Die Cannabislegalisierung der Bundesregierung ist viel zu ängstlich

Die THC-Vereinsmeier

Die Ampelkoalition will Cannabis erlauben – aber in engen Grenzen, und mit unzähligen Auflagen und Regeln. Der Kauf auf dem Schwarzmarkt wird wohl bequemer und günstiger bleiben.

Als die Ampelkoalition Ende 2021 zusammenfand, war die Legalisierung von Cannabis das erste Ziel, das an die Öffentlichkeit durchgestochen wurde. Die »Fortschrittskoalition«, wie sie sich nannte, werde eine neue Drogenpolitik begründen, hieß es damals. Knapp anderthalb Jahre später ist davon nicht viel übrig geblieben.

Am Mittwoch der vergangenen Woche stellten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) die neuesten Pläne der Regierung für die »kontrollierte Abgabe von Cannabis« vor, die, falls sie tatsächlich umgesetzt werden, zwar eine Entkriminalisierung des Konsums und Besitzes geringer Mengen beinhalten, aber sonst weit hinter allen Erwartungen und zwischenzeitlichen Versprechungen zurückbleiben. Das erklärte Ziel, den Schwarzmarkthandel zurückzudrängen, dürfte zudem komplett verfehlt werden.

Das Positive an den Plänen ist schnell zusammengefasst: Die Bundesregierung will den Besitz von 25 Gramm Cannabis und drei weiblichen blühenden Pflanzen für Erwachsene erlauben. Das war’s schon. Der Rest ist schlicht deutscher Ordnungswahn: Den Cannabisanbau soll in »nichtgewinnorientierten Vereinigungen« erlaubt sein – oder im privaten Eigenanbau, allerdings soll ein legaler Bezug der Samen oder Setzlinge auch in diesem Fall nur über die Vereine möglich sein.

Mutmaßlich wird das legale Vereinsgras wegen des riesigen Organisationsaufwands deutlich teurer sein als das auf dem Schwarzmarkt.

Jeder der Cannabisvereine soll maximal 500 Mitglieder haben dürfen, die wiederum über 18 Jahre alt sein müssen. Der Anbau und die Abgabe des Cannabis an die Mitglieder muss freilich dokumentiert werden. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen wird ausgeschlossen, was in der Konsequenz bedeutet, dass der Staat zur Überprüfung eine Datenbank br­aucht, die alle über die Vereine registrierten Cannabiskonsument:innen registriert.

Die Vereinssitze müssen einen bislang nicht näher definierten Mindestabstand zu Schulen sowie Kindergärten einhalten und Beauftragte für Jugendschutz, Sucht und Prävention benennen, die wiederum einen Nachweis über ihre Sachkunde benötigen. »Die Mitglieder sollen möglichst aktiv in der Vereinigung mitwirken«, heißt es im Eckpunktepapier. In den Räumlichkeiten der Vereine soll Kiffen genauso verboten sein wie der Konsum von Alkohol. An unter 21jährige soll nur spezielles Cannabis mit einem begrenzten Gehalt des Wirkstoffs THC abgegeben werden dürfen. Die Höchstgrenze ist zwar noch nicht genau beziffert, aber in jedem Fall dürfte der Mehraufwand die meisten Vereine davon abhalten, unter 21jährige überhaupt aufzunehmen.

Finanzieren sollen die Vereine sich und den Anbau über Mitgliedsbeiträge und gegebenenfalls zusätzliche Beiträge je abgegebenem Gramm. Es ist mehr als zweifelhaft, ob die Erzeugerpreise nach diesem Geschäftsmodell auch nur annähernd mit den Schwarzmarktpreisen konkurrieren können. Wahrscheinlich wird das Vereinsgras deutlich teurer sein, weil der Organisationsaufwand jeweils für maximal 500 Kiffer:innen betrieben werden muss. Ganz davon abgesehen, dass man bei der Dealerin des Vertrauens nicht zum Subbotnik antreten muss.

Nach der Ernte der drei erlaubten Pflanzen dürfte man nicht selten die maximal erlaubte Besitzmenge von 25 Gramm überschreiten, dürfte aber nichts an Freunde abgeben. Ist der Überschuss dann Rest-, Bio- oder Sondermüll?

Nur in einem regional begrenzten Modellprojekt soll der kommerzielle Verkauf ermöglicht werden. Fünf Jahre lang sollen dabei die »Auswirkungen einer kommerziellen Lieferkette auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt wissenschaftlich untersucht werden«.

Doch für den Rest des Landes sehen die Pläne der Bundesregierung vor, dass man das über einen Verein bezogene oder selbst angebaute Cannabis nicht weitergeben darf. Sollte man es doch tun oder mehr als 25 Gramm zu Hause haben, greifen weiterhin die bereits geltenden Strafvorschriften.

Das könnte besonders für Hobby­gärt­ner:innen schnell heikel werden, denn nach der Ernte der drei erlaubten Pflanzen dürfte man nicht selten die maximal erlaubte Besitzmenge von 25 Gramm überschreiten, dürfte aber nichts an Freunde abgeben. Ist der Überschuss dann Rest-, Bio- oder Sondermüll? Wer auf Nummer sicher gehen will, kann ja direkt eine Selbstanzeige bei der Polizei stellen.

Die schiere Fülle an Vorschriften dürfte zu einer weiteren Verunsicherung der Konsument:innen führen. Außerdem ist keineswegs sicher, dass der Strafverfolgungsdruck sinkt, denn letztlich ist mehr verboten als erlaubt. Von einer Legalisierung, die ihren Namen verdient, kann also keine Rede sein.