»Es gab keine Wahl«
Edvardson wurde 1929 als uneheliche Tochter der deutschen Schriftstellerin Elisabeth Langgässer und des jüdischen Staatsrechtlers Hermann Heller in München geboren.
Cordelia Edvardson schildert ihre Deportation über Theresienstadt nach Auschwitz, ihre Befreiung, ihren Weg über Schweden nach Israel und wie sie in den Lagern überlebte und später als Überlebende versuchte, weiterzuleben.
Langgässer, eine strenge Katholikin jüdischer Herkunft, die anfänglich mit Hitler sympathisiert hatte, blieb nicht lange mit Heller zusammen und heiratete einen Journalisten, an dessen Ahnentafel nicht einmal die fanatischsten Nazis etwas auszusetzen hatten, was für die als Halbjüdin geltende Langgässer einen gewissen Schutz bedeutete.
Ihr Versuch, ihr als »Volljüdin« eingestuftes Kind zu retten, indem sie es von einem spanischen Ehepaar adoptieren ließ, schlug fehl. Die 14jährige Cordelia wurde vor die Wahl gestellt, ein von der Gestapo vorgelegtes Papier zu unterschreiben, andernfalls werde man sich daran erinnern, dass ihre Mutter »Halbjüdin« sei.
Das Mädchen wurde auf diese Weise gezwungen, neben der spanischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, und wurde nach der Unterzeichnung umgehend verhaftet. »Es gab keine Wahl«, kommentiert Edvardson.
Sie schildert ihre Deportation über Theresienstadt nach Auschwitz, ihre Befreiung, ihren Weg über Schweden nach Israel und wie sie in den Lagern überlebte und später als Überlebende versuchte, weiterzuleben. Was nur möglich war, indem sie alles aufgab, was sie mit dem früheren Leben verband – den Kontakt zu ihrer Mutter, die katholische Sozialisation, die Erinnerungen an Deutschland.
Märchen, Mythen und nicht immer deutlich erinnerte Bibelzitate und Gebete sind die Stilmittel, mit denen sie ihren eindringlichen, unvergesslichen und auf erschütternde Weise doch auch versöhnlichen Bericht gestaltet und auf diese Weise zu einer trotz allen Entsetzens erträglichen Lektüre macht.
Cordelia Edvardson: Gebranntes Kind sucht das Feuer. Aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein. Hanser-Verlag, Berlin 2023, 144 Seiten, 22 Euro