Ein gegen die AfD gerichtetes Stiftungsförderungsgesetz könnte auch linke Projekte treffen

Extremismusklausel für Stiftungen

Nun steht es fest: Um die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung weiter von staatlicher Förderung auszuschließen, müsste ein Gesetz erlassen werden. Wenn dafür auf die Ablehnung der »freiheitlichen demokratischen Grundordnung« als Ausschlusskriterium zurückgegriffen wird, könnte das auch Linke treffen.
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Es geht um viel Geld. Im Haushaltsjahr 2019 wurden rund 660 Millionen Euro an parteinahe Stiftungen vergeben, die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) aber davon ausgeschlossen. Sollte das nicht so bleiben, könnten nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel mehr als zehn Millionen Euro jährlich in völkische Propaganda an Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen fließen. Zum Vergleich: Die Bundeszentrale für politische Bildung arbeitete 2022 mit einem Budget von etwa 100 Millionen.

Die DES hat vergangene Woche vor Gericht einen Teilerfolg bei ihrer Klage gegen den Ausschluss erzielt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) urteilte am 22. Februar, dass es einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, um die DES weiter von staatlicher Förderung auszuschließen. Denn auch in der jetzigen Legislaturperiode wurde diese der Stiftung vorenthalten mit Verweis auf das reformierte Haushaltsgesetz, das festlegt, dass Subventionen »nur politischen Stiftungen gewährt werden, die nach ihrer Satzung und ihrer gesamten Tätigkeit jederzeit die Gewähr bieten, dass sie sich zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.« Das sah das Gericht nicht als ausreichend an.

Zivilgesellschaftliche Initiativen haben bereits im Sommer 2021 bereits in einem »Manifest für die Zivilgesellschaft & die politische Bildung« ein Stiftungsgesetz gefordert, damit die DES weiterhin keine staatlichen Mittel erhält. Darin sind unterschiedliche Bedingungen genannt, nach denen ein Stiftungsgesetz die Vergabe regeln könnte: »Nur diejenigen Aktivitäten dürfen staatlich finanziert werden, die eindeutig auf rechtsstaatlichem Boden agieren, die uneingeschränkte Geltung der Menschenrechte als handlungsleitend in ihrem Programm verankert haben und aktiv für den Schutz und die Stärkung der Demokratie einstehen.«

Der frühere Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) hatte wenige Monate zuvor in einem »Eckpunkte-Papier für ein Wehrhafte-Demokratie-Gesetz« eine einfachere Lösung vorgeschlagen. In dem Papier, das er für die Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank verfasste, heißt es, die »Förderungsfähigkeit politischer Stiftungen« solle allein an der »›Verankerung der FDGO‹ im Rahmen des Auftrages der politischen Bildung« gemessen werden – also der »freiheitlichen demokratischen Grundordnung«, wie sie im Grundgesetz definiert ist.

Auch das BVerfG legt in seinem Urteil nahe, die freiheitliche demokratische Grundordnung zum Dreh- und Angelpunkt eines neuen Stiftungsgesetzes zu machen. Das Grundgesetz garantiere Chancengleichheit im politischen Wettbewerb. Diese einzuschränken, sei nur erlaubt, wenn es dem Schutz »gleichwertiger Verfassungsgüter« diene. Als ein solches gleichwertiges Verfassungsgut käme »insbesondere der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Betracht«.

Die Förderungswürdigkeit derart von Verfassungstreue abhängig zu machen, würde jedoch einer Extremismusklausel für parteinahe Stiftungen Tür und Tor öffnen. Es ist keineswegs sicher, dass deutsche Behörden und Gerichte die Aktivitäten der DES als verfassungswidrig einstufen würden und nicht etwa die Aktivitäten der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die der Linkspartei nahesteht.

In der akademischen Extremismusforschung, wie sie zum Beispiel Eckhard Jesse oder Uwe Backes betreiben, wie auch beim Verfassungsschutz dient die Ablehnung der FDGO schon lange als Bewertungsmaßstab politischer Gruppen. Hier zeigt sich immer wieder, wie ungenügend dieses Kriterium ist. Weil es inhaltlich kaum bestimmt ist, kann es zum Teil willkürlich angewandt werden. Auch antikapitalistische Staatskritik kann dann als verfassungsfeindlich eingestuft werden.

Das Konzept könnte also manchen parteinahen Stiftungen erheblichen Schaden zufügen. Als rabiate Lösung schlug Gunnar Hinck in der Taz vor, einfach allen parteinahen Stiftungen die Mittel um 90 Prozent zu kürzen. Dann würde auch das Budget der AfD-nahen Stiftung weniger hoch ausfallen.

Stattdessen könnte man aber auch ein anders geartetes politisches Vergabekriterium einführen. So könnte es Voraussetzung für staatliche Förderung sein, dass die Stiftung mit ihren Zielen und Inhalten nicht die Menschenwürde und die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz missachtet. Anstatt sich in die Pseudoneutralität der Extremismusdoktrin zu flüchten, würde die rechte Vorstellung der Ungleichwertigkeit der Menschen das Ausschlusskriterium darstellen. Dass rechts und links sich in dieser Hinsicht klar unterscheiden, muss deutlich benannt werden, um entsprechende Positionen ohne Kollateralschäden zu bekämpfen.