Ein sogenannter Dexit hätte auch Folgen für den Sport, denn die EU tut viel in dem Bereich

Sportland Europa

Die AfD möchte mit der Forderung nach einem deutschen EU-Ausstieg im Wahlkampf Stimmen fangen. Ein solcher hätte weitreichende negative Folgen – auch für den Sport.

Erfunden wurde der Sport, soweit bekannt, im Laufe des dritten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung in Ägypten. Doch auch der europäische Kontinent kann auf eine lange Sportgeschichte zurückblicken.

Manchen Interpretationen zufolge zeigen einige der im Sommer 1940 zufällig entdeckten mindestens 15.000 Jahre alten Malereien in der jungpaläolitihischen Höhle von Lascaux (Dordogne) Darstellungen von Ringern und Läufern. Ein auf das Jahr 1500 v. Chr. datiertes Fresko auf Kreta zeigt Männer bei mutmaßlich religiösen sportlichen Übungen wie dem sogenannten Stiersprung, bei dem in Längsrichtung ein Überschlag über das Tier bewältigt wurde.

Kurz darauf begannen auch die Mykener auf dem Festland, neben den Kretern der zweite Stamm, aus dem die klassische griechische Kultur hervorgehen sollte, Sport zu treiben. Im achten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung wurde in Griechenland die Tradition der Olympischen Spiele begründet. Diese erste institutionalisierte Form des Sporttreibens konnte bis ins vierte Jahrhundert unserer Zeitrechnung aufrechterhalten werden.

Die Sportpolitik liegt weitgehend in den Händen der Mitgliedstaaten. Im Europaparlament ist Sport nur ein Unterthema im Kulturausschuss. Zudem bestimmten national wie international mächtige und äußerst selbstbewusste Verbände wie der Deutsche Fußball-Bund, die Olympischen Komitees der einzelnen Staaten und die Uefa das Feld.

Die Europäische Union kümmerte sich trotz dieser langen Geschichte zunächst nicht um das Thema: Erst 2014 wurden Arbeitspläne für den Sport vorgelegt. Desinteresse war nicht der Grund für die Zurückhaltung, die EU hatte im Sportbereich lange schlichtweg keinerlei Befugnisse.

Das änderte sich erst 2009 mit dem Vertrag von Lissabon. Die darin festgehaltenen Ziele waren großzügig beschrieben und wenig konkret. Die EU sollte in Wettkämpfen Fairness und Offenheit fördern sowie die seelische und körperliche Unversehrtheit der Sportler schützen.

Außerdem soll die Europäische Union Ideen wie die unterstützen, dass Sport das allgemeine Wohlergehen verbessert und zur Überwindung von gesellschaftlichen Problemen wie Rassismus, sozialer Ausgrenzung und geschlechtsspezifischer Ungleichheit beitragen kann.

Vorbereitet wurde diese Politik 2007 durch das Weißbuch Sport der EU-Kommission, das sportpolitische Ziele wie die Kontrolle der Medienrechte und die Bekämpfung von Doping und Korruption festlegte.

Zu den großen Themen der Europäischen Union gehört der Sport bis heute nicht. Die Sportpolitik liegt weitgehend in den Händen der Mitgliedstaaten. Im Europaparlament ist Sport nur ein Unterthema im Kulturausschuss. Zudem bestimmten national wie international mächtige und äußerst selbstbewusste Verbände wie der Deutsche Fußball-Bund, die Olympischen Komitees der einzelnen Staaten und die Uefa das Feld.

Obendrein gibt es keine gesamteuropäischen Sportteams, mit denen von Portugal bis Schweden mitgefiebert werden könnte. Sport ist nach wie vor ein Gebiet, auf dem entweder Vereine oder die Mannschaften der Nationalstaaten gegeneinander antreten. Und es liegt in seiner Natur, dass es in den Wettbewerben mehr um ein Gegen- als um ein Miteinander geht.

Die EU ist beim Sport eher fördernd im Hintergrund aktiv, und dies durch mehrere Programme. Im Zen­trum steht das Programm Erasmus Plus. Es fördert vor allem Kooperationen mit Zuschüssen. Wenn Organisationen wie Vereine aus mehreren Ländern zusammenarbeiten, kann Geld beantragt werden. Konferenzen werden ebenso gefördert wie die Entwicklung von Schulungen und die Vernetzung von Interessenträgern.

