Donald Trumps wirtschaftspolitische Pläne im asiatisch-pazifischen Raum

Amerikanischer Pazifik, chinesisches Asien

Donald Trumps Ankündigung, die Transpazifische Partnerschaft (TPP) zu kassieren, könnte China zu noch mehr Dominanz und neuen Partnern im asiatisch-pazifischen Raum verhelfen.

Gleich am ersten Tag der Übernahme der Amtsgeschäfte des US-Präsidenten durch Donald Trump könnte es auch den ersten internationalen Gewinner geben: die Volksrepublik China. Denn in seinem Regierungsprogramm für die ersten 100 Tage hat Trump Ende November angekündigt, in jenen ersten Stunden sofort das von Barack Obama ausgehandelte, vom US-Senat aber noch nicht ratifizierte Transpazifische Partnerschaftsabkommen (TPP) zu ­verhindern. Stattdessen sollen »faire« bilaterale Vereinbarungen mit den ­betreffenden Ländern geschlossen werden, die Arbeitsplätze und Industrie zurück in die USA brächten. »Mein ­Programm wird auf einem einfachen Kernprinzip aufbauen: Amerika an die erste Stelle zu rücken«, sagte Trump, als er seine Vorstellungen im Trump-Tower erläuterte. Zunächst aber freut man sich in China. Zou Zhengfang, Professor an der Volksuniversität in Peking und einer jener Akademiker, die sich vor den führenden Politikern in den internationalen Medien zu Wort melden dürfen, würdigte diese Entscheidung als »gute Gelegenheit für China, mehr Einfluss auf der Welt­bühne zu erlangen«. Dabei sind Trump und die Strömung innerhalb der Republikanischen Partei, die ihn unterstützt, nicht gerade als Freunde Chinas bekannt. Im Wahlkampf hatte Trump der Volksrepublik immer wieder mit Strafzöllen und Investitionsverboten in den USA gedroht und einen ausgesprochen rüden Tonfall gegenüber der chinesischen Führung gepflegt. Zudem hatte er angekündigt, China international zum »Währungsmanipulator« erklären zu lassen und damit den Status des Landes als »Marktwirtschaft« in Frage zu stellen, um den China seit Jahrzehnten ringt. Das ist ein sensibles Thema, weil Ende des Jahres die endgültige Aufnahme Chinas in die Welthandelsorganisation (WTO) und damit die Aufhebung aller handelspolitischen Sanktionen ansteht. Dafür ist die Zuerkennung des Status als Marktwirtschaft Voraussetzung. Auch für die erste kleine politische Provokation hat Trump bereits gesorgt. Sein Telefonat mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen hat in China große Auf­regung und eine offizielle Beschwerde in Washington nach sich gezogen, weil die USA seit der diplomatischen An­näherung beider Länder durch Henry Kissingers »One China«-Politik in den siebziger Jahren lediglich die Volks­republik als Vertretung Chinas anerkennen. Dass Trump sich davon nicht irritieren lassen wird, machte schon das Medium und die Art der Antwort deutlich. »Hat China uns gefragt, ob es okay ist, seine Währung abzuwerten (…), unsere Produkte stark zu besteuern (…) oder einen massiven Militärkomplex im Südchinesischen Meer zu bauen? Ich glaube nicht!« twitterte der ­zukünftige US-Präsident. Schon in seinem Wahlprogramm hieß es in dem Kapitel mit dem aussagekräftigen Titel »U.S. Leadership in the Asian Pacific«, dass Taiwan ein treuer Freund sei und starke Unterstützung verdiene. Etwas konkreter hatte Trumps Asien-Berater Peter Navarro von der University of ­California in Irvine kurz vor der Wahl in einem Artikel in der Zeitschrift Foreign Policy die mögliche Politik der kommenden US-Regierung unter dem Titel »Frieden durch Stärke« skizziert, sie werde unter anderem eine noch stärkere Präsenz der USA im Westpazifik und die militärische Aufrüstung Taiwans beinhalten. Nicht gerade das, womit man sich in China beliebt macht. Erstaunlich ist der angekündigte TPP-Austritt der USA, weil auch die »Pivot to Asia«-Strategie Obamas der offensiven Eindämmung des chinesischen Einflusses dienen sollte, deren Kern das Freihandelsabkommen mit zwölf Anrainerstaaten des Pazifiks unter ­explizitem Ausschluss der stärksten asiatischen Wirtschaftsmacht dar­stellte. Die Zusammenfassung von Ökonomien, die 40 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts erwirtschaften, hätte