Sicherheitsbedenken geäußert haben, will sich die EU-Kommission dem Ausschuss für Lebensmittelsicherheit anschließen, der sich für die Zulassung der Maissorte ausgesprochen hat. Allerdings muss vorher noch der zuständige Ministerrat die Sache abnicken. Eine genmanipulierte Maissorte der Schweizer Firma Syngenta hat ebenfalls beste Chancen, von der EU-Kommission durchgewunken zu werden. Das könnte bedeuten, dass der Mais bereits im Frühsommer in die Läden kommt. Er wäre das erste Gen-Tech-Lebensmittel, das seit dem Moratorium von 1998 neu in der EU zugelassen wird.

Freilassung gefordert

Frankreich. 20 Jahre nach seiner Festnahme sitzt Regis Schleicher immer noch im Gefängnis. Er ist einer von fünf Gefangenen der ehemaligen Guerilla-Gruppe Action Directe (AD), die inzwischen alle über 17 Jahre inhaftiert sind. Als Informationen über den dramatischen Gesundheitszustand der Häftlinge nach außen drangen, starteten Sympathisanten nun eine Kampagne zu ihrer Freilassung. Die heute 47jährige Nathalie Ménigon, Gründungsmitglied der späteren RAF-Partnerorganisation, erlitt bereits drei Schlaganfälle, Georges Cipiani verbrachte eineinhalb Jahre in der Gefängnispsychiatrie, bei Jean Marc Rouillan besteht dringender Verdacht auf Lungenkrebs und bei Joelle Aubron wurde ein Gehirntumor diagnostiziert. Vor der Operation verbrachte Aubron zehn Tage im Krankenhaus, die gesamte Zeit mit Handschellen ans Bett gefesselt. Sie erlitt nach ihrer Entlassung aus der Klinik einen Zusammenbruch, und befindet sich jetzt wieder im Krankenhaus. Um der Forderung nach Freilassung der ehemaligen AD-Mitglieder Nachdruck zu verleihen, verübte eine Gruppe »Revolutionäre Perspektive« einen Brandanschlag auf die französische Botschaft in Zürich. In Deutschland soll es Mahnwachen und Kundgebungen vor französischen Konsulaten geben.

Heil Springer!

Großbritannien. Der Eigentümer des Boulevard-Blatts Daily Express, Richard Desmond, muss ganz schön sauer gewesen sein, als er von den Plänen des deutschen Axel-Springer-Verlags hörte, den Daily Telegraph zu übernehmen. So etwas hatte er nämlich auch vor. Allerdings ist Desmond längst aus dem Rennen. Bei einer gemeinsamen Sitzung mit dem Telegraph-Geschäftsführer Jeremy Deedes, stiefelte er daraufhin im Stechschritt und mit Hitler-Gruß durch den Saal. Während des Treffens fragte er Deedes mit deutschem Akzent, ob er sich schon darauf freue, »von den Nazis geführt zu werden«. Die Deutschen seien »doch alle Nazis«. Schließlich habe er seine Begleiter aufgefordert, »Deutschland über alles« zu singen, berichtet der Telegraph, der die Geschichte natürlich genüsslich ausschlachtete. So wie wir.