Gregor W., Initiative gegen den rassistischen Konsens in Eisenberg, im Gespräch über die Proteste für die Umbenennung des »Mohrenfests«

»Wir sind auf Beton gestoßen«

Vom 9. bis 11. Juni feiert die Thüringer Stadt Eisenberg bei Jena ihr Stadtfest, das seit 2019 »Mohrenfest« heißt. Antifaschist:innen ­protestieren seitdem gegen die Umbenennung. Die »Jungle World« sprach mit Gregor W. (Name geändert) von der Initiative gegen die rassistischen Zustände Eisenberg, die in diesem Jahr eine Protestveranstaltung plant.
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Wie kam es dazu, dass das Stadtfest 2019 umbenannt wurde, ist das nicht komplett aus der Zeit gefallen?
Das Stadtfest war lange nicht mehr richtig gut besucht und hatte an Charme verloren. Die Stadt Eisenberg hat sich deswegen dazu entschieden, eine Werbeagentur aus Gera zu beauftragen, ein neues Konzept zu entwickeln. Die sind mit dem neuen Namen angekommen, der in Anlehnung an das Stadtwappen und eine Stadtsage gewählt wurde. Dagegen hat sich von verschiedenen Seiten Widerstand geregt, es gab über die Jahre offene Briefe und Gesprächsrunden. Und im letzten Jahr haben wir uns entschieden, am Wochenende des Stadtfests eine Kundgebung zu organisieren, um unsere Kritik in die Öffentlichkeit zu tragen, weil wir festgestellt haben, dass wir bei Gesprächen mit der Stadt und Versuchen der Zusammenarbeit immer wieder auf ­Beton gestoßen sind.

Wer war an diesen Gesprächsrunden beteiligt?
Neben der Stadt war der Verein Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk und die Gruppe Antifaschistisch Initiativ Solidarisch (AIS) beteiligt. Und es gab unter anderem einen offenen Brief der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland.

Wie wird die Debatte in der Stadt selbst geführt?
Im Moment wird die Debatte kaum geführt. Es gab 2019 einen Vorstoß der Gruppe AIS, die beim Stadtfest versucht hat, bei den Be­suche­r:innen Vorschläge für alternative Namen zu erfragen. Da war die Stimmung sehr aufgeheizt, wenn nicht aggressiv, die Leute ­wollten damit auf jeden Fall nicht so viel zu tun haben. Die Stimmung lässt sich vielerseits vielleicht mit »Das lassen wir uns nicht mehr wegnehmen« umschreiben. Der Begriff und auch die Sage bieten die Möglichkeit, sie wie eine Marke der Stadt kommerziell zu verwerten – es gibt einen Kräuterlikör, der so benannt ist, ein Hotel, ein Café und eine Apotheke. Manche Sachen heißen schon länger so, es sind aber auch neue Beispiele dazugekommen. Wenn Menschen mit ­rassistischen Begriffen Profit machen, ist das ein Problem.

Aber gibt es nicht, gerade in Ostthüringen, wichtigere Probleme für Antifaschist:innen als ein Stadtfest mit einem rassistischen Namen?
Natürlich gibt es größere Probleme, das heißt aber nicht, dass man »kleinere« Probleme nicht angehen muss. Außerdem würde ich ­sagen, dass das Akzeptieren rassistischer Alltagsbegriffe nicht dazu beiträgt, Rassismus zu bekämpfen, sondern diesen viel mehr wieder hoffähig macht. Und diese Debatte auszusitzen, hat durchaus System, an anderen Stellen, wenn es um Rechtsextremismus geht, funktioniert das ähnlich. In Eisenberg hat zum Beispiel ein neuer Tattooladen aufgemacht, der von einem bekannten Neonazi betrieben wird. Der Laden wird zwar privat vermietet, aber die Stadtverwaltung hat dazu nicht Stellung bezogen.

Was genau plant ihr für eure Gegenveranstaltung am 10. Juni?
Es wird Infostände und Redebeiträge verschiedener politischer Gruppen geben, wir haben die Gruppen Decolonize, Migranetz und Rassismus Tötet eingeladen. Außerdem wird der Rapper Sonne Ra aus Erfurt auftreten.


Eisenberg

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