nach dem Willen der US-Regierung, aber auch der japanischen, südkoreanischen und australischen Regierung, den chinesischen Konzernen den Zugang zu einigen ihrer wichtigsten Märkte erschweren können. Die Analysten des renommierten Londoner Wirtschaftsforschungsinstituts Capital Economics konstatierten, der Untergang von TPP sei »ein Schlag für die wirtschaftlichen Perspektiven« der USA in Asien – und ein Sieg der chinesischen Regierung, die das Abkommen stets vehement bekämpft hatte. Stattdessen scheint die künftige US-Regierung auf bilaterale Abkommen mit den betreffenden Ländern abzuzielen, um die Interessen des US-Kapitals noch besser durchsetzten zu können – so könnten etwa die vereinbarten Umwelt- und Sozialstandards den Neuverhandlungen zum Opfer fallen –, und auf eine unilaterale Politik militärischer Stärke. Vor allem die Ankündigung, die US-Flotte von derzeit 274 auf über 350 Schiffe aufzurüsten, und die Berufung von diversen Militärangehörigen in die kommende Regierung lassen diesen Schluss zu. Angesichts der erdrückenden Überlegenheit des US-Militärs könnte der Pazifik so zum mare nostrum der »einzigen Weltmacht« (Zbigniew Brzezinski) werden. Selbst die Interessen der traditionell engsten Verbündeten der USA finden dabei wenig Berücksichtigung. Bereits im Wahlkampf hatte Trump geäußert, Japan und Südkorea müssten, wenn sie weiterhin von den Vereinigten Staaten verteidigt werden wollten, mehr dafür zahlen. So war es denn auch der japanische Ministerpräsident Shinzō Abe, der sofort nach Trumps Wahl TPP für gescheitert erklärte. Dass sich Japan oder Südkorea nun politisch in Richtung China orientieren werden, wie es etwa der philippinische Präsident Rodrigo Duterte gerade vormacht, darf zwar nach wie vor bezweifelt werden. Aber die Volksrepublik bemüht sich um neue Wirtschaftsbündnisse im asiatischen Raum. Zuletzt hatte Chinas ­Präsident Xi Jinping den Nachbarländern versprochen, China werde »seine Tür zur Außenwelt nicht verschließen, sondern im Gegenteil noch weiter öffnen«. Und in deutlicher Abgrenzung zum »aktuellen Protektionismus« – gemeint waren die USA – verkündete auch die strahlende zweite stellvertretende Ministerpräsidentin Liu Yandong Ende November auf dem »Hamburg Summit – China meets Europe«: »China befürwortet eine multipolare Welt und die Globalisierung.« Dabei hat die zweitstärkste Wirtschaftsmacht der Welt schon längst versucht, ihre eigenen Wirtschaftsräume zu organisieren. Neben der weitgehend bedeutungslosen Apec-­Gemeinschaft, die alle 21 Anrainerstaaten des Pazifik und damit sowohl China als auch die USA umfasst und die sicherlich durch die kommende US-Regierung kaum eine Aufwertung erfahren dürfte, warb die chinesische Regierung schon seit längerem für ihr Gegenprojekt zu TPP, die Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). 16 asiatische Länder, darunter Indien, Japan, Südkorea und Australien, haben sich ihr bereits angeschlossen – ein Raum, in dem über drei Milliarden Menschen leben und in dem etwa 40 Prozent des Welthandels stattfinden. Strategisch noch bedeutsamer ist das Vorhaben ­einer »Neuen Seidenstraße«, die China auf dem Land- und Seeweg mit Europa verbinden soll. Xi Jinping selbst hatte die Initiative im Herbst 2013 verkündet und immer wieder betont, dass mit den 60 Staaten, die an die Verkehrsrouten angrenzen, gemeinsame wirtschaftliche Projekte vereinbart werden sollen. Die gigantischen Investitionen in Infrastrukturanlagen, etwa der Ankauf von Häfen in Griechenland und den Niederlanden, die Beteiligung an Eisenbahngesellschaften beispielsweise in Serbien, Ungarn, Griechenland oder Pakistan und der Bau von Gaspipelines in Kasachstan und Usbekistan müssen als Teil dieser Strategie verstanden werden. »Es ist nicht nur ein wirtschaftliches Projekt, es ist ein geopolitisches Projekt, und zwar ein sehr strategisches«, schrieb Nadège Rolland, Analystin des renommierten National Bureau for Asian Research, im Juni noch warnend in Foreign Policy. Trump könnte mittelfristig der Regierung ­Chinas einen nicht zu unterschätzenden Dienst leisten.