Donnerstag, 06.09.2018 / 11:36 Uhr

»Knud gegen Böse«, Teil neun - Geprügelt wie ein Punchingball

Von
Knud Kohr


Guten Tag,
ich hoffe, es geht Ihnen gut.

Ich selbst verfing mich gestern derart in den Fängen meiner Multiplen Sklerose, dass ich Sie gleich heute morgen ein bisschen anblogge. Bis Mittag lief nämlich eigentlich alles normal. Aber dann...

Vermutlich erwähnte ich schon einmal, dass die Multiple Sklerose bei mir links hinten im Stammhirn wohnt? Von da aus verfolgt Sie zwei Angriffsziele im Körper Ihres Bloggers.

Die erste Front befindet sich im kognitiven Bereich. Um mal ein Beispiel zu nennen: Gestern rief Ihr Blogger bei der Schlossparkklinik Charlottenburg an. Um mitzuteilen, dass er wie geplant seinen Termin bei der Physiotherapie um 13 Uhr einhalten würde.

Das war eigentlich überflüssig. Denn man soll da nur anrufen, wenn man einen Termin nicht einhalten kann.

Ihr Blogger wusste genau das, als er die Nummer wählte. Konnte aber nichts dagegen tun. Es war so, als würde er von seinem Arbeitszimmer aus sich selbst dabei zuhören, wie er irgendetwas völlig Überflüssiges sagte. Immerhin blieb die Mitarbeiterin der Klinik freundlich. Verwundert, aber freundlich. Die Dame hat ja auch den ganzen Tag mit neurologisch erkrankten Menschen zu tun, und dürfte Schlimmeres gewohnt sein.

Der Physiotherapeut Ihres Bloggers merkte auch, das irgendwas nicht stimmte. Aber da der auch im fünften Anlauf einfach nicht sagen konnte, was er wollte, gab man einfach gemeinsam auf. Denn eigentlich wollte ihr Blogger einfach nur sagen, dass er am morgigen Donnerstag zur zweiten wöchentlichen Physiotherapie-Einheit erscheinen wird. Aber die Worte kamen einfach nicht aus dem Kopf über die Zunge. Also ließ sich ihr Blogger in seiner Not den Termin auf einen Zettel schreiben und in sein Portemonnaie legen. Dass er gestern Nachmittag diesen Zettel wiederfand und sich nicht erinnern konnte, warum und wie der dort hinein gekommen war, zeigt nur noch einmal, dass ihr Blogger gestern von seiner MS durch den Tag geprügelt wurde wie ein Punchingball von einem kompetent zuschlagenden Boxer.

Immerhin lernte ihr Blogger noch ein bisschen was Neues über seine Krankheit. Also quasi über das zweite Angriffsziel der MS in seinem Körper. Die Umleitung der Nervenimpulse vom Hirn zu den Muskeln nämlich.

Der Physiotherapeut legte Ihren Blogger einfach auf den Rücken. Da auch eine junge Praktikantin anwesend war, erklärte er besonders genau, warum wo und an welchem Muskel ihres Bloggers er gerade herumzerrte.

„Das könnte jetzt wehtun“, warnte er manchmal. Und dann tat es auch weh. Aber so richtig.

„Guck mal“, erläuterte der Therapeut. „Eigentlich könnte er sich ja jetzt entspannen. Tut er aber nicht. Die MS sorgt dafür, dass sein Hirn immer weiter Reize in Richtung der Muskeln feuert. Obwohl die sich eigentlich ausruhen könnten.“

Naja. Irgendwie ging auch diese Therapie-Einheit zuende.

Am Nachmittag merkte ihr Blogger sogar, dass er seine Arme über den Kopf heben konnte, ohne einen stechenden Schmerz zu spüren.

Am Abend war dann sowieso wieder Zeit, sich eine Spritze mit Betaferon in den Bauch zu stechen. Und danach war dann zwar nicht alles gut, aber immerhin ganz schön weit weg und ganz schön egal.

Wir lesen uns wieder.