Maja Menopause, Midlife Crisis Antifa, im Gespräch über die Gründung einer ­Antifagruppe für über 50jährige

»Wenn es so weitergeht, kaufen wir uns bald Helmut-Kohl-T-Shirts«

Eine neue Antifa-Gruppierung erblickte kürzlich das Licht der Welt: die Antifa Midlife-Crisis. Die »Jungle World« sprach mit Maja Menopause über die Motive für die Gründung.
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Wer ist die Antifa Midlife-Crisis (Antifa MLC)?
Wir sind eine Gruppe von Menschen diesseits und jenseits der 50, die früher politisch aktiv waren und mittlerweile vor allem mit Arbeiten, Familie und Älterwerden beschäftigt sind. Auch wenn wir das so nie wollten, ist unser politisches Engagement doch zu einer Lebensphase geworden. Das bedeutet: Die Haltung ist noch da, aber viel mehr als die eine oder andere Alltagsdiskussion, akademische Auseinandersetzung oder vergleichsweise sinnvolle Berufswahl wird daraus nicht. Die Antifa MLC haben wir gegründet, um das zu ändern.

Was das heißt konkret?
Jenseits einer Selbsthilfegruppe? Das wissen wir noch nicht genau. Wir sind jetzt in der Organisierungsphase und melden uns dann in ein paar Jahren wieder, um unsere Auflösung wegen interner inhaltlicher Streitigkeiten bekanntzugeben. Also: Ihr hört von uns. Und in der Zwischenzeit würde es uns sehr freuen, wenn sich ­viele unserer Generation ein Beispiel an uns nehmen und überall Antifa-MLC-Ortsgruppen gründen.

»Tiktok kann niemand von uns.«

Gab es ein besonders politisches Ereignis, dass euch bewogen hat, die Antifa MLC zu gründen?
Die Verhältnisse wollen ja einfach nicht besser werden. Wir hatten angesichts von kapitalistischer Verwüstung, Krieg, Klimawandel, Abschottung der EU und Rechtsruck schon länger gedacht, wenn es so weitergeht, dann sehnen wir uns bald nach unserer Jugend und kaufen uns Helmut-Kohl-T-Shirts. Also, der Modus war: Eigentlich müssten wir mal, oder früher hätten wir längst, oder warum machen wir eigentlich gar nichts mehr? Den letzten Anstoß hat dann der 7. Oktober gegeben. Erst waren wir fassungslos wegen der Gräueltaten der Terrorgruppe Hamas bei ihrem pogromartigen Überfall, dann wegen der antisemitischen Welle, nicht zuletzt von links, die unmittelbar darauf folgte.

Welche Standpunkte sind euch als Antifa MLC wichtig?
Stellung beziehen gegen Antisemitismus; immer wieder darauf hinzuweisen, dass kapitalistische Vergesellschaftung immer noch dumm und brutal ist, und gleichzeitig zu wissen, dass die Bedingung der Möglichkeit von Veränderung in der Verteidigung demokratischer Verhältnisse und bürgerlicher Freiheiten liegt. Manchmal ist es auch ganz einfach: Antisemitischer Terror ist durch nichts zu relativieren oder zu rechtfertigen. Israel muss sich verteidigen. Krieg ist nicht Genozid. Palästinensische Tote interessieren die Weltöffentlichkeit genau dann, wenn sie von Israelis getötet werden. Auch deswegen ist die gegenwärtige Anteilnahme antisemitisch motiviert. Und so weiter.

Sucht ihr auch den Schulterschluss mit jüngeren Antifa-Gruppierungen?
Na klar, wer soll den jungen Menschen denn sonst sagen, wo’s langgeht? Nein, im Ernst: Klar. Deswegen haben wir unser Gründungsdokument auch nicht nur auf Facebook, sondern auch auf Instagram gestellt. Tiktok kann niemand von uns.