Auch Sportereignisse können von der EU unterstützt werden, wenn sie nicht kommerziell sind. Das Augenmerk gilt allerdings nicht dem kleinen Fußballverein in der Nachbarschaft oder der sich in der Freizeit treffenden Laufgruppe. Die EU ist groß und eine gewisse Größe setzt sie auch bei ihren Partnern voraus: Ihre Zielgruppe sind Nationale Olympische Komitees oder Sportverbände, Vereine und »für den Sportbereich zuständige lokale, regionale oder nationale öffentliche Stellen«.

Seit dem Jahr 2023 werden zusätzlich zu diesen Projekten auch »Job-Shadowings« angeboten, bei denen zum Beispiel ein Trainer in einer anderen Mannschaft einen Trainer in seinem Arbeitsalltag begleitet, um von ihm zu lernen. Gefördert wird auch die Mobilität von Trainern sowie von sonstigen Verantwortlichen aus dem Sport.

In Deutschland ist für die Verwirklichung von Erasmus Plus die Nationale Agentur »Jugend für Europa« zuständig. Im Rahmen ihres Arbeitsplans fanden in Deutschland auch mehrere Veranstaltungen statt. Im September 2021 ging es an der Hochschule München um den Bau neuer Sportanlagen. Bei einer Konferenz 2022 in Berlin standen die Möglichkeiten des Sports bei der Förderung von Toleranz, Solidarität und Inklusion im Zentrum, und in Köln gab es vor einem Jahr einen Kurs zur Digitalisierung in der Trainer-Ausbildung.

Partner bei all diesen Aktivitäten war das Bundesinnenministerium, das auch für den Sport zuständig ist. Eine wichtige Rolle spielt die EU auch beim Bau von Sportanlagen. Allerdings nicht überall in Europa, sondern nur in Armutsregionen: Liegt das Bruttoinlandsprodukt einer Region pro Kopf bei weniger als 75 Prozent des EU-Durchschnitts, fließt Geld aus Brüssel. In Deutschland gilt das für Berlin, das Ruhrgebiet und große Teile der ehemaligen DDR.

Eine wichtige Rolle spielt die EU beim Bau von Sportanlagen. Allerdings nicht überall in Europa, sondern nur in Armutsregionen – in Deutschland sind das Berlin, das Ruhrgebiet und große Teile der ehemaligen DDR.

Im Sportbereich gibt es Förderung allerdings nur, wenn die Baumaßnahmen helfen, Arbeitsplätze zu schaffen, das Wirtschaftswachstum voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Allzu wörtlich nehmen sollte man diese Vorgaben jedoch nicht. In den Ländern und Kommunen gibt es zahlreiche Experten, die sich darauf spezialisiert haben, der EU das Geld mit lyrischen Begründungen aus der Tasche zu ziehen, und das mit Erfolg: Deutschland erhielt bis 2020 19,2 Milliarden Euro aus den Programmen für wirtschaftlich schwache Regionen.

Sozusagen direkt »auf dem Platz« sind die Länder und vor allem die Städte beziehungsweise Kommunen zuständig. Der Bund konzentriert sich darauf, den Spitzensport zu unterstützen, da es dort darum geht, das ganze Land zu repräsentieren. Die Bundesregierung ist der wichtigste Ansprechpartner des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und unterstützt Bewerbungen für Olympische Spiele, Europa- und Weltmeisterschaften.

Die Bundesregierung hat kein Interesse daran, dass sich das ändert und die EU ihre Sportaktivitäten ausweitet. Auf Anfrage der Jungle World teilte ein Sprecher des Bundesinnenministerium mit, das sich die EU aus Sicht des Ministeriums auf dem Gebiet des Sports in angemessener Weise engagiert. Ihre rechtliche Möglichkeiten seien auch begrenzt: »Im Hinblick auf die EU-Sportpolitik ist generell zu berücksichtigen, dass Artikel 165 Absatz 4 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten (im Bereich Sport) ausdrücklich ausschließt. Der EU kommt im Bereich des Sports also eine Unterstützungskompetenz nach Artikel 6 AEUV zu.«

Das Innenministerium sieht in dem EU-Arbeitsplan Sport ein wichtiges Instrument zur Förderung des europaweiten Erfahrungs- und Wissensaustauschs sowie der Netzwerkbildung von Experten und Verantwortlichen aus dem Bereich des Sports und der Sportpolitik zu aktuellen Themen. »Hieraus können sich wiederum Anregungen und Ideen für sportfachliche oder sportpolitische Maßnahmen auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ergeben.«