נושא - Mizrahische Juden gewinnen in Israel kulturell und politisch an Bedeutung

Israels Kampf der Kulturen

Die Bevölkerungsgruppe der aus Nordafrika und dem Nahen Osten eingewanderten Juden wählt traditionell die rechtskonservative Partei Likud. Dies geht auf die frühe Einwanderungspolitik Israels zurück.

In Israel wird am 17. September zum zweiten Mal in diesem Jahr gewählt. Über die Parteipräferenz und damit die Mehrheitsverhältnisse in der Knesset entscheidet nicht zuletzt die Herkunft der Wählerinnen und Wähler. Wenn eher linke Parteien die Stimmenmehrheit in der Gemeinde Nativ HaAsera ­direkt an der Grenze zu Gaza gewinnen und eher rechte Parteien die in der ­wenige Autominuten entfernten Stadt Sderot, lässt sich das nicht mit der Sicherheitslage, sondern eher mit der Herkunft der Bevölkerung erklären. Beide Orte werden wie die ganze Gegend regelmäßig aus Gaza mit Raketen beschossen – aber ein großer Teil der Bewohner Sderots sind Einwanderer aus Nordafrika oder deren Nachkommen; und diese wählen traditionell eher die rechtskonservative Partei Likud.

Heutzutage sind knapp über 50 Prozent der israelischen Juden Nachfahren jüdischer Einwanderer aus Afrika und Asien.

Dieses Wahlverhalten stammt aus der Zeit, als der sozialistische Zionismus in Israel die bestimmende politische Strömung war. Der mächtige Gewerkschaftsbund Histadrut errichtete ein vorstaatliches Gemeinwesen für den Yishuv, auf dessen Grundlage der spä­tere Staat Israel aufgebaut wurde. Nach der Staatsgründung war die His­tadrut mit Wirtschaft, Kultur, Sozialversicherung, Medien und Armee eng verflochten. Der Gewerkschaftsbund verfügte über wichtige genossenschaftliche Unternehmen, die Kranken­kasse, Altenheime, Kliniken, die Arbeiterbank, Verlage und Zeitungen. Die politische Macht fiel der sozialistisch-zionistischen Mapai zu, der Partei
des Staatsgründers David Ben-Gurion. Aus ihr ging 1968 die heutige sozial­demokratische Partei Avoda (Arbeit) hervor.

In den ersten Jahren nach der Staatsgründung wuchs die Einwohnerzahl ­Israels rasant. Es kamen zum einen viele Juden aus Europa, zum anderen auch eine hohe Zahl aus dem Nahen Osten und Nordafrika. Bis zur großen Einwanderungsbewegung aus der ehemaligen Sowjetunion machten die jüdischen Einwanderer aus den arabischen Ländern und ihre Nachkommen bis zu 70 Prozent der israelischen Bevölkerung aus. Heutzutage sind knapp über 50 Prozent der israelischen Juden Nachfahren jüdischer Einwanderer aus Afrika und Asien, vereinheitlichend Mizrahim genannt. Dagegen rekrutierte sich das Establishment des jungen Staats zunächst überwiegend aus der Gruppe der europäischen Juden, den Aschkenasen. Diese behandelten die Mizrahim oft extrem herablassend und offen rassistisch.