Stefan Kölsch hat die „Die dunkle Seite des Gehirns“ untersucht

Bad Brain

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Stefan Kölsch – prima Namen haben sie, die heutigen Wissenschaftler – hat das Buch mit dem coolen Titel »Die dunkle Seite des Gehirns« rausgehauen. Sollte das Oberstübchen etwa schwarze Flecken haben? Aber klar, und Hirnforscher Kölsch will »die Gefahren des Unterbewussten für unsere Gesundheit« ergründen.

Die meisten Prozesse kriegt man gar nicht mit, sagt er. Mosern, Suizidpläne, Mülleimer umschmeißen? Das Gehirn neigt zu schlechten Angewohnheiten wie ein PC-Update: »Es spielt uns Inhalte ein, die negativ sind. Obwohl ein Ereignis längst erledigt ist, wiederkäuen wir Gedanken darüber, wie unfair etwas war.« Nachtragend biste auch noch, Gehirn, du miese bitch!

Kölsch ist ein akademischer Ausnahmeathlet: Erst Musikstudium, dann, dark side of the moon, Psychologie und Soziologie, Ehrungen, Professorenwürde. Die Forschung popularisiert er öfters mal, seine Arbeiten enthalten Lehrreiches, ­Verrücktes, Redundantes. Sprachlich orientiert er sich an Stilisten à la Eckart von Hirschhausen: »Wer ist der Chef im Gehirn?« Von der Kraft des Orbitofrontalkortex in der Stirn (»Brett vor dem Kopf«), dem Sitz des Dunklen, kann sich »das Denken jedenfalls gern eine Scheibe abschneiden«.

Das neue Buch enthält denn auch jede Menge Tipps, falls die miese Seite doch durchschlägt. Eine »Außenwelt« sei zu vernachlässigen, nur die Bewertung durch die Gehirninstanzen sei wichtig. Wem es schlecht gehe, der drehe an seinen Einstellungen. Nimm das, Kapitalismus! Fort mit euch, patriarchale Verhältnisse! Es gibt euch gar nicht!

»Meiden Sie Alkohol« – das ist schon feine Ironie bei dem Nach­namen (ein anderer Hirnspezialist heißt übrigens Daniel Hell). Und zur Not: »Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch.« Klar, den Orbitofrontalkortex schneidest du besser nicht allein an. Und der Musikpsychiater in Kölsch meldet sich mit dem Ratschlag »Legen Sie positive, ermutigend klingende Musik auf« zu Wort. Ein Buch wie eine schöne Schallplatte – mit leichtem Sprung (in der Schüssel, würde Kölsch wohl sagen).

Stefan Kölsch: Die dunkle Seite des Gehirns. Ullstein-Verlag, Berlin 2022, 385 Seiten, 20,99 Euro