Politischer Antisemitismus
I.
Fragen in Ihrem Kopf
Ich bin dankbar für die Gelegenheit, das Problem des Antisemitismus mit Ihnen zu diskutieren, und zwar nicht als isoliertes Phänomen, sondern als Ausdruck von Spannungen in unserer heutigen Gesellschaft.
Ich erhebe nicht den Anspruch, eine umfassende Theorie zu liefern oder eine Lösung für das Problem vorzuschlagen, und ich bin sicher, dass Sie das auch nicht von mir erwarten. Manchmal sind wir ungeduldig, weil wir uns so viele Gedanken über dieses Problem gemacht haben, während die Summe unserer hilfreichen Schlussfolgerungen relativ gering bleibt. Und dennoch glauben wir, einige Fortschritte gemacht zu haben – so dass wir heute genug wissen, um einige kluge Fragen zu stellen, die letztendlich zu einem besseren Verständnis führen sollten.
Einige der Fragen, die sich Ihnen zweifellos stellen, sind: Ist der heutige Antisemitismus von der gleichen Sorte wie derjenige vergangener Jahrhunderte, oder ist er etwas Neues? Ist er nur eines der vielen ›Minderheitenprobleme‹, die in diesem Land präsent sind, und muss ihm daher wie jedem anderen ›Minderheitenproblem‹ begegnet werden? Haben wir es mit dem vertrauten Ärgernis zu tun, das – sicherlich unangenehm und unvereinbar mit demokratischen Werten – in der Geschichte schon immer Hoch- und Tiefphasen hatte, mit dem sich auseinandergesetzt werden muss, über das man sich aber nicht wirklich aufregen sollte? Wie weit verbreitet ist Antisemitismus in diesem Land? Hat er tatsächlich zugenommen oder sind die vielen Symptome, die als Beweis für seine Zunahme angesehen werden, nichts anderes als Anzeichen eines größeren jüdischen Bewusstseins, das die antisemitische Politik der Nazis spiegelt? Oder haben wir es mit einem sich rasch ausbreitenden, tödlichen Übel zu tun, das die Existenz unserer demokratischen Institutionen bedroht? Und wenn ja, was können wir dagegen tun?